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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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erwärmen, begann es beruhigend hinter den Ohren zu kraulen. Offensichtlich verwirrt zwischen dem Gefühl von Genuss und der instinktiven Reaktion auf Gefahr, wurde der Hund noch aufgeregter.
    »Mei, jetzt is aber a Ruh!«, schnaufend richtete sich der Oberförster hinter dem Sessel auf.
    »Sagen Sie mal, was machen Sie da eigentlich?« Hannes traute seinen Augen nicht.
    »Ich hab, mit Verlaub, ein bisschen aufgeräumt!«
    Triumphierend streckte der Mann Hannes seine Hände entgegen.
    »Das war fast ’ne halbe Packung, die da rumlag!«
    »Sind Sie so blöd oder tun Sie nur so, um mich zu ärgern?«
    »Wie meinen Sie des jetza?«
    Doch bevor Hannes im gerechten Zorn den anderen darauf hinweisen konnte, Beweismaterial vernichtet zu haben, ertönte ein Schuss, der trotz des Regens, der jetzt tosend auf das Dach prasselte, unüberhörbar war. Wasti sprang bellend zur Tür, drehte aber sofort winselnd ab, als ein neuer Blitz niedersauste und in einen nahegelegenen Baum einschlug. Das Zersplittern von Holz, die Buche, die ächzend umfiel, ein weiterer Donnerschlag, der Fluch des Oberförsters und die Äste, die peitschend gegen die Fenster schlugen, bildeten die Geräuschkulisse, als Hannes reflexartig seine Waffe zog und die Tür aufriss, um dann zu zögern, denn Gewitter versetzten ihn immer ein wenig in Panik.
    Noch ein Schuss! Diesmal ganz in der Nähe!
    »Scheiße!« Hannes entsicherte. Und wieder einer!
    »Claudia!«, brüllte er, rannte todesmutig gegen die Regenwand an und prallte im gleichen Augenblick mit einem dicken Mann zusammen, der viel zu plötzlich vor ihm aufgetaucht war.

29
    »Der Kerl ist dumm wie Bohnenstroh und ein brutaler Schläger!«
    Maus war aus seinem Büro getreten und deutete Steffis mitfühlenden Blick richtig.
    »Reine Zeitverschwendung, dem noch länger zuzuhören. Mit seiner Schwester hat er sich nicht besonders gut vertragen, aber daraus kann man ihm keinen Strick drehen. War die letzten zwei Tage in Passau bei seinen Kameraden, wo die angeblich den Geburtstag von Reinhard Tristan blablabla Heydrich Soundso – irgend so einem SS-Mörder – gefeiert haben. Die Kollegen überprüfen das bereits. Angeblich ist er erst heute Vormittag zurückgekommen. Hatte wohl Schwierigkeiten, dass ihn jemand beim Trampen mitnimmt. Hm, auch das sollten wir überprüfen, aber ich glaube, er sagt die Wahrheit. Könnte man fast als deutsche Tugend bezeichnen, nicht wahr? Wenn da nicht so viel Dummheit wäre. Eigentlich brauchen wir ihn nicht länger dazubehalten, obwohl …«, ein teuflisches Lächeln umspielte seine Lippen, » … wir ihn noch eine Weile schmoren lassen sollten. Als kleiner Racheakt wegen des Angriffs auf mich und in erster Linie, damit seine Mutter auch ein bisschen Pause von ihm hat. Mir scheint, dass er seine Unzulänglichkeiten, seine Eifersucht und seine Frustration ihr gegenüber besonders gern mit Brutalität kompensiert!«
    Steffi nickte.
    »Weise Entscheidung, Herr Maus! Mal sehen, ob wir da noch ein Plätzchen in einer der Ausnüchterungszellen mit der Frühlingsfestgesellschaft haben!«
    Der Kommissar grinste zufrieden und trat ans Fenster.
    »Na, da kommt ja ganz schön was runter in den Bergen!«
    Den Zeigefinger gegen die Nase tippend drehte er sich wieder zu Steffi, die gerade im Begriff war, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen, um die neusten Dienstanweisungen einem sehr gefügigen Hammer durchzugeben.
    »Sagen Sie mal, hat sich eigentlich schon unser Ermittlungsteam Hubschmied-Petersen gemeldet?«

30
    »Helfen Sie mir, bitte«, japste der dicke Mann und krallte sich so an Hannes Jackenrevers fest, dass diesem fast die Luft wegblieb. »Da ist eine Wahnsinnige hinter mir her und will mich erschießen! Helfen Sie mir!«
    Nein, die Luft blieb ihm wegen des schlechten Atems des anderen weg. Angewidert versuchte Hannes, sich zu befreien, doch es gelang ihm nicht, denn die Todesangst schien offenbar ungeahnte Kräfte entfesselt zu haben. Da standen sie nun, die beiden Männer: reglos, eng umschlungen, die Kleidung durchweicht an den Körpern klebend; einer groß und drahtig, einer klein und dick. Wie ein Liebespaar den Blick einander zugewandt, waren sie damit leider ein Hindernis für den Oberförster, der nun auch aus der Hütte gestürmt kam und nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte. Der dumpfe Aufprall war jedoch für Hannes der Befreiungsschlag, denn obwohl er sich sekundenlang wie die Wurst zwischen zwei Brotscheiben fühlte, veranlasste der Zusammenstoß den dicken

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