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Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Titel: Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilach Mer
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freundlich zu, als wollte sie ihr Angebot noch einmal bekräftigen.
    »Und Lilja behandelt Krankheiten und liest aus der Hand, und Pipa hilft bei den Tieren. Wenn die Hühner nicht legen wollen, setzt sie sich zu ihnen und spricht mit ihnen, bis ihnen wieder danach ist. Niemand ist so gut mit Tieren wie Pipa.«
    Pipa hörte auf, das Brot zu zerpflücken. Ein kleines, kurzes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen und krauste ihre Nase.
    Lilja schnitt eine neue Scheibe vom Laib.
    »Die Männer schnitzen Besteck, Schüsseln und Zierrat. Sie helfen bei der Ernte oder auf dem Hof. Du siehst«, sie lachte, dieses leise, klingende Lachen, das nur Lilja lachte, »für bunte Vögel sind wir recht fleißig.«
    »Verzeihen Sie«, sagte Mina leise. »Ich … ich habe es nicht so gemeint, wie es klang.«
    »Ich weiß.« Lilja betrachtete sie einen Moment nachdenklich.
    »Mina«, sagte sie sanft, »ich weiß, du bist ein gut erzogenes Mädchen. Du bist höflich und manierlich. Aber, weißt du, wie man auf den Gutshöfen zu mir sagt?«
    Mina schüttelte heftig den Kopf; sie konnte nicht anders, weil sie es ganz genau wusste.
    »Hexe. Zigeunerin. Kräuterweib. Schwarze Sybille. Und auf eine Weise …« Sie beugte sich vor, bis sie Minas Blick wieder eingefangen hatte. »Auf eine Weise bin ich all das.
Nicht so, wie sie es verstehen. Aber doch sehr nah daran. Ich glaube, du bist ein so freundliches Mädchen, dass du mich wohl auch dann siezen würdest, wenn ich auf deinen Hof gekommen wäre. Und ich danke dir für deinen Respekt. Aber, Mina … Ich bin keine feine Dame. Ich bin Lilja. Lilja, die Taterfrau. Und ich möchte auch nichts anderes sein.«
    Mina wusste nicht mehr, wo sie hinsehen sollte.
    »Mutter«, rief Rosa und schlang einen Arm um Minas Schultern, warm und leicht, »du bringst sie in Verlegenheit! Was macht es schon, dass sie redet, wie sie es gewöhnt ist? Und Tausendschön wird ihr schon Bescheid gefaucht haben, dass manche doch großen Wert auf die Umgangsformen legen.«
    Das Bild des Katers tauchte vor Mina auf, wie er sich die Pfoten leckte und gleichzeitig würdevoll über gutes Benehmen sprach. Pipa fing als Erste an zu kichern, und dann sprudelte das Lachen über den Frühstückstisch im Gras.
    »Ich«, sagte Zinni zwischen Gekicher, »ich werde auch Sachen schnitzen. Nicht tanzen und singen wie die Mädchen. Große Sachen, nicht bloß Löffel.«
    Er räkelte sich auf Liljas Schoß und legte den Holzlöffel voller Sirup weg, der ihn die ganze Zeit still beschäftigt hatte.
    »Ach«, sagte Lilja, »wirst du das, kleiner Mann? Ist es denn nichts für einen wie dich, schöne Lieder zu singen, die die Damenherzen zum Schmelzen bringen?«
    »Igitt«, Zinni verzog das Gesicht, und wieder lachten sie, weil sein rundes Gesicht sich dabei in Falten legte wie bei einem merkwürdigen Greis. Nur Liljas Mund regte sich dieses Mal nicht; Mina sah es zwischen den Wimpern hindurch. Sie schaute zur Seite, weg von Zinni, in das Gras, wo
nichts war bis auf ein paar letzte Tautropfen, die noch an den Halmen hingen.
    Mina hätte gern etwas gesagt, etwas Freundliches, das Liljas Augen wieder zum Strahlen brachte. Weil ihr nichts einfiel, fragte sie:
    »Ich habe aber gar keine Männer bei euch gesehen …?« Ein Fetzen Erinnerung durchzuckte sie. »Nein, doch … Da war jemand. Er hatte einen Bart.«
    Rosa nickte. »Das ist Nad gewesen. Er ist mein Vater, und Pipas. Er hat in einem Dorf in der Nähe zu tun. Bestimmt kommt er zu Mittag wieder.«
    »Und von deinem Viorel sagst du nichts?«, fragte Pipa.
    Sie legte den Kopf schief und sah ihre Schwester an.
    Eine schwache Röte stieg in Rosas Wangen.
    »Du bist ein schrecklicher Quälgeist, Pipa. Gut, ich sage etwas von ihm. Er zieht auch mit uns, und er ist heute früh mit Nad gegangen. Ist das genug?«
    »Ja«, sagte Lilja und zog Pipa sacht an einer Haarsträhne. »Das ist es. Lass deine Schwester in Ruhe, mein Töchterlein. Die Liebe ist auch ohne spitze Bemerkungen schwierig genug.«
    »Also«, sagte Mina hastig, »seid ihr recht viele, oder?«
    Liljas Blick glitt wieder ab. »Viele, ja. Aber nicht genug …«
    Keiner von den anderen sagte etwas. Schweigend aßen sie zu Ende.
    Es wäre Zeit gewesen, nach Hause zu gehen. Als Zinni die letzten Brotkrümel mit den Fingern aufgetupft hatte und Lilja die bunte Decke ausschüttelte, als Pipa und Rosa das wenige Geschirr zusammenräumten und in einem der Bündel verstauten - da spätestens wäre es an der Zeit gewesen. Zerrissenes Kleid hin

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