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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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würdevoll zwei ausgedruckte Seiten. Steffi erkannte, dass sie nicht mehr gebraucht wurde, und ging rasch zum Eingang, um Sybille zu folgen. Dort angekommen, drehte sie sich noch einmal um, sah Maus lesen und flüsterte:
    »Viel Glück, Herr Kommissar! Schnappen Sie sie und befreien Sie Hannes und den Onkel Sepp!«
    Dann öffnete sie die Tür und verschwand.
    »Ähm, tut mir leid, aber das kann man ja kaum lesen. Was steht hier?«, fragte Maus mit gerunzelter Stirn.
    »Da steht, dass die Dame … Moment!«, der Laborant musste sich jetzt auch über die Seite beugen und entziffern. »Hier, hier steht es doch: Anne Lörtek und wir hatten sie in der Datei, weil sie …«
    »Lörtek? Doch nicht eine Verwandte von den Lörteks aus Aschaffenburg, die damals in den Gammelfischskandal verwickelt waren?«, rief Maus erstaunt.
    »Doch! Sie ist die Tochter von dem Kerl, der sich deswegen umgebracht hat. Also eigentlich gab es damals Ungereimtheiten wegen seines Todes. Man hat sie dann verdächtig, dass sie es gewesen sei, also die Mutter hat das behauptet. Aber dann hat sich die ganze Sache doch als Suizid rausgestellt, oder zumindest ist der Prozess aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. Wie auch immer.«
    »Ja, ich erinnere mich. Die Sache hat ganz schön viel Aufsehen erregt. Die Mutter war Alkoholikerin oder so. Man hat ihr daher nicht geglaubt. Aber, sagen Sie mal, was soll das da sein? Doch nicht etwa Fotos von der Frau? Ich kann da kaum was erkennen.«
    »Tja, äh, wir hatten da ein kleines Problem technischer Art. Äh, der Drucker scheint kaputt zu sein. Wie Sie sehen, schmiert er entsetzlich. Da is nix mehr zu machen, fürchte ich. Wir brauchen dringend einen neuen. Ich hab Ihnen schon die besten Ausdrucke gebracht, kann Ihnen aber auch alles per Mail ins Revier schicken, vielleicht klappt es da besser.«
    »Hm, dazu fehlt uns jetzt aber die Zeit. Und ich weiß noch nicht mal, ob das tatsächlich etwas mit meinem Fall zu tun hat.«
    Man konnte Maus wirklich nicht verdenken, dass er mit den Fotos, auf denen eine Frau frontal und im Profil zu sehen war, nicht viel anfangen konnte. Durch den verschmierten Druck waren kaum Konturen zu erkennen und sie sah eher wie eine Schwarzafrikanerin als wie die Tochter eines alteingesessenen, unterfränkischen Lebensmittelfabrikanten aus. Der Laborant schnaubte beleidigt.
    »Dann eben nicht! Ich hab es zumindest sehr genossen, meine Zeit damit zu verbringen, Beweismittel sicherzustellen, in sämtlichen Datenbanken nachzusuchen, fast zu verhungern, mich mit einem Drucker herumzuärgern, dabei schwarze Finger zu kriegen, um letztendlich dafür Kritik mit der Randnotiz: ›brauchen wir vielleicht doch nicht!‹ zu bekommen. Ich mein, wie kann man denn schöner und nützlicher einen Samstagabend verbringen?«
    Maus war also doch in die Falle getappt. Der Mann vom Labor hatte nur darauf gewartet, dass der in seinen Augen überhebliche Ermittler eine herablassende Bemerkung machen würde, und hatte sofort zugestoßen. Es hatte nicht viel gefehlt und er hätte auf dem Absatz umgedreht und wäre mit wehendem Kittel davongeschritten. Maus seufzte.
    »Wunderbare Arbeit! Und bitte, schicken Sie alles sofort an mich. Wir können es bestimmt gut brauchen. Sie haben recht, denn es ist schon merkwürdig, dass wir ausgerechnet – und ich mein, wie viele Menschen hatten diesen Plan wohl schon in Händen – also, ich betone, ausgerechnet einen Fingerabdruck von einer fast Verurteilten gefunden haben. Ich werde der Sache nachgehen. Und – habe ich mich schon bedankt? – Äh, und bedanke mich natürlich sehr bei Ihnen, dass Sie Ihre kostbare Zeit geopfert haben!«
    Perfekt! Der Laborant entspannte, hatte gehört, was er hören wollte, und Maus konnte sich endlich auf Verbrecherjagd begeben.

132
    Hannes Petersen stöhnte und klappte ein Auge auf, sah alles verschwommen und schloss es gleich wieder. Er hatte geschlafen. Aber was war daran so ungewöhnlich? Er war ja schließlich, seitdem er an dem Fall arbeitete, kaum dazu gekommen und sein Körper hatte sich endlich genommen, was ihm zustand. Merkwürdig nur, dass er sich gar nicht erfrischt fühlte. Im Gegenteil; er war wie erschlagen, steif und alles schmerzte. Hannes versuchte, sich zu bewegen. Es ging nicht. Sofort machte er diesmal beide Augen auf. Merkwürdig! War er aus dem Bett gefallen? Aber warum war der Boden der Pension plötzlich so kalt und hart? Wo waren die alten, milbenverseuchten Teppiche geblieben? Da wo er jetzt lag, war

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