Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
sagen, konnte es gut sein, daß sie wegen der Beleidigung ein Messer zückte.
    »Demnach scheint dein Glück bei Frauen auch ungebrochen zu sein.« Rynes Lachen hatte einen gereizten Unterton. Vielleicht hatte er selbst ein Auge auf sie geworfen. »Das Licht weiß, hübsch können sie dich nicht finden; du wirst mit jedem Jahr häßlicher. Vielleicht sollte ich es einmal mit dieser züchtigen Bescheidenheit versuchen und mich von den Frauen an der Nase herumführen lassen.«
    Lan machte den Mund auf, trank dann aber statt einer Erwiderung etwas Glühwein. Es hätte eigentlich nicht nötig sein sollen, ihm das zu erklären, aber Rynes Vater hatte ihn in dem Jahr, als Lan zehn geworden war, mit nach Arafel genommen. Der Mann trug eine einzige Klinge an der Hüfte statt zweien auf dem Rücken, und doch war er ein Arafellin durch und durch. Er fing sogar Unterhaltungen mit Frauen an, die ihn nicht zuvor angesprochen hatten. Lan, der von Bukama und seinen Freunden in Schienar großgezogen worden war, war von einer kleinen Gemeinschaft umgeben gewesen, die die Bräuche der Malkieri in Ehren hielt.
    Eine ganze Anzahl von Leuten in dem Raum beobachteten ihren Tisch, verstohlene Blicke über Krügen und Kelchen. Eine plumpe Frau mit kupferfarbener Haut, die ein viel dickeres Wollkleid anhatte, als Domanifrauen es für gewöhnlich trugen, unternahm keinen Versuch, ihre Blicke zu verbergen, während sie sich aufgeregt mit einem Mann mit gezwirbeltem Schnurrbart und einer großen Perle im Ohr unterhielt. Wahrscheinlich fragten sie sich, ob es Liras wegen Ärger geben würde. Fragten sich, ob ein Mann, der das Hadori trug, wirklich ohne weiteres jemanden töten würde.
    »Ich hätte nicht erwartet, dich in Canluum zu finden«, sagte Lan und stellte den Weinkrug ab. »Beschützt du einen Kaufmannszug?« Bukama und die Schankwirtin waren nirgends zu sehen.
    Ryne zuckte die Achseln. »Aus Shol Arbela. Der glücklichste Händler in Arafel, heißt es. Hieß es. Viel hat es ihm nicht genützt. Wir sind gestern angekommen, und vergangene Nacht haben ihm Straßenräuber zwei Straßen von hier die Kehle durchgeschnitten. Bei dieser Tour springt kein Geld für den Rückweg für mich heraus.« Er ließ ein reumütiges Grinsen aufblitzen und trank einen kräftigen Schluck Wein, vielleicht zum Andenken an den Kaufmann, vielleicht auf den Verlust seines halben Lohns. »Verbrenne mich, falls ich erwartet hätte, dich hier zu finden!«
    »Du solltest nicht auf Gerüchte hören, Ryne. Ich habe keine nennenswerte Verletzung erlitten, seit ich nach Süden geritten bin.« Lan beschloß, falls sie ein Zimmer bekämen, Bukama damit aufzuziehen, ob es bereits bezahlt worden sei, und wie. Die Entrüstung riß ihn vielleicht aus seiner düsteren Stimmung.
    »Die Aiel«, schnaubte Ryne. »Ich hätte nie gedacht, daß sie dir ebenbürtig sein könnten.« Natürlich hatte er nie Aiel gegenübergestanden. »Ich habe angenommen, daß du da bist, wo Edeyn Arrel sich aufhält. Jetzt in Chachin, soweit ich gehört habe.«
    Als er den Namen hörte, drehte Lan den Kopf ruckartig wieder zu dem Mann um, der ihm gegenübersaß. »Warum sollte ich bei Lady Arrel sein?« fragte er leise. Leise, aber mit Betonung auf dem Titel, der ihr gebührte.
    »Sachte, Mann«, sagte Ryne. »Ich wollte nicht . . .« Klugerweise brach er den Satz an dieser Stelle ab. »Verbrenne mich, willst du damit sagen, du hast es nicht gehört? Sie hat den Goldenen Kranich steigen lassen. Natürlich in deinem Namen. Seit der Jahreswende ist sie von Fal Moran nach Maradon gezogen, und jetzt ist sie auf dem Rückweg.« Ryne schüttelte den Kopf, so daß die Glöckchen in seinen Zöpfen leise klingelten. »Es müssen allein hier in Canluum zwei- bis dreihundert Männer sein, die bereit sind, ihr zu folgen. Dir, meine ich. Bei manchen würdest du es nicht glauben. Der alte Kurenin hat geweint, als er sie sprechen hörte. Alle sind bereit, Malkier wieder aus der Großen Fäule zu schneiden.«
    »Was in der Großen Fäule stirbt, ist dahin«, sagte Lan resigniert. Er fühlte eine große Kälte im Inneren. Plötzlich hatte Serokus Überraschung darüber, daß er nach Norden reiten wollte, eine ganz neue Bedeutung, ebenso die Zusage des jungen Wachsoldaten, daß er bereit wäre. Selbst die Blicke hier im Schankraum wirkten verändert. Und Edeyn hatte damit zu tun. Es gefiel ihr immer, im Herzen des Sturms zu stehen. »Ich muß mich um mein Pferd kümmern«, sagte er zu Ryne und schob die Bank

Weitere Kostenlose Bücher