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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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strebte heulend dem Horizont entgegen. Alle standen wie gebannt da und sahen ihm nach, bis es gänzlich in der Ferne verschwunden war.
    Als Zedd sich blaß und erschöpft zu ihnen umdrehte, umklammerte Abby sein Gewand. »Zedd, es tut mir leid. Ich hätte nicht -«
    Er legte ihr einen Finger auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. »Da wartet jemand auf dich.«
    Er legte den Kopf schief. Sie drehte sich um. Hinten im Schilf stand Philip und hielt Janas Hand. Abby stöhnte vor Freude auf. Philip grinste sein altbekanntes Grinsen. Auf der anderen Seite stand ihr Vater und gab ihr mit einem Nicken seine Zustimmung zu erkennen.
    Abby rannte mit offenen Armen zu ihnen. Jana verzog das Gesicht. Sie drückte sich an Philip. Abby sank vor ihr auf die Knie.
    »Es ist Mama«, sagte Philip zu Jana. »Sie hat sich nur neue Sachen angezogen.«
    Abby begriff, daß Jana vor der roten Lederkluft Angst hatte, die sie trug. Sie grinste unter Tränen.
    »Mama!« rief Jana, als sie das Lächeln sah.
    Abby warf die Arme um ihre Tochter. Sie lachte und drückte Jana so fest, daß das Kind protestierend quietschte. Abby spürte Philips Hand als liebevollen Gruß auf der Schulter. Sie stand auf, schlang die Arme um ihn; Tränen erstickten ihre Stimme. Ihr Vater legte ihr tröstend eine Hand auf den Rücken, während sie Janas Hand drückte.
    Zedd, Delora und die Mutter Konfessorin scharten sich um sie und drängten sie die Uferböschung hinauf zu den Leuten, die oben warteten. Soldaten, in der Mehrzahl Offiziere, von denen Abby einige kannte, ein paar andere Leute aus Aydindril, und der Zauberer Thomas warteten bei den befreiten Gefangenen. Unter den Befreiten befanden sich auch die Bewohner von Coney Crossing; Leute, bei denen Abby, die Tochter einer Hexenmeisterin, nicht in großer Gunst stand. Aber es war ihr Volk, die Leute aus ihrer Heimat, die Leute, die sie hatte retten wollen.
    Zedd legte Abby eine Hand auf die Schulter. Abby stellte erschrocken fest, daß sein dichtes braunes Haar zum Teil schlohweiß geworden war. Sie wußte auch ohne Spiegel, daß ihr Haar an jenem Ort jenseits der Welt des Lebens, wo sie eine Zeitlang gewesen waren, dieselbe Veränderung durchgemacht hatte.
    »Das ist Abigail, geboren von Heisa«, rief der Zauberer dem versammelten Volk zu. »Sie ist nach Aydindril gekommen, um mich um Hilfe zu bitten. Auch wenn sie keine Magie besitzt, seid ihr alle nur durch sie befreit worden. Ihr lag soviel an euch, daß sie um euer Leben gebeten hat.«
    Abby, die Janas Hand hielt, während Philip einen Arm um sie gelegt hatte, sah vom Zauberer zur Hexenmeisterin und dann zur Mutter Konfessorin. Die Mutter Konfessorin lächelte. Abby fand das kaltherzig angesichts der Tatsache, daß Zedds Tochter vor kurzer Zeit vor ihrer aller Augen ermordet worden war. Sie gab ihr das flüsternd zu verstehen.
    Das Lächeln der Mutter Konfessorin wurde noch breiter. »Erinnerst du dich nicht?« fragte sie und beugte sich zu Abby. »Erinnerst du dich nicht an den Namen, den wir ihm gegeben haben?«
    Abby, die von der Fülle der Ereignisse ein wenig verwirrt war, begriff nicht, wovon die Mutter Konfessorin da redete. Als sie das zugab, führten die Mutter Konfessorin und die Hexenmeisterin sie an dem Grab vorbei, in dem Abby nach ihrer Rückkehr den Schädel ihrer Mutter bestattet hatte, ins Haus.
    Mit einer Hand öffnete die Mutter Konfessorin die Tür zu Abbys Schlafzimmer. Auf dem Bett lag Zedds Tochter, wie Abby sie hingelegt hatte, und schlief immer noch. Abby starrte sie ungläubig an.
    »Der Trickser«, sagte die Mutter Konfessorin. »Ich sagte dir, daß das unser Name für ihn ist.«
    »Und kein besonders schmeichelhafter«, sagte Zedd knurrend, als er hinter sie trat.
    »Aber . . . wie?« Abby preßte die Finger an die Schläfen. »Ich verstehe nicht.«
    Zedd machte eine Geste. Abby sah zum erstenmal den Leichnam, der gleich neben der Hintertür lag. Es war Mariska.
    »Als du mir nach unserer Ankunft dieses Zimmer gezeigt hast«, erklärte Zedd ihr, »habe ich ein paar Fallen für diejenigen ausgelegt, die mit bösen Absichten kommen. Diese Frau wurde von jenen Fallen getötet, weil sie mit der Absicht hierher kam, meine schlafende Tochter zu entführen.«
    »Du meinst, es war alles eine Illusion?« Abby konnte es nicht fassen. »Warum solltest du so etwas Grausames tun? Wie konntest du?«
    »Ich bin das Ziel eines Rachefeldzugs«, erklärte der Zauberer. »Ich wollte nicht, daß meine Tochter den Preis bezahlt, den schon

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