Der Semmelkoenig
Bilde. Mein Beileid für Ihre Eltern. Das muss wirklich unerträglich sein. Ich hoffe, Sie haben wenigstens etwas wegen der illegalen Fremdarbeiter unternommen?«
»Tzzzz, wenn das so einfach wäre«, sie verdrehte die Augen. »Der Onkel hat da seine Spezl, die das für ihn gedeichselt haben. Außerdem hat mein Vater keine Lust, sich nochmal mit ihm anzulegen. Das letzte Mal …«
»Ja, Steffi. Ich denke, das ist auch eine sehr spannende Geschichte, für die wir aber Zeit und Ruhe brauchen«, sie sah Maus jetzt so beleidigt an, dass er väterlich auf ihre Schulter klopfte und murmelte. »Ich hör mir das wirklich gerne noch an. Aber nicht jetzt. Jetzt beginnt doch die Verbrecherjagd!«
Sie nickte einsichtig.
»Dann ist dieser Bauplatz also in der Nähe Ihres Elternhauses?«, nahm Maus den Faden wieder auf.
»Ja, der Rohbau ist schon fertig und …«
»Glauben Sie, dass man den Möller dorthin verschleppt hat?«, fiel ihr von Hasenbach überrascht ins Wort.
»Eine Baustelle! Irgendwo in der Pampa, am Wochenende, wo dort keiner arbeitet, also niemand, der einen stören könnte! Keine Zeugen! Von Hasenbach, mal unter uns, ich würde augenblicklich nach viel dünneren Strohhalmen greifen, nur bin ich mir hier ziemlich sicher, endlich auf der richtigen Spur zu sein. Der Fakt, dass Möller bis jetzt noch nicht gefunden wurde, aber gleichzeitig einer meiner Beamten und eine Mutter verschwinden, ist kein Zufall. Komisch auch: Wir haben immer noch keine Lösegeldforderung. Hier wird abgewartet, sich versteckt, überlegt, was der nächste Schritt sein soll. Wenn Sie nun der Täter wären, wo würden Sie mal ganz schnell mit ein paar Personen untertauchen?«
»Genau dorthin würd ich sie bringen!«, war die spontane Antwort. »Das ist genial! Ja, einfach genial! Meine Güte, deshalb wollten die sich eigentlich dort mit dem Möller treffen. Ich glaub, der Bergstiefel war wirklich sehr sauer wegen dem Golfclub. Und als auch noch ich dazwischengekommen bin, is er ausgerastet! So aus der Spur geworfen, hätte ich zumindest auch erst mal von der Bildfläche verschwinden wollen, um über Plan B, C und D nachzudenken. Ja, und meine Wahl wär ebenfalls auf diesen Ort gefallen!«
Auch Steffi hatte sich durch die Euphorie der beiden Männer anstecken lassen. Aufgeregt zupfte sie Maus am Ärmel.
»Herr Kommissar, fahren Sie jetzt dahin?«, fragte sie fast atemlos.
»Ja, Steffi, ich trommle meine verbliebenen Mitarbeiter zusammen und fahr zu dieser Baustelle. Sie kennen mich ja, wenn mein Instinkt mit logischen Schlussfolgerungen zusammenprallt, dann können wir mit 98,9-prozentiger Sicherheit davon ausgehen, dass wir fündig werden!«
»Das meinte ich doch gar nicht!«, entgegnete sie. »Aber wenn Sie da hinkommen möchten, dann müssen Sie Richtung Weiling und dann … Tja, dann wird’s eben etwas kompliziert. Am besten Sie nehmen den Hammer mit, der weiß wo’s ist, weil seine Schwester in den Hof neben meinen Eltern eingeheiratet hat. Leider Gottes!«
Maus kannte zwar Hammers Schwester nicht, aber aus Steffis letzter Bemerkung schloss er, dass da eine große Familienähnlichkeit bestand. Es war bestimmt sehr anstrengend, neben einer neugierigen Klatschbase zu wohnen.
»Na, dann lasst uns mal loslegen! Auf Wiederschauen, Herr von Hasenbach, und gute Besserung! Sie haben uns mit dem Tipp wegen der Baustelle wirklich sehr geholfen«, und schon waren der Kommissar und seine Assistentin aus der Tür. Von Hasenbachs Freude, doch noch so nützlich gewesen zu sein, wurde sofort getrübt, als das Thermometer wieder vor seinen Augen auftauchte.
»Ich hoffe, Sie haben Ihre Hände gewaschen!«, fiel es ihm ein.
»Wie meinen Sie des jetzt?«, missbilligend zog die Schwester die Stirn in Falten.
»Na, nach dem Mord an diesem Insekt. Des wär nämlich äußerst unhygienisch …«
»Ach Schmarrn!«, schnitt sie ihm das Wort ab und verhinderte weitere Kommentare seinerseits, indem sie ihm das Thermometer unter die Zunge rammte.
131
»Sybille?«
Steffi traute ihren Augen kaum. Sie waren auf dem Vorplatz des Krankenhauses angekommen, wo aus dem parkenden Ambulanzwagen gerade eine leichenblasse Sybille Möller-Spatz ausgestiegen war. Die Angesprochene drehte sich um.
»Steffi?«, weiter kam sie nicht, denn schon wieder flossen die Tränen.
»Oh je, was is denn passiert?«, mitleidig nahm Steffi ihre schluchzende Großcousine in die Arme. »Die … die Jenny …«, heulte Sybille, und mehr brauchte man auch nicht, um den
Weitere Kostenlose Bücher