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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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auflachen. Blödsinn! Irgendein Erdloch, eine Mulde, eine Bodensenkung, eine Vertiefung konnte da nur noch helfen, aber vorher würde sie rennen.
    Warum tat sie es nicht? Es war plötzlich so merkwürdig still. Der Wind hatte aufgehört. Nichts rührte sich. In Claudia gingen sämtliche Alarmglocken los. Sie spürte, dass sie in Gefahr war. Sie war nicht allein! Ein neuer Blitz schoss über den Himmel, ein Ast knackte, Kommissarin Hubschmied riss ihre Waffe aus dem Holster und schrie gegen den Donner an.

23
    »Wie würden Sie das Verhältnis zu Ihrer Schwester beschreiben?«
    »Ach, das Miststück!«
    Sebastian Blums Mund verzog sich angeekelt und Maus notierte im Stillen, dass die kleine Heidi ihren Bruder nicht nur durch ihr besseres Aussehen, sondern vor allem durch Intelligenz ausgestochen haben musste. Eigentlich konnte man nur Mitleid mit ihm haben, denn es war offensichtlich, dass er immer übergangen wurde.
    »Die Kuh hat sich gedacht, sie wär was Besseres!«
    »Gut, dann gehe ich mal davon aus, dass Ihr Verhältnis nicht so …«
    »Immer hat sie genervt mit ihrem Prinzessinnengetue, ihrem Putzfimmel, ihrer undeutschen Gesinnung; hat mich bei meiner Alten schlecht gemacht. ›Deine Nazischweinefreunde sind nur Scheiß‹ hat sie ständig gesagt …«. Maus konnte ihr im Geiste nur beipflichten, obwohl er es vielleicht etwas anders formuliert hätte. » … Ich hab ihr dann die Fresse poliert, der Nutte.«
    Maus zuckte zusammen, schalt sich aber gleich selbst. Was hatte er erwartet? Natürlich konnten sich solche Menschen nur mit Brutalität zur Wehr setzen. Es war offensichtlich, dass Minderwertigkeitskomplexe und ein fehlendes Sprachzentrum keine andere Wahl ließen. Trotzdem konnte und wollte er so etwas nicht tolerieren.
    »So, Sie haben also zugeschlagen?«
    Sebastian grinste genüsslich und Maus erschauderte.
    »Oft?«
    Der kahlköpfige Mann nickte.
    »Und vermutlich fest?«
    »So wie sie’s verdient hat, was denken Sie denn?«
    Am liebsten wäre der Kommissar jetzt aufgesprungen und hätte ihm demonstriert, was er persönlich von »verdienten Schlägen« hielt. Schnell schloss er die Augen, malte sich diese kleine blutige Szene aus, befand sie dann aber als nicht befriedigend und wandte sich daher lieber wieder seinem Gesprächspartner zu.
    »Wenn Sie meinen!? Ihre Mutter hatte es wohl auch ab und zu Mal verdient, nehm ich an?! Ich kann mich noch erinnern, dass Sie ihr vor Kurzem unterstellt haben, sie hätte einige Verhältnisse – mich eingeschlossen. Wie kommen Sie darauf?«
    Der Besucherstuhl war eindeutig zu bequem. Maus ärgerte sich, dass er nicht in einem der Verhörräume saß, wo harte Sitzgelegenheiten Männern wie Sebastian Blum ganz schnell das dumme, überheblich selbstzufriedene Lächeln aus dem Gesicht gewischt hätten, denn Kreuzschmerzen waren eine gute Methode, jeden an den nötigen Respekt gegenüber Polizeibeamten zu erinnern.

24
    »Ich mach mal die Terrassentür zu. Da braut sich ein Gewitter zusammen!«
    Besorgt sah Erika den Himmel an. Das war wirklich die passende Kulisse für die augenblickliche Situation.

25
    Hannes wurde es zu unheimlich. Die Blitze folgten nun kurz aufeinander. Das war eine Weltuntergangsstimmung, die er nicht unbedingt in der ersten Reihe miterleben wollte. Schnell stand er vom Bett auf und ging runter in den ersten Stock.
    Der Oberförster kroch auf allen Vieren und sammelte die Patronen ein. Wasti, der zitternd in der Ecke saß, hob sofort den Kopf und kam in geduckt unterwürfiger Haltung, aber mit wedelndem Schwanz zu Hannes und suchte Trost bei ihm. Gedankenverloren streichelte dieser über den Kopf des Tieres, das sich in tiefer Dankbarkeit an ihn schmiegte.

26
    »Halt! Ich bin Polizeibeamtin!«, schrie Claudia Hubschmied dem Gebüsch entgegen, in dem sie glaubte, für den Bruchteil einer Sekunde ein Augenpaar ausgemacht zu haben. Sie richtete den Lauf ihrer Waffe auf die Stelle und versuchte es noch einmal: »Kommen Sie sofort da raus!«
    Es war zwecklos. Die Wolken hatten jetzt alle Schleusen geöffnet, der Regen rauschte mit aller Gewalt auf sie nieder, Blitze und Donner kamen gleichzeitig, niemand schien sie hören zu können.

27
    »Es ist wie vor dreißig Jahren! Die Zeit des Frühlingsfests, das Gewitter, ein totes Kind!«, flüsterte Sandra.
    Auch Erika waren diese Gedanken durch den Kopf gegangen. Langsam drehte sie sich zu der Freundin um.

28
    Wasti bellte wieder und Hannes, der langsam angefangen hatte, sich für das Tier zu

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