Der Semmelkoenig
Bettdecke, die bereits hoffnungslos um seine Beine gewickelt war, schaltete das Licht ein und kletterte aus dem Bett.
»Verdammt!«, murmelte er zu sich selbst. Da stand er nun in dem kleinen Pensionszimmer der Familie Huber. Was nun? Es war kurz vor Mitternacht. Ob es möglich war, jetzt noch irgendwo einen Schlummertrunk zu bekommen? Oder vielleicht sollte er zunächst mal kalt duschen? Nachdenklich massierte er sich den Nacken. Ja, das würde er jetzt erst einmal machen und dann würde ein Spaziergang auch nicht schaden.
48
»Nein! Nein! Schau mich nicht so an!«, Wolfgang schlug um sich, als wollte er jemanden von sich stoßen, der es eindeutig nicht gut mit ihm meinte. Dabei traf er Sybille an der Schläfe.
»Autsch!«, schrie die gepeinigte Frau vollkommen berechtigt auf. »Ja, spinnste denn vollkommen?«
»Was? Was?«, auch Wolfgang war hochgefahren, da Sybille ihm schmerzhaft in die Rippen gestoßen hatte. Noch vollkommen schlaftrunken und wegen des Albtraums in Schweiß gebadet, starrte er seine Gespielin verwirrt an.
»Du Idiot hast mich fast k.o. geschlagen!«, kam die ungehaltene Antwort.
»Oh, Mann, tut mir leid, aber ich hab was ganz Schreckliches geträumt!«
»So schaut’s aus!«, ihre Stimme klang immer noch etwas beleidigt. Er rieb sich die Augen, grinste sie jungenhaft an und flüsterte: »Och, komm schon, sei mir wieder gut!«
Der Mondschein umspielte ihren nackten Oberkörper und Wolfgang konnte nicht umhin, ihre wohlgeformten, großen Brüste zu bewundern. Sehr wohl seinen verlangenden Blick spürend, lächelte Sybille, warf die Haare in den Nacken, um sich dann theatralisch gähnend und sehr langsam zu strecken und damit noch besser zur Geltung zu kommen. Als Wolfgang sie daraufhin lustvoll schnaubend anfassen musste, war alles vergessen und nur zu gerne ließ sie sich von ihm streicheln.
»Du bist ’ne Granate, Sybille!«, seufzte er. »Ich hoffe, der Andi weiß, was er an dir hat!«
»Der Depp?«
Ein boshaftes Lachen konnte nicht zurückgehalten werden.
»Das Einzige, was der kann, is meinem Vater in den Arsch kriechen und sonst interessiert der sich für nix!«
Sehr wohl ihre Frustration spürend, hatte Wolfgang sie jetzt zu sich gezogen und bedeckte ihre Brüste mit Küssen, was sie wohlig zusammenschauern ließ, sodass sie sich fest an ihn schmiegte.
»Na, dann ist er wirklich ein Depp!«
Mit einem Ruck hatte er sie auf den Rücken gedreht und drückte ihre angewinkelten Beine sanft auseinander, um dort fortzufahren, wo er seit dem frühen Abend mehrfach sein Glück gefunden hatte.
Gleichzeitig war für eine hungrige, kleine Spitzmaus das Schicksal nicht mehr zu ändern. Sich gerade noch schmatzend über eine Larve hermachend, war sie zu abgelenkt, um die Gefahr aus der Luft rechtzeitig zu bemerken. Sie hatte keine Chance! Zu schnell hatte die Eule zugepackt. Die quietschenden Todesschreie wurden jedoch von dem Gestöhne aus Sybilles geöffnetem Schlafzimmerfenster übertönt.
49
Die kühle Abendluft tat gut. Mit weit ausholenden Schritten ging Hannes Petersen die menschenleere Straße entlang. Die Chancen, noch eine geöffnete Kneipe zu finden, waren gleich null. Trotzdem tat es gut, sich etwas zu bewegen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Angst, sich hier zu verlaufen, hatte er nicht. Zu gut war seine Orientierung, zu klein das Städtchen. Er erreichte den Marktplatz und blickte auf das schöne, alte Rathaus, ohne es wahrzunehmen. Seine Gedanken waren woanders. Heidi! Wer hatte einen Grund, einem 16-jährigen Mädchen so etwas anzutun?
50
»Also, Sie kennen mich ja, Maus, ich bin da wie zu Weihnachten. Meine Tochter hatte es, als sie klein war, noch sehr geschätzt. Ich habe ihr immer schon vorher erzählt, was das Christkind für sie bringen wird. Ich konnte mich einfach nie zurückhalten. Es ist so, als ob man platzt, wenn man es nicht sagt.«
Doktor Frank schmunzelte in seliger Erinnerung und zündete sich eine neue Zigarette an. Maus – endlich von seinen Kopfschmerzen befreit – schenkte noch einmal nach.
»Na ja, und hier ist die Sache ähnlich gelagert. Ich bin zu aufgedreht wegen der Ergebnisse meiner Autopsie. Jetzt haben wir zwei Möglichkeiten: Ich könnte Ihnen den Bericht zum Selberlesen dalassen …«, er zog die Papiere aus seiner Aktentasche, » … oder ich erzähle Ihnen kurz, was ich da so entdeckt habe und wir beide quatschen darüber!«
»Die zweite Variante gefällt mir besser, Frank. Lesen macht einsam!«
»Dacht ich’s mir doch.«
In
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