Der siebte Turm 04 - Jenseits der Grenze
das das Freivolk an? Wir haben die Sonnen in Euren Türmen und in Eurer Privatwelt Aenir noch nie gesehen. Vielleicht ist es gut, dass der Schleier zerstört wird.“
Milla sah ihn wütend an.
„Du redest schneller, als du denkst“, sagte sie. „Der Schleier ist eine Verteidigungseinrichtung, eine Schiffsmauer gegen die Schatten. Ohne ihn würde nicht nur die Sonne hereinkommen, sondern auch die vielen Kreaturen von Aenir, die uns hassen und fürchten. Sie sind alte Feinde aller unserer Völker und sie werden Freivölkler, Untervölkler, Erwählte und Eiscarls allesamt erschlagen.“
Crow zuckte mit den Schultern, so als könnte er Millas Worte abschütteln. Doch er sagte nichts und ihr war klar, dass er lediglich nicht zugeben wollten, dass er die Wahrheit in ihren Worten erkannte.
„Wie wird ein Schlüsselstein geöffnet?“, fragte Tal.
Jarnil wischte sich den Schweiß von der Stirn und faltete die Hände, bevor er antwortete. Tal erinnerte sich an diese Angewohnheit vom Lektorium. Es bedeutete, dass Jarnil nicht zugeben wollte, die Antwort nicht zu kennen, und dass er lange reden würde, um diesen Umstand zu verbergen.
„Während die Geheimnisse der Schlüsselsteine nur den Wächtern bekannt sind“, begann Jarnil, „weiß ich von gewissen langwierigen Ritualen und Inkantationen…“
„Blockbommel“, unterbrach Ebbitt die Ausführungen. „Und Kryptokrapp und Schattenpups. Niemand weiß es – nur die sechs Wächter selbst.“
„Sieben“, korrigierte Jarnil. Er war wütend, von Ebbitt so rüde unterbrochen zu werden.
Ebbitt lächelte und hob sechs Finger. Während er sprach, klappte er jeden einzelnen davon zu einer Faust zusammen.
„Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo.“
„Und Violett“, fügte Tal hinzu. Er war an Ebbitts Exzentrizität und seine Lücken im Allgemeinwissen gewohnt, aber das war so offensichtlich, dass er sich für seinen Großonkel schämte.
Ebbitt schüttelte den Kopf und lächelte. Es war ein geheimnisvolles Lächeln.
„Der Violette Wächter ist der Erbe von Ramellan“, sagte er. „Nicht die Zehen, nicht das Ohr, nicht der Fingernagel, sondern der Erbe von Ramellan. Der Be-erbende.“
„Die Imperatorin“, sagte Jarnil. Er schien erleichtert zu sein. „Dann brauchen wir uns um den Schleier doch nicht so viele Sorgen zu machen. Es wäre wahrhaft furchtbar, wenn Sushin und seine Kohorten bereits den Violetten Schlüsselstein hätten.“
„Weshalb?“, fragte Milla.
„Der Siebte Turm enthält alle alten Geheimnisse von Ramellan, sämtliche Maschinen und Geräte der alten Magie“, sagte Jarnil. „Wer den Violetten Schlüsselstein in den Händen hält, der kontrolliert den Turm. Die Imperatorin ist sich zwar der Machenschaften ihres Dunklen Viziers nicht bewusst, sie würde jedoch die Kontrolle über den Violetten Schlüsselstein niemals in andere Hände als ihre eigenen legen. Was diesen Schlüsselstein betrifft, können wir beruhigt schlafen.“
Ebbitt hielt ein imaginäres Buch hoch und blätterte in den ebenso imaginären Seiten. Es sah wirklich so aus, als sähe er das Buch, denn er verfolgte die erste Zeile einer Seite mit dem Finger, während er sie vorlas.
„Die Imperatorin Kathild, ihres Zeichens die Erste ihrer Linie, kam durch außergewöhnliche Umstände auf den Thron von Ramellan. Der Tod des Imperators Mercur war von Widersprüchlichkeiten begleitet und sein Begräbnis wurde auf unübliche Weise und überstürzt durchgeführt. Es gab keine Aufbahrung und es wurde erzählt, dass er ermordet wurde und sein Körper deswegen nicht ansehnlich war.“
„Das ist aus Kimerls ‘Geschichte’“, protestierte Jarnil. „Sie wurde vor einigen Jahren für völlig unglaubwürdig erklärt und das Buch verboten. Ich kann da keinerlei Relevanz feststellen. Auch in deinen Andeutungen nicht, Ebbitt, wenn ich das so sagen darf. Nein, wirklich. Jeder würde mir Recht geben, dass du derjenige von uns beiden bist, der den Eindruck macht, als käme er aus dem Saal der Albträume!“
„Gerede, Gerede, Gerede“, sagte Crow. „Etwas anderes geschieht hier nicht. Wenn der Schleier in Gefahr ist und wir alle auch, dann sollten wir doch etwas unternehmen, oder nicht? Aber was? Und was ist für das Freivolk bei der Sache drin?“
„Ich werde die Neuigkeiten den Cronen bringen“, sagte Milla. „Sie werden wissen, was zu tun ist.“
„Ich glaube, wir müssen uns diese Schlüsselsteine ansehen“, sagte Tal langsam. Er dachte noch immer über das nach, was
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