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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Morgen dachte er, daß möglicherweise alles nur ein Traum gewesen sei. Doch auf dem Boden am Fußende seines Bettes entdeckte er Blutflecken, die von dem leuchtenden Mann stammen mußten. Und den Streit seiner Eltern hatte er sich auch nicht nur eingebildet. Papa hielt ihn nach dem Frühstück an und sagte ihm: »Du bleibst heute bei mir, Al.«
    Mamas Miene ließ keinen Zweifel daran offen, daß ihre Worte von letzte Nacht auch heute noch galten.
    »Ich will beim Bau der Kirche helfen«, sagte Alvin Junior. »Ich fürchte mich nicht vor Dachbalken.«
    »Du bleibst heute bei mir. Du wirst mir helfen, etwas zu bauen.«
    Papa schluckte und zwang sich, Mama nicht anzublicken. »Diese Kirche wird einen Altar brauchen, und ich glaube, wir können einen richtig schönen bauen, der in diese Kirche paßt, sobald das Dach und die Wände stehen.«
    Papa blickte Mama an und lächelte ein Lächeln, das Alvin Junior einen Schauer über den Rücken jagte. »Meinst du, daß dem Prediger das gefallen wird?«
    Das verblüffte Mama, soviel war sicher. Doch Alvin Junior wußte auch, daß sie nicht zu denen gehörte, die einen Ringkampf nur deswegen aufgaben, weil dem anderen ein Wurf gelungen war. »Was kann der Junge schon helfen?« fragte sie. »Er ist ja kein Zimmermann.«
    »Er hat ein gutes Auge«, sagte Papa. »Wenn er Leder flicken und verarbeiten kann, kann er auch ein paar Kreuze am Altar anbringen. Damit er schön aussieht.«
    »Measure ist ein besserer Holzschnitzer«, warf Mama ein.
    »Dann lasse ich den Jungen die Kreuze eben einbrennen. «
    Papa legte die Hand auf Alvin Juniors Kopf. »Und wenn er den ganzen Tag hier sitzen bleibt und in der Bibel liest, dieser Junge wird jedenfalls nicht mehr zu dieser Kirche hinuntergehen, bevor die letzte Bank angebracht ist.«
    Papas Stimme klang hart genug, um seine Worte in Stein einmeißeln zu können. Mama sah Alvin Junior an, dann richtete sie den Blick auf Alvin Senior. Schließlich kehrte sie ihnen den Rücken zu und begann damit, den Korb mit Essen für jene zu füllen, die zur Kirche gehen würden.
    Alvin Junior ging nach draußen, wo Measure gerade das Gespann anschirrte und Wastenot und Wantnot den Wagen mit Dachstreben für die Kirche beluden.
    »Hast du wieder vor, dich in der Kirche aufzubauen?« fragte Wantnot.
    »Wir könnten Holzbalken auf dich herabfallen lassen, dann kannst du sie mit dem Kopf in Streben teilen«, meinte Wastenot.
    »Komme nicht mit«, erwiderte Alvin Junior.
    Wastenot und Wantnot tauschten wissende Blicke aus.
    »Hm, Pech«, meinte Measure. »Aber wenn es zwischen Mama und Papa kalt wird, droht dem ganzen Wobbish Tal ein Schneesturm.«
    Er zwinkerte Alvin Junior zu, genau wie er es gestern abend getan hatte, als Mama richtig wütend geworden war.
    Dieses Zwinkern brachte Alvin auf den Gedanken, daß er Measure eine Frage stellen konnte, die er normalerweise nicht ausgesprochen hätte. Er kam näher heran, damit die anderen seine Stimme nicht hörten. Measure begriff, was Alvin wollte, und kauerte sich direkt neben dem Wagenrad nieder, um Alvin anzuhören.
    »Measure, wenn Mama an Gott glaubt und Papa nicht, woher weiß ich dann, wer von beiden recht hat?«
    »Ich glaube, daß Pa durchaus an Gott glaubt«, meinte Measure.
    »Aber wenn er es nicht tut. Wie soll ich mich dann zurechtfinden, wenn Mama eine Sache sagt und Papa eine andere?«
    Measure wollte erst eine flapsige Bemerkung machen, doch dann bremste er sich – Alvin konnte es an seinem Gesicht ablesen, wie er sich dazu entschied, ernsthaft zu antworten. »Al, ich muß dir sagen, daß ich mir selbst wünschte, es zu wissen. Manchmal glaube ich, daß niemand nichts weiß.«
    »Papa sagt, daß man weiß, was man mit den eigenen Augen sieht. Mama sagt, daß man weiß, was man mit dem Herzen spürt.«
    »Und was meinst du?«
    »Woher soll ich das wissen, Measure? Ich bin doch erst sechs.«
    »Ich bin zweiundzwanzig, Alvin, ich bin ein erwachsener Mann, und ich weiß es immer noch nicht. Ich schätze, daß Mama und Papa es auch nicht wissen.«
    »Na ja, wenn sie es nicht wissen, warum regen sie sich denn so darüber auf?«
    »Oh, so ist das eben, wenn man verheiratet ist. Man streitet sich die ganze Zeit, aber niemals über das, über das man sich zu streiten glaubt.«
    »Worüber streiten sie sich denn dann in Wirklichkeit?«
    Diesmal erkannte Alvin, daß Measure erst daran dachte, ihm die Wahrheit zu sagen, doch dann überlegte er es sich anders. Er stand auf und zauste Alvins Haar; ein

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