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Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Der Serienmörder von Paris (German Edition)

Titel: Der Serienmörder von Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David King
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dieselbe Person! Mit seinem prahlerischen und draufgängerischen Habitus hatte er sich tatsächlich als Valeri ausgegeben und sich innerhalb Reuillys auf einen Posten manövriert, auf dem er der Behörde bei der Suche nach dem Mörder in der Rue Le Sueur half! Während der Ermittlung gelang es Petiot alias Valeri sogar, ein Treffen mit dem Oberstaatsanwalt zu arrangieren, bei dem der Fall zur Sprache kam. Der Jurist sagte später aus, er sei von der Gründlichkeit, der Energie und der genauen Kenntnis aller Details beeindruckt und verblüfft gewesen.
    „Es ist unglaublich“, empörte sich Valeris Sekretärin Cécile Dylma gegenüber Lucien Pinault und Émile Casanova, als sie von der wahren Identität ihres Chefs erfuhr. „Er war ein so liebenswerter Mann, so ruhig. Capitaine Valeri verhielt sich uns gegenüber niemals zornig oder aufgebracht.“ Sie musste jedoch die Auffälligkeit eingestehen, dass er die meisten kollegialen Einladungen ablehnte und sich in Bezug auf sein Privatleben zugeknöpft gab. „Allein der Gedanke, dass ich einen Monat mit ihm allein im Büro zubrachte, lässt mir einen kalten Schauder über den Rücken laufen.“
    Kommissar Massu erlebte leider nicht den Triumph der Verhaftung Petiots. In den Wirren nach dem Ende der Besatzung, die mit der Amtsenthebung von 1.200 Polizeibeamten eskalierten, wurde er selbst am 20. August 1944 verhaftet. Man legte ihm vier verschiedene Fälle bezüglich einer Kollaboration mit dem Feind zur Last, darunter die Übermittlung diverser Informationen an die Besatzungsbehörden, die zur Exekution von Patrioten führten, die höfliche und unterwürfige Zusammenarbeit und „gemeinsame Abendessen“ mit Beamten der deutschen Polizei sowie die Beihilfe zur Deportation einer jüdischen Frau und zweier Mädchen, die man wegen geringfügiger Verstöße verhaftete. Seine Feinde schlugen mit voller Gewalt zu, woraufhin man den Kommissar in Fresnes inhaftierte.
    Eines der bei Petiots Festnahme gefundenen Dokumente war eine ausführliche und ausgearbeitete Anklageschrift gegen Kommissar Massu. Der ehemalige (und kurzfristig) leitende Beamte der Sondereinheit der Brigade Criminelle Petiot-Valeri, schrieb, dass der Mann nicht nur wegen seines uneffizienten Dienstes am Quai des Orfèvres suspendiert, sondern auch mit dem „Ende eines Stricks“ bestraft werden sollte. Valeris/Petiots Aufgabe, Kollaborateure zu bestrafen, versetzte ihn in die beängstigende Machtposition, jeden Menschen zu zerstören, der seine Vergangenheit aufdecken konnte. Wie weit wäre Petiot bei den Bemühungen um eine weiße Weste gegangen, hätten ihn nicht seine Eitelkeit und Überheblichkeit dazu bewogen, einen Leserbrief an eine Pariser Zeitung zu verfassen? Dabei drängt sich auch die Frage auf, wie weit er während der Dienstzeit ging.
    Im Dezember 1944 schnitt sich der in Schande gefallene und deprimierte ehemalige Kommissar sowie Träger des Ordens der Ehrenlegion bei einem Selbstmordversuch die Pulsadern auf. Eiligst ins Hôtel-Dieu gebracht, erholte sich Massu aber wieder, wurde erneut in Fresnes inhaftiert und stellte sich schließlich einem offiziellen Tribunal zur Klärung der Kollaborations-Vorwürfe, das ihn am 20. April 1945 aus Mangel an Beweisen von allen Anschuldigungen freisprach. „Es gibt kein einziges „antinationales Vergehen, das man Massu nachweisen kann“, erklärte Arthur Airaud, Vorsitzender der „Commission d’Épuration“ der Polizeipräfektur, einer Organisation zur Säuberung des Staatsapparats.
    „Ein ‚guter‘ Kollege“, so Massu, „profitierte von den Geschehnissen und machte es sich auf meinem Stuhl als einer der leitenden Beamten der Mordkommission gemütlich.“ Dennoch kehrte der Kommissar zur Polizei zurück und beendete seinen Dienst in Ehren. Nach der Pensionierung 1947 arbeitete er beim Sicherheitsdienst der amerikanischen Botschaft in Paris.
    Elf Jahre später trat Massu in einer französischen Dokumentationssendung zusammen mit seinem alten Freund, dem Bestseller-Krimiautor Georges Simenon, im Fernsehen auf. Die beiden erinnerten sich an die erste Begegnung bei einem Glas Rotwein im Les Trois Marches. Simenon beschrieb, wie er zur Inspiration „im Palais de Justice herumschlich, dem Place de Dauphine und den kleine Eckcafes“. Er fuhr fort:
    Ich habe dort all die Vorbilder meiner Charaktere beobachtet. Ich sah ihnen bei der Arbeit zu und merkte mir die Angewohnheiten. Maigret hat ein wenig von Inspektor Massu und ein wenig von Inspektor

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