Der Semmelkoenig
Zusammenhang zu verstehen, denn die Krankenhausbahre wurde gerade an ihnen vorbeigeschoben.
»Das mit dem Geheule geht schon die ganze Fahrt durch. Ich glaub, wir müssen den Wagen erst mal trockenlegen«, murmelte Doktor Frank Maus zu. »Tja, Frauen und Gefühle. Das is ein Kapitel für sich.«
»Gut, dass Sie da sind, Frank.«
Es war offensichtlich, dass der Kommissar einen seiner berühmten Geistesblitze hatte. Diesmal war es ein genialer Gedanke zum Thema Zeiteinsparung.
»Wir brauchen Sie, den Krankenwagen und Ihren schnellsten Fahrer.«
»Des is dann wohl der Horst!«
Doktor Frank dachte gar nicht daran, Maus Forderungen in Frage zu stellen. Stattdessen gab er sofort Anweisung, besagten Horst aus dem Pausenraum zu holen. Währenddessen war der Kommissar zu den beiden Frauen getreten und tippte Steffi leicht auf die Schulter.
»Steffi, ich nehm mal an, dass Sie im Krankenhaus bleiben wollen, oder?«
Sie drehte sich um und nickte.
»Gut, das kann ich verstehen. Aber wären Sie dann so freundlich und würden mir Ihr Handy leihen? Sie wissen schon, meins ist …«, bevor er seinen Satz beenden konnte, hatte sie ihm schon das Telefon in die Hand gedrückt.
»Das ist ein guter Gedanke, Herr Kommissar. So sind Sie endlich wieder erreichbar.«
Sie warf einen bedeutungsvollen Blick auf Sybille, die jetzt ihrer Tochter in die Notaufnahme folgte.
»Ich würd wirklich gerne bei ihr bleiben.«
»Auch wenn sie eigentlich die Schlimmste der Möllersippe ist?«, fragte Maus.
»Hab ich das gesagt?«, schuldbewusst sah sie ihn an und er nickte.
»Vor gar nicht allzu langer Zeit!«, kam die Erinnerung. Doch Steffi wäre eben nicht Steffi gewesen, wenn sie jetzt damit angefangen hätte, alte Bemerkungen auf die Goldwaage zu legen. Daher zuckte sie gleichgültig die Schultern und erwiderte: »Blut is bekanntlich immer noch dicker als Wasser. Und Sybille braucht mich jetzt. Außerdem is sie gar nicht so übel, nur manchmal halt etwas launisch und flatterhaft.«
»Herr Kommissar! Gut, dass ich Sie gefunden habe!«, wurde das Gespräch von einem Mann in zartblauem Kittel unterbrochen, der ihn eindeutig als eines der zwei Mitglieder des kriminaltechnischen Labors auszeichnete.
»Ah, wie schön, Sie gibt es also doch noch. Ich habe Ihre Berichte eigentlich schon bei der Besprechung erwartet!«, konnte sich Maus den Vorwurf nicht verkneifen.
»Wenn man nur unterbesetzt ist und mit Arbeit überhäuft wird, muss man die Prioritäten anders setzen«, entgegnete der Mann spitz. »Um ein Beispiel zu nennen: Die Abdrücke auf diesem Schlüsselanhänger gehören ausschließlich zu einer Person. Wir gehen davon aus, dass es der Autobesitzer sein muss, aber da wir nebenbei noch in die Villa von diesem Bäckermeister fahren mussten, um irgendwelche Vergleichsabdrücke zu bekommen, ist natürlich wieder Zeit draufgegangen. Was die anderen Spuren angeht – Fasern, Abdrücke, diverse Proben –, so müssen wir uns da aufteilen und einen großen Teil haben wir noch nicht erledigen können beziehungsweise haben das weitergeschickt, weil uns durch ständige Sparmaßnahmen die Gelder für die notwendigen Geräte fehlen. Ich, wie Sie vermutlich wissen, bin seit Stunden mit den Fingerabdrücken beschäftigt, sodass ich noch nicht mal die Zeit hatte, etwas zu essen! Aber, ich will mich jetzt nicht beklagen, denn dank meiner Unermüdlichkeit und trotz meines großen Hungers ist es mir gelungen, etwas sehr Interessantes zu finden. Sie erinnern sich doch noch an den Plan vom Märchenwald, den Sie uns mit der Bemerkung ›sofort oder am besten gestern‹ gegeben haben?«
Maus nickte, wollte aber nichts weiter darauf erwidern.
Er hatte keine Lust, sich jetzt auf ein Spielchen mit dieser Labordiva einzulassen. Dazu fehlte die Zeit und er war zu neugierig, um sich auf lange Diskussionen einzulassen.
»Sehr gut, ich wusste doch, als ich mich an Sie gewendet habe, dass Sie der Richtige für diese Aufgabe sind!«, ein kleines Lob musste jetzt reichen. »Was haben Sie denn gefunden?«
»Einen recht brauchbaren Teilabdruck von einem linken kleinen Finger! Und zwar nicht von irgendeinem kleinen Finger – denn das ganze Blatt war voll mit unterschiedlichen Abdrücken – sondern von … ähm, ich hab’s nicht so mit Namen. Ach, hier, hier ist mein Bericht. Lesen Sie selber.«
Auch der Laborant war über den unerwarteten Erfolg zu aufgeregt, als dass er weiter die beleidigte Leberwurst hätte spielen können, und reichte dem Kommissar daher
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