Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Titel: Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Heinz Wesemann
Vom Netzwerk:
Werk beendet und der Boden war matschig und weich. Für die Totengräber war dies von Vorteil. Einzig die immer stärker werdende Kälte machte es schwierig, die Gräber auszuheben, während die drei Krieger aus Hergendorf Wache standen.
Es wurde jeden Augenblick kälter, dachten wir.
Was morgens noch als unangenehme Frische empfunden wurde, bildete am Abend schon Eis auf den Pfützen.
Die Räume wurden kühl und schließlich kalt. Feuerschalen und Kohlebecken dienten uns als Wärmespender und wir trugen viele Schichten Kleidung, um die Kälte von uns abzuhalten.
Es geschah Verwunderliches, was ich gleich berichten werde, aber zunächst lasst mich von Anna erzählen.
Es war der Tag, an dem der letzte starb, der mit der Wiederkehrerseuche ging. Er lag in seinen letzten Stunden, ohne dass wir es gewusst hätten. Ich gab ihm Trost, oder ich versuchte es, denn ich kann nicht sagen, wie weit meine Gebete für ihn sein eigenes Schreien und die Krämpfe in ihm durchdrungen haben mögen.
Aber ich denke, dass es ihm schon Trost war, dass jemand an seiner Statt saß und ihm die Stirn trocknete.
Als ich die Tür vom Stall zum Lager öffnete, schaute mich Adelheid mit roten Augen an und mein Herz blieb beinahe stehen.
Anna war tot!
Das war, was ich dachte in diesem Augenblick, denn ich sah Wasser in Adelheids Augen. Aber als ich näher schritt, sah ich, dass das Mädchen sehr wohl am Leben war, wenn auch in erbärmlichem Zustand. Wir mussten handeln und die kleine menschenähnliche Wurzel, die in ein Tuch gewickelt in meiner Kammer ruhte, würde wieder einmal kleiner werden.
Ich entschied, dass es Zeit sei, die Beulen an Annas Körper zu öffnen und die fauligen Säfte ausfließen zu lassen.
Sie behielt keine Nahrung mehr bei sich, sagte mir meine Hilfe und sie habe ihr mit Müh und Not etwas Weidensud geben können, den sie nicht gleich ausgekotzt hat. Sie wäre auf diese oder andere Weise innerhalb von Tagen dem Tode geweiht.
So also griffen wir zu diesem Versuch, der sie zwar quälen, aber gleichzeitig auch erlösen können würde.
Ich ließ die Messer schleifen, damit sie so scharf, wie es uns irgend möglich war, sein sollten.
Drei starke Männer hielten die Kleine fest, die sich wehrte und flehte, auch nachdem ich ihr etwas von der Dollwurz gegeben hatte.
Allein schon das Berühren der Beulen schien Anna unerträglich und sie krampfte im Fieber, dass ich dachte sie zerbräche.
Die Hölzerne Schale, in die die kranken Säfte fließen sollten, lag unter ihrer Achsel und wir schauten uns an. Die Männer, und auch Adelheid, griffen fest zu und die Klinge tat ihr Werk.
Ich habe ihren schrillen Schrei auch heute noch in Ohren, sobald ich an diesen Tag zurückdenke.
Es ergoss sich eine widerliche, klebrig scheinende Flüssigkeit, in vielerlei Farben schillernd, die langsam in die Schale floss. Die Beule sank in sich zusammen und ich drückte den Rest des Wundsafts aus ihr heraus.
Anna war zu diesem Zeitpunkt bereits von uns getreten. Sie war besinnungslos zusammengefallen und ich bin dankbar dafür. Wenn ich zurückdenke, glaube ich heute nicht, dass sie in ihrem schwachen Zustand das Aufschneiden der Beulen an ihrem Hals und in der Leiste überstanden hätte.
Es war jedes Mal ekelerregend und grausam. Jedes Mal, wenn ich Beulen schnitt, war es auch für mich ein grausamer Akt.
Es gab Männer, die schrien wie Kinder, andere zuckten bloß und ließen eine kurzen leisen Laut des Schmerzes heraus, auch wenn ich sah, dass sie innerlich fast zerbarsten.
Frauen weinten, zuvor, während und danach. Manch einer fiel in Bewusstlosigkeit, manch einer erbrach sich vor Schmerz.
Es gab so viele verschiedener Reaktionen, von denen ich selbst am Ende keine Einzige voraussagen konnte.
Auch war es mir nicht gegeben zu entscheiden, ob sich ein Schnitt der Beulen lohnt.
Denn manch einem verhalf der Eingriff zur Heilung, wie der kleinen Anna. Manch einem aber nicht und ich war zornig, dass ich ihn oder sie habe leiden lassen, ohne Grund.
Ich wusste aber nach einiger Zeit, dass die Beulen sich auf mehrerlei Art verhielten.
Es gab in seltenen Fällen Beulen die einfielen und wie von Zauberhand vertrockneten. Selten, aber es gab sie.
Schnitten wir sie nicht, so schienen sie den Körper ab einer bestimmten Zeit, einer bestimmten Reife, zu töten. Sie fielen zusammen und am Körper erschienen große Flecken und Schwärzlichkeiten, als verblute er innerlich.
Schnitten wir, so entschied es sich innerhalb von zwei Tagen, ob wir wieder jemanden in Leinen

Weitere Kostenlose Bücher