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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ihm.«
    »Mir bleibt aber auch nichts erspart. Ich werde ihn empfangen. Annik, sieh zu, dass die beiden gallischen Strohköpfe ihnen nicht über den Weg stolpern.«
    Er ging an Charal vorbei nach draußen. Der Verwalter hingegen blieb in der Tür stehen und betrachtete Annik mit einem traurigen Blick.
    »Für mich hast du deine Haare nie gelöst.«
    Sie senkte den Kopf und begann, die blonden Strähnen wieder zu flechten.
    »Charal, ich habe dir nie etwas versprochen.«
    »Nein, das hast du nicht. Es war wohl meine eigene Dummheit, dass ich mir Hoffnungen gemacht habe. Er ist eben der Herr des Hauses.«

    »Es hat damit nichts zu tun, Charal.«
    »Nicht? Ich weiß nicht, Annik.«
    Er klang verbittert und drehte sich um.
    »Charal!«
    »Lass es gut sein«, sagte er über die Schulter hin.
    Annik lehnte eine Weile bewegungslos am Türrahmen, als er gegangen war. Sie wusste, dass ihre Situation zunehmend schwieriger wurde. Vor allem, weil sie über ihre eigenen Gefühle nicht im Klaren war. Es gab inzwischen einige, die annahmen, dass sie Valerius Corvus’ Geliebte war. Martius glaubte es, Charal, vermutlich auch Falco. Und sicher einige andere aus dem Gesinde und unter den Arbeitern. Ihre Sonderstellung auf dem Hof war nicht zu übersehen. Das Gerücht würde zur Tatsache werden, das wusste sie, seit sie sein Gesicht in Ton geformt hatte. Wenn er es wünschte, dann würde sie ihm gewähren, um was er bat. Aber sie war sich nicht sicher, warum. Und sie fürchtete sich davor, über die Folgen nachzudenken. Sie wäre gerne zum Matronenstein gegangen, um mit den weisen Göttinnen eine stumme Zwiesprache zu führen. Aber sie musste auf dem Gut bleiben, um nach Ilan und Erwan zu schauen.
    Beide hielten sich noch im Schuppen auf, Ilan hatte sich schon wieder einigermaßen erholt und hinkte oftmals zu seinen Freunden in den Pferdestall hinüber, aber Erwan brauchte Pflege. Sie brachte beiden etwas später Essen und Getränke und berichtete von dem Besuch des Senators.
    »Bleibt hier drinnen, solange er sich auf dem Hof aufhält. Und am besten kommt ihr auch dem Hausherrn nicht unter die Augen.«
    »Was hat er mit uns vor, Annik?«, fragte Ilan, der schon ein paar Mal wegen kleinerer Vergehen am Gerichtstag zitiert worden war und wusste, wie die Peitsche schmeckte.
    »Er wird euer blödsinniges Verhalten, so hoffe ich, einfach nicht zur Kenntnis nehmen.«
    Erwan räusperte sich und sagte mit heiserer Stimme: »Ihr müsst uns nicht in Schutz nehmen, Annik. Ihr wisst, dann trifft Euch sein Zorn.«
    »Schon gut, Erwan. Seid nur einfach so klug und rührt euch hier nicht heraus.«
    »Ihr seid gut zu uns!«
    »Ich frage mich manchmal, warum. Denn ihr verhaltet euch reichlich idiotisch. Ihr schadet denen, gegen die wir loyal sein sollten. Was haben euch beiden die Römer getan?«
    »Sie haben unseren Stamm vernichtet.«
    »Lange selbst vor deiner Geburt, Erwan. Seither hast du von ihnen nur profitiert - oder nicht? Würdest du irgendwo anders ein solch reiches Gnadenbrot erhalten wie hier?«
    Erwan zuckte mit der gesunden Schulter und gab mürrisch zu: »Nein, natürlich nicht. Valerius Corvus ist halt anders.«
    »Anders? Er ist ein Römer, er war Offizier in der Legion, er bestimmt jetzt die Geschicke mit, die euer Leben beeinflussen. Wer von euch Schwachköpfen hat vorigen Monat auf ihn den Pfeil abgeschossen?«
    Erwan sah sie mit ehrlichem Erstaunen im Gesicht an.
    »Ich weiß nichts von Pfeilen. Ist etwas passiert?«
    »Ja. Hätte ich sonst gefragt?«
    »Ich wusste wirklich nichts davon. Ich schwöre es, Annik.«
    »Aber du wusstest von dem Überfall auf den Gesandten.«
    »Das wussten wir alle.«
    »Woher?«
    »Annik, ich bin nicht taub!«

    »Und ich bin nicht blöd!«, fauchte sie. »Zwischen einem Gerücht und einer gut durchgeführten Planung ist ein gewaltiger Unterschied. Irgendwer wird euch gesagt haben, wann und wo der Überfall stattfinden sollte und welche Rolle ihr dabei spielen solltet.«
    Erwan bekam einen Hustenanfall, der länger dauerte als gewöhnlich, aber Annik blieb hartnäckig bei ihm sitzen. Als er schwer atmend aufhörte, fragte sie: »So, wer hat euch informiert und eingeteilt?«
    »Warum wollt Ihr das wissen? Wollt Ihr denjenigen ans Messer liefern?«
    »Ich will mit ihm reden.«
    »Ihr werdet nichts erreichen.«
    »Erinnerst du dich noch an den Aufstand vor sieben Jahren?«
    »Ich hatte damit nichts zu tun!«
    »Aber jemand, den du kanntest?«
    Erwan drehte das Gesicht zur Wand und stellte sich stur.

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