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Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit

Titel: Der siebte Turm 01 - Sturz in die Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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grüne Licht kam von mehreren der eng gewobenen Kugeln, die Tal schon zuvor gesehen hatte. Da eine davon ziemlich nahe war, erhob sich Tal und sah genauer hin. Wie er vermutet hatte, war sie aus dünnen, knochenähnlichen Streifen so gewoben, dass winzige Löcher blieben. Etwas summte darin umher und erzeugte das grüne Licht.
    „Motten“, sagte jemand hinter ihm. „Leuchtmotten.“
    Tal drehte sich um. Es war die alte Frau, die sich Crone nannte. Sie hielt eine tönerne Urne in der Hand. Tal musste die Urne unwillkürlich ansehen und spürte, wie ihm leicht schwindlig wurde. Eine Sekunde schien es ihm, als wäre er selbst in der Urne und unfähig herauszukommen. Im selben Augenblick wurde er gewahr, dass sein Schattenwächter nirgendwo zu sehen war. Er hatte das Gefühl, dass er sich gleich übergeben musste.
    „Dein Schatten ist hier drin gefangen“, sagte die Crone, als sie Tals verzweifelte Blicke bemerkte. „Er wird befreit, wenn wir beschließen, dich leben zu lassen.“
    „Ihr würdet niemals wagen, mich umzubringen“, rief Tal erbost. „Ihr gehört zum Untervolk! Die Erwählten und ihre Geistschatten werden… werden alle auf diesem Schiff umbringen, wenn ihr das tut!“
    Die Crone sagte nichts, blickte ihn aber weiter an. Tal sah, dass ihre Augen leuchteten. Das Licht war keine Reflexion eines anderen Lichtes, es kam von innen. Ihr Blick schien Tal zu durchbohren, so als könnte sie seine Gedanken lesen.
    Nach einer Minute sah Tal weg. „Eigentlich glaube ich nicht, dass sie das tun würden. Sie wissen nicht einmal, wo ich bin. Keiner von uns hat jemals das Schloss verlassen.“
    „Außer dir“, sagte die Crone. „Erzähl mir von diesem Schloss und warum du hierher in die Jagdgründe der Far-
Raider gekommen bist.“
    Tal wischte sich die Nase mit seinem Ärmel ab. Er wollte immer noch nicht wahrhaben, dass diese Leute – von denen er hoffte, dass sie zu den Untervölklern gehörten – darüber entscheiden konnten, ob er leben sollte oder nicht. Doch er schien keine andere Wahl zu haben.
    „Hier“, sagte die Crone. Sie stellte die Urne dicht neben Tal ab und holte eine kleine hölzerne Flasche zwischen ihren Fellen hervor. Tal ergriff sie misstrauisch, trank aber davon. Die Flüssigkeit lief seine Kehle hinab und er spürte, wie sich Wärme in seinem Brustkorb ausbreitete.
    Langsam begann Tal zu erzählen. Zwischendurch nahm er immer wieder einen kleinen Schluck aus der Flasche. Die Crone unterbrach ihn von Zeit zu Zeit und stellte ihm Fragen, doch die meiste Zeit ließ sie ihn reden. Tal war über sich selbst erstaunt, dass er so viel erzählte. Er berichtete der Crone sogar über das Verschwinden seines Vaters, über seine kranke Mutter, wie viele Sorgen er sich darüber machte, was wohl Gref zugestoßen war und darüber, dass er es für seine Schuld hielt.
    Als er zum Ende kam, hörte eine ganze Gruppe von Eiscarls zu. Die meisten taten so, als wären sie damit beschäftigt, ein Seil aufrollen oder über Bord schauen. Einige standen oder saßen nur da und hörten zu. Sie schienen nicht feindselig zu sein.
    Außer Milla. Tal hatte jetzt erst bemerkt, dass sie die ganze Zeit im Mast über ihm gesessen und ihn beobachtet hatte. Sie hörte zu und beobachtete ihn, hielt sich bereit für den Fall, dass er die Crone angreifen würde.
    „Eine schöne Geschichte“, sagte einer der Eiscarls, ein großer Mann, der seinen Bart blau gefärbt und zu drei Strähnen gezwirbelt hatte. „Kennst du noch mehr junge?“
    Tal starrte ihn an. Der Mann dachte anscheinend, er hätte alles erfunden.
    „Die Geschichte ist wahr“, protestierte er. „Ich bin einer der Erwählten. Ich komme vom Schloss.“
    Der Eiscarl kicherte. „Du wärst nicht der erste Junge, der sein Schiff verloren hat und dann den Clans Geschichten erzählt. Aber wenn du kein Geschichtenerzähler bist, musst du ein Dieb in unseren Jagdgründen sein.“
    Bei dem Wort Dieb ging ein Raunen durch die Reihen der Eiscarls. Tal spürte, wie ihm neue Feindschaft entgegenschlug. Was auch immer diese Leute mit Dieben anstellten, es konnte nichts Gutes sein.
    „Wenn er ein Dieb ist, Gabelbart“, sagte die Crone, „kannst du ihn dem Eis überlassen und die Merwin werden ihn holen.“
    „Ich bin kein Dieb!“, rief Tal. „Und ich sage die Wahrheit. Ich werde es euch beweisen!“
    Er zeigte auf den flackernden Sonnenstein, an Millas angespanntem Gesicht vorbei. Sie spuckte in den Wind und zeigte damit, was sie über Tals Glaubwürdigkeit

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