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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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des Rauchzimmers.
    »Miss Glen«, sagte er, »darf ich Ihnen einen alten Freund, Oberst Monckton, vorstellen. Und das ist Mr Bristow, der Maler des Bildes, das Sie so bewundern.« Dann stutzte er, als sich eine dritte Gestalt aus dem Sessel erhob, der bisher unbesetzt neben seinem eigenen gestanden hatte.
    »Ich glaube, Sie haben mich heute Abend erwartet«, sagte Mr Quin. »Während Ihrer Abwesenheit habe ich mich Ihren Freunden selbst vorgestellt. Ich bin so froh, dass es mir möglich war, doch noch vorbeizukommen.«
    »Mein lieber Freund«, sagte Mr Sattersway, »ich… ich habe getan, was mir möglich war, aber…« Er verstummte angesichts des spöttischen Ausdrucks in Mr Quins Augen. »Wenn ich bekannt machen darf: Mr Harley Quin – Miss Aspasia Glen.«
    War es Einbildung, oder war sie wirklich ein wenig zusammengefahren? Ein neugieriger Ausdruck huschte über ihr Gesicht. Plötzlich machte Bristow sich lauthals bemerkbar. »Jetzt habe ich es!«
    »Was haben Sie?«
    »Jetzt weiß ich, was mich irritierte. Es ist die Ähnlichkeit – eine deutliche Ähnlichkeit!« Gebannt starrte er Mr Quin an. »Sehen Sie es auch?« Er hatte sich an Mr Sattersway gewandt. »Sehen Sie nicht die Ähnlichkeit mit dem Harlekin meines Bildes – mit dem Mann, der durch das Fenster schaut?«
    Dieses Mal war es keine Einbildung. Deutlich hörte er, wie Miss Glen tief einatmete, und er sah, dass sie einen Schritt zurückwich.
    »Ich erwähnte bereits, dass ich noch jemanden erwartete«, sagte Mr Sattersway. Er sprach mit einer Art von Triumph. »Allerdings muss ich dabei sagen, dass mein Freund Quin ein höchst ungewöhnlicher Mensch ist. Er kann Geheimnisse entwirren. Er bringt es fertig, gewisse Dinge sichtbar werden zu lassen.«
    »Sind Sie ein Medium, Sir?«, fragte Monckton, der Mr Quin zweifelnd betrachtete.
    Mr Quin lächelte und schüttelte langsam den Kopf.
    »Mr Sattersway übertreibt«, sagte er ruhig. »Einmal oder auch zweimal hat er, als ich mit ihm zusammen war, auf wirklich ungewöhnliche Art bestimmte Folgerungen gezogen. Warum er diese Erfolge ausgerechnet mir in die Schuhe schieben will, ahne ich nicht. Wahrscheinlich aus Bescheidenheit.«
    »Nein, nein«, sagte Mr Sattersway erregt. »Das stimmt nicht. Sie sorgten dafür, dass ich plötzlich Dinge sah – Dinge, die ich längst hätte gesehen haben sollen, die ich tatsächlich auch gesehen hatte, ohne jedoch zu wissen, dass ich sie sah.«
    »Das klingt verteufelt kompliziert«, sagte Monckton.
    »Aber überhaupt nicht«, erklärte Mr Quin. »Die einzige Schwierigkeit liegt darin, dass wir nicht zufrieden sind, irgendetwas zu sehen, wir wollen vielmehr den Dingen, die wir sehen, eine falsche Auslegung unterschieben.«
    Aspasia Glen wandte sich an Bristow.
    »Ich möchte gern wissen«, sagte sie nervös, »wie Sie auf die Idee gekommen sind, das Bild zu malen.«
    Bristow zuckte die Schultern. »Das weiß ich nicht genau«, gestand er. »Irgendetwas am Haus – an Charnley, meine ich – fesselte meine Fantasie. Der große leere Raum. Draußen die Terrasse, die Vorstellung von Gespenstern und ähnlichen Dingen, nehme ich an. Gerade eben habe ich die Geschichte des letzten Lord Charnley gehört, der sich erschoss. Angenommen, man ist tot und der Geist lebt weiter? Merkwürdig muss das sein, verstehen Sie. Man kann auf der Terrasse stehen und durch das Fenster seinen eigenen Leichnam sehen, und man würde alles sehen.«
    »Was meinen Sie damit?«, sagte Aspasia Glen. »Wieso sehen?«
    »Ach Gott, man würde sehen, was geschieht. Man würde sehen…«
    Die Tür öffnete sich, und der Butler meldete Lady Charnley.
    Mr Sattersway ging ihr entgegen. Seit nahezu neunzehn Jahren hatte er sie nicht gesehen. Er erinnerte sich nur an sie, wie sie damals gewesen war: Ein lebhaftes, strahlendes Mädchen, und jetzt sah er eine erstarrte Frau. Sehr blond, sehr blass und mit einem Gang, als schwebe sie, ähnlich einer Schneeflocke, die von einem eisigen Wind getrieben wird. Etwas Unwirkliches lag über ihr, kühl, fern.
    »Es ist reizend von Ihnen, dass Sie gekommen sind«, sagte Mr Sattersway.
    Er führte sie zu den anderen. Mit einer flüchtigen Bewegung deutete sie an, dass sie Miss Glen kenne, aber Aspasia Glen reagierte nicht.
    »Es tut mir leid«, murmelte Lady Charnley, »aber irgendwo muss ich Ihnen schon einmal begegnet sein, nicht wahr?«
    »Vielleicht im Theater«, sagte Mr Sattersway. »Das ist Miss Aspasia Glen, Lady Charnley.«
    »Ich freue mich sehr, Sie kennen zu

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