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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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zu streicheln. Das genügte, ihm ein Lächeln auf seine Lippen zu zaubern, und ihn dazu zu bringen, das Telefon achtlos auf den Nachttisch zu werfen und sich aufseufzend zurücksinken zu lassen.
    »Ach, nur meine nervige Cousine. Die Claudi. Die kennst doch, oder?«
    »Hmhm.«
    Mehr kam nicht mehr von ihr, denn sie war damit beschäftigt seine Schultern mit kleinen Küssen zu bedecken. Wolfgang schloss die Augen und grunzte, woraufhin sie kichern musste.
    »Du kleine Hexe!«, diesmal setzte er zu einem gespielten Knurren an: »Du weckst in mir das Tier!«
    »Bist du jetzt ein wilder Eber oder gar ein Tiger? Huh, ich bekomm es ja mit der Angst! Wirst du mich beißen?«, aber bevor er antworten konnte, hatte sie schon damit begonnen, an seinem Hals zu knabbern.
    »Oh, ja, mach weiter!«, seufzte er genüsslich.
    »Wollt ich schon die ganze Zeit, aber du musstest ja telefonieren!«, flüsterte sie heiß in seinen Nacken. Er erschauderte.
    »Wenn ich das gewusst hätt …«
    Er zuckte zusammen. Wo hatte die Frau das nur gelernt?
    »Ich versprech dir, ich geh ab jetzt nicht mehr ran …«, stöhnte er und sog genüsslich die Luft tief an. Sie war eine Zauberin! Nie hätte er gedacht, dass es mit Erika so werden würde. Sie war eine Wucht, eine Granate, ein Naturtalent und seitdem sie sich heute Nachmittag ausgesprochen und versöhnt hatten, musste er eingestehen, dass all seine bisherigen Spielgefährtinnen nur den Stufen »langweilig« und »mittelmäßig« zuzuordnen waren. Er lachte leise.
    »Was is?«, murmelte Erika, während ihre geschickten Hände immer tiefer glitten. Das war mehr als stimulierend. Er drehte sich um, küsste sie leidenschaftlich, gab sie nach einer Weile frei, grinste dann frech und verschwand in Sekundenschnelle unter der Bettdecke.
    »Wolfi, du Schlawiner, was hast denn jetzt scho wieder vor?«, kicherte sie.
    »Nun, ich schau amol nach deinen Verletzungen. Bin ja jetzt sozusagen dein Krankenpfleger«, kam die gedämpfte Stimme.
    »Aber … aber … aber Wolfi, an der Stelle hat mich die Anni doch nicht getreten!«, rief Erika überrascht, bevor sie sich wieder in die Kissen zurücklehnte, die Augen schloss und zufrieden aufseufzte.

98
    Das Telefon klingelte schrill. Sybille blickte von ihrem Teller auf und sah ihren Mann fragend an.
    »Lass klingeln, wir sind beim Essen!«, entschied er kurzerhand.
    In den Bewegungen erstarrt, lauschte die Familie dem aufdringlichen Ton, wartete auf die Befreiung durch das Anspringen des Anrufbeantworters, aber irgendwie wollte der heute wohl nicht. Genervt legte Sybille die Gabel beiseite, nahm die Serviette vom Schoß, warf sie beim Aufstehen demonstrativ auf den Tisch und ging aus dem Esszimmer, um den Anruf entgegenzunehmen. Zurück blieben Andreas, der jetzt ungerührt weiter aß, Kevin, dem offensichtlich die Erbsen nicht schmeckten und der sie daher lustlos auf dem Teller herumschob, und Jenny, die aus großen Augen in einem blassen Gesichtchen teilnahmslos durch die Salatschüssel hindurchzusehen schien.
    »Möller-Spatz!«, erklang Sybilles gereizte Stimme aus der Diele.
    »Kevin! Spiel nicht mit dem Essen«, wies Andreas seinen Stammhalter zurecht.
    »Ach, Tante Gundi, na das is ja ’ne Überraschung!«
    Andreas merkte jetzt erst, wie angespannt er gewesen war. Die Erleichterung, dass es sich lediglich um eine entfernte Verwandte handelte, lockerte ihn jetzt sogar soweit, dass es ihm plötzlich ein Bedürfnis war, sich mit seinen Kindern zu unterhalten.
    »Na, Kevin, wie war dein Tag heute so? Hast du was Interessantes gemacht?«
    »Ich bin Rad gefahren«, erzählte Kevin stolz. »Bis runter an den Weiher und wieder zurück. Ich war sogar schneller als der Fritzi, aber der hat ja auch noch Stützräder, der Kinderficker!«
    »Kinderficker?«, fragte Andreas entsetzt. »Ja du meine Güte, woher hast du denn diesen Ausdruck?«
    Kevin schob bockig die Unterlippe vor. Den strengen Blick seines Vaters wohl spürend murmelte er: »Weiß nich!«
    »Kevin, jetzt hör mir mal gut zu. Ich will nicht, dass du irgendwelche Wörter benutzt, wenn du gar nicht weißt, was sie bedeuten. Ist das klar?«
    Der Junge nickte leicht, aber man konnte seine Enttäuschung spüren, denn er hatte es sich schon wieder mit seinem Vater verdorben. Gerade noch war er überglücklich, durfte mit ihm reden und jetzt war er wieder in dessen Achtung gesunken.
    Andreas tat sein Sohn ein bisschen leid. Er war vielleicht doch etwas zu streng mit ihm. Eigentlich sollte er ihn jetzt wohl

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