Der Siegelring - Roman
Überfall geplant war.«
»Oder hat ihn gar selber geplant.«
»Auch das ist möglich. Dominus, was wisst Ihr über Cullens Vater?«
»Nichts, Annik. Sollte ich?«
»Ich weiß nicht. Du, Falco?«
»Ich weiß noch nicht einmal, wie er heißt. Warum?«
»Er ist vor Jahren von Römern gefoltert und umgebracht worden. Wegen seines Glaubens, so heißt es.«
Falco meinte trocken: »Unsinn.«
Aber Valerius Corvus sah nachdenklich aus.
»Du bist noch nicht lange genug hier, Falco. Nach dem Saturninus-Aufstand ist eine Reihe Rebellen hingerichtet worden. Nicht wegen ihres Glaubens, das allerdings ist Unsinn. Es ist aber gut möglich, dass Cullens Vater einer von ihnen war. Und ich muss auch gestehen, besonders menschlich ist man mit den Gefangenen damals nicht umgegangen. Stammt da sein Hass her?«
»Ja, ich glaube schon. Zumindest sagt er das, Dominus.«
»Der Aufstand des Saturninus war vor - lasst mich nachdenken -, vor gut sieben Jahren. Falco, es könnte sein, dass du noch Aufzeichnungen über die Hinrichtungen findest.«
»Wart Ihr daran beteiligt, Dominus?«, fragte Annik mit tonloser Stimme.
»Nein, du rachsüchtige Töpferin. Ich war in jener Zeit zu keinen großen Taten fähig. Du kennst die Narbe.«
Betreten senkte Annik den Kopf. Ja, sie kannte die Narbe an seinem Bein. Als sie wieder aufschaute, traf sie Falcos äußerst intensiver Blick. Er sagte zu ihr gewandt: »Corvus war zu jener Zeit Quaestor, Annik. Und soweit ich weiß, hat er sich bisher stets darum bemüht, dass Gefangene zumindest ordentlich verpflegt wurden.« Und zu Valerius Corvus: »Es wird schwierig werden, einen Mann zu finden, dessen Namen wir noch nicht einmal kennen. Kennt jemand von deinen Leuten diesen Barden näher?«
»Keine Ahnung. Annik, finde das heraus!«
»Ihr habt mir untersagt, mich mit dem Barden zu treffen. Sonst könnte ich ihn selbst fragen.«
»Richtest du dich denn nach meinen Verboten?«
»Wenn es mir passt!«
Valerius Corvus begann zu lachen.
»Stimmt! Aber Jupiter möge mir beistehen, wenn es dir mal nicht passt!«
Falco hingegen beteiligte sich nicht an der Heiterkeit, die seinen Freund erfasst hatte, sondern schien nachzugrübeln.
»Auch wir wussten von dem Gesandten schon zu einem frühen Zeitpunkt!«, sagte er dann. »Es muss die Information nicht unbedingt aus deinem Haus stammen, Corvus. Es ist zwar eine Nachricht gewesen, die nur wir Offiziere erhalten haben, aber ich kann mich nicht dafür verbürgen, dass nicht doch der eine oder andere der Soldaten davon Kenntnis hatte. Und die Gallier aus dem Norden sind den hiesigen recht freundschaftlich gesinnt.«
Doch bevor Valerius Corvus darauf antworten konnte, gab es auf dem Weg vor dem Haus Rufe und Gepolter.
»Entschuldige mich einen Augenblick, Falco. Mein
Weinhändler ist eingetroffen, und ich muss mich kurz um ihn kümmern.« Er grinste. »Seine Weinlieferung lässt man als Herr des Hauses nicht von dem Verwalter abnehmen. Ich komme gleich zurück.«
Er verließ die Hütte und ging ohne Hilfe seines Stockes auf den mit Fässern beladenen Wagen zu. Falco stand auf und ging in der Hütte auf und ab, um seine Gedanken zu ordnen. Vor der Truhe, auf der Annik die drei Tonköpfe gestellt hatte, blieb er plötzlich stehen.
»Darf ich die in die Hand nehmen?«
»Natürlich. Sie sind gebrannt.«
»Ulpia Rosina - sehr gut getroffen«, bemerkte er beifällig und stellte die Plastik wieder hin, um Gratias Portrait aufzuheben. Annik sprach zu den Matronen ein kleines Gebet, während er mit zunehmend größer werdendem Staunen das Gesicht betrachtete.
»Valeria Gratia - ich wusste gar nicht, dass sie so aussehen kann!«
»Sie wird einmal so aussehen, Falco. Ich habe ein wenig über sie nachgedacht, als ich dieses Bild von ihr machte. Sie wird eine warmherzige und kluge Frau werden. Möglicherweise keine große Schönheit, aber bestimmt eine wertvolle Freundin.«
»Ich habe in ihr bisher nur das Kind gesehen. Aber du hast Recht. Sie wird erwachsen.«
»Sie wird vierzehn. Und im Frühjahr wird sie in die Colonia gehen, zu Pompeia Plotina.«
»Dann wird sie bald verheiratet.«
»Vielleicht. Wenn sich eine gute Partie findet.«
»Daran wird es ihr mit Corvus als Vater nicht mangeln. Da jetzt Traians Adoption offiziell ist, hat er Aussichten auf einen hervorragenden Posten in der Provinzverwaltung, möglicherweise erhält er sogar die Consularswürde, wenn Traian Caesar wird.«
»Und das alles, weil er mit seiner Nichte verheiratet ist?«
»Aber
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