Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
gedämpftes Schnauben aus; ihre Ohren waren wachsam gespitzt, wechselten scharf ruckartig die Lauschrichtung, beinahe zittrig. Ein Ranyhyn – der jüngste Hengst, der den Bluthüter Tull trug – stampfte in hektischer Unregelmäßigkeit mit einem Huf auf. Die Lords und Bluthüter ließen erhöhte Vorsicht walten, als sie den Ritt auf der Riesen-Straße fortsetzten. Sie hatten erst zwei weitere Längen zurückgelegt, als Sill, Lord Hyrims Bluthüter, die übrigen Bluthüter anhielt, den Lord genauer zu beobachten. Das Gesicht des Lords war gerötet, als habe er hohes Fieber. Schweiß rann ihm die Wangen herab, und er keuchte heiser, als schnappe er nach Luft. Seine Augen glitzerten. Aber es ging ihm nicht allein so. Auch Lord Shetra war gerötet und atmete mühsam. Da machte sich auch bei den Bluthütern Atemnot bemerkbar. Die Luft fühlte sich wie aufgedunsen an. Sie wollte sich nicht in die Lungen saugen lassen, und war sie dann doch einmal drinnen, klammerte sie sich mit klebrigen Fingern darin fest, wie der Zugriff von Treibsand. Der scheußliche Eindruck bedrückte die Reiter immer schlimmer. Und urplötzlich verstummten in der Sarangrave-Senke alle Laute. Genauso hatte Lord Callindrill es beschrieben. Aber Lord Amatins Reittier war kein Ranyhyn gewesen. Im Vertrauen auf die großen Rösser blieb die Truppe hartnäckig auf ihrem Weg. Sie bewegte sich jedoch langsam weiter. Die Ranyhyn schritten mit nach vorn gereckten Köpfen aus, die Ohren aufgerichtet, ihre Nüstern geweitet. Die Luft war keineswegs warm, trotzdem schwitzten sie. Auf diese Weise legten sie etwa einhundert Meter zurück – erzwangen sich den Weg durch die widerspenstige, schleimartige Luft. Nach dieser Strecke wich der Urwald unvermittelt an beiden Seiten zurück. Die Riesen-Straße verlief voraus als Damm zwischen zwei reglosen Weihern. Einer war blau und hell, spiegelte den Himmel und den nachmittäglichen Sonnenschein wider, aber der andere war dunkel und dreckig. Die Truppe befand sich auf halber Länge des Damms, als der Laut einsetzte. Er begann leise, schwach und mit Mißtönen, wie das Stöhnen eines Sterbenden. Anscheinend kam er aus dem dunklen Pfuhl. Er ließ die Reiter wie gebannt erstarren. Während sie lauschten, schwoll der Klagelaut an. Er steigerte sich sowohl in der Tonlage wie auch seiner Lautstärke, verwandelte sich in einen rauhen Schrei, der über die Weiher hallte. Er heulte immer schriller und lauter weiter. »Melenkurion abatha!« riefen die Lords gemeinsam. »Duroc minas mill khabaal!« Aber ihre Stimmen waren kaum vernehmbar. Da verlor der junge Ranyhyn unter Tull die Beherrschung. Er wieherte furchterfüllt auf, wirbelte herum und tänzelte zum blauen Weiher hinüber. Als er sprang, warf sich Tull hinunter ins Gras. Der Ranyhyn klatschte ins brusthohe Wasser. Sofort stieß er ein Schmerzkreischen aus, das sich nahezu mit dem Geheul in der Luft messen konnte. Mit rasereiartigen Hüpfern warf er sich aus dem Tümpel, kletterte wieder auf den Damm und floh nach Westen, auf der Riesen-Straße zurück. Das Heulen gellte noch höher und lauter. Die anderen Ranyhyn wimmelten durcheinander und keilten aus. Sie bäumten sich auf, machten kehrt und galoppierten ihrem ausgerissenen Bruder hinterdrein. Die Schlagartigkeit ihres Handelns brachte Lord Hyrim zu Fall, und er rettete sich nur vorm Sturz in den dunklen Pfuhl, indem er sich mit seinem Stab abstieß. Unverzüglich schwang sich Lord Shetra von ihrem Tier, um ihm beizustehen. Sill, Cerrin und Korik stiegen ebenfalls ab. Beim Abspringen befahl Korik den übrigen Bluthütern, die Ranyhyn zu schützen. Runnik und seine Kameraden klammerten sich an ihre Pferde. Die Ranyhyn folgten dem verwundeten Hengst. Während sie davonsprengten, verstummte hinter ihnen das Heulen, und die Luft begann sich zu verdünnen. Dennoch konnten die Bluthüter ihre Reittiere noch für eine ganze Strecke nicht bändigen. Die Ranyhyn preschten einen breiten, jedoch unbekannten Pfad entlang; die Bluthüter erkannten, sie waren von der Riesen-Straße abgeirrt. Dann überquerte der vorderste Ranyhyn eine kahle Erhebung und geriet ohne Vorwarnung in tiefen Schlick. Aber die übrigen Pferde konnten noch rechtzeitig stehenbleiben. Die Bluthüter sprangen ab und holten aus ihrem Gepäck Clingor -Stränge. Als Korik, Cerrin, Sill, Tull und die Lords sie erreichten, befreiten die um ihre Reiter erleichterten Ranyhyn ihren unglücklichen Artgenossen aus dem Sumpf. Sobald die Lords sahen, daß die übrigen
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