Der Sichelmoerder von Zons
abstraktes Kunstgemälde. Zwei Namen waren rot umrandet und mit Ausrufezeichen versehen.
„Das ist ja einer meiner Kunden!“, rief Anna aus und zeigte mit dem Finger auf den Namen Matthias Kronberg.
Klaus, der sie bisher nicht bemerkt hatte, fuhr erschrocken herum. Sein Blick wanderte von Anna zu Oliver, der dicht hinter ihr stand und Emilys Hand hielt.
„Tauchst du auch mal wieder auf, Partner?“, zischte Klaus leise. „Weißt du eigentlich, was hier für eine Hektik ohne dich ausgebrochen ist?“
Ohne Anna und Emily zu grüßen, fuhr er fort: „Ich würde vorschlagen, du schaffst als Erstes die beiden jungen Damen aus unserem Büro und machst dich dann sofort mit mir an die Arbeit.“
Oliver schüttelte den Kopf. „Wir brauchen die beiden hier, vertrau mir Klaus!“
Klaus hob verwundert die Augenbrauen, legte seinen Stift beiseite und ließ sich mit einer lässigen Geste auf einen Bürostuhl fallen.
„Meinetwegen“, stöhnte er genervt, „schau dir mal das Whiteboard an und diese Aktenberge. Im Prinzip habe ich den Fall schon gelöst. Mir fehlt nur noch die Spur zu Frederick Köppe. Es gibt gerade mal noch zwei Verdächtige und jetzt rate mal, wer das sein könnte!“ Klaus grinste selbstzufrieden und blickte Oliver herausfordernd an.
Dieser ließ sich nicht zweimal bitten und knallte Klaus das Mühlenamulett auf den Schreibtisch.
„Dann erkläre mir doch mal diesen Zusammenhang hier! So untätig war ich nämlich auch nicht.“
Klaus starrte das Amulett erstaunt an und nahm es zwischen seine Finger.
„Schickes Teil. Sieht alt aus. Meinst du, es ist wertvoll? Wir könnten eine Party davon schmeißen!“
Oliver riss ihm das Amulett wieder aus der Hand. „Das kannst du vergessen, mein Lieber. Dieses Schmuckstück hier wandert sofort zu Frau Scholten ins Labor. Ich wette mit dir, das Gold ist ungefähr so alt wie die Goldspuren von der sichelförmigen Waffe, mit der Dorothea Walser die Zunge aus dem Hals geschnitten wurde." Oliver räusperte sich und fügte hinzu: „Bevor der Mörder ihr endgültig mit einem sauberen Schnitt die Kehle durchtrennt hat.“ Oliver wurde dieser Zusammenhang zur Vergangenheit schlagartig klar, als das goldene Mühlenamulett im Flur des Kreismuseums klirrend zu Boden fiel. In diesem Moment erinnerte er sich an die Worte von Hans Steuermark, als dieser ihn über die Laborergebnisse zur Mordwaffe informierte. Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass – wie im letzten Winter der Puzzlemörder - erneut ein kranker Serienkiller seine hässlichen Phantasien, genährt aus der Historie des Städtchens Zons, zum Leben erwecken würde.
Klaus pfiff anerkennend durch die Zähne und grinste Oliver an. „Wir brauchen also eine Expertin, die sich mit mittelalterlichen Mordinstrumenten aus der Gegend und insbesondere aus Zons auskennt?“, sein Blick wanderte zu Emily, welche die Konversation mit blassem Gesicht und äußerster Konzentration verfolgt hatte. Emily holte zu einer langen Erklärung aus:
„Eine goldene Sichel wurde bereits vor Christus von den Kelten als Ritualinstrument eingesetzt. Die Priester der Kelten nannte man Druiden. Diese schnitten in Heilungsritualen Mistelzweige mit einer goldenen Sichel aus Eichenbäumen heraus. Ein weiteres Ritual war das sogenannte Stieropfer, für das ebenfalls eine goldene Sichel verwendet wurde. Vor ungefähr fünfhundert Jahren ließ sich ein Mönch aus dem Kloster Knechtsteden eigens eine goldene Sichel als Symbol für die Wahrheit und Reinheit anfertigen. Sündern schnitt er mit der Sichel - als Zeichen ihrer Lügen - die Zungen aus dem Hals heraus. Anschließend tötete er sie, indem er ihre Kehlen durchschnitt. Sein Name war Bruder Ignatius und er ging als Sichelmörder in die Geschichte von Zons ein. Er gab seinen Opfern im Rahmen der kirchlichen Beichte mehrere Chancen, sich von ihren Sünden reinzuwaschen. Doch wenn sie seinen Vorgaben für die Buße nicht folgten oder gar versuchten, sich mit den damals sehr beliebten Ablassbriefen von ihren Sünden freizukaufen, tötete er sie. Für ihn war das eine Todsünde und damit rechtfertigte er seine Taten, bis Bastian Mühlenberg ihm das Handwerk legte. Die goldene Sichel wurde an das Kloster zurückgegeben, aber die Leiche von Bastians Bruder, welcher ebenfalls dem Sichelmörder zum Opfer fiel, wurde nie gefunden.“
Oliver betrachtete Emily mit Bewunderung. Sie ist wirklich eine gute Journalistin, fuhr es ihm durch den Kopf.
„Es könnte also sein, dass diese
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