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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Euch, wie Ihr einem
Eurer Leute Weisung gabt, mich und meine Harfe zu schützen. Dafür danke ich Euch, Herrin.«
    Bei diesen Worten betrachtete der Barde sie nachdenklich und mit einem weichen Lächeln, das in seinen braunen Augen leuchtete.
    »Ich bin Annik, die Töpferin. Der Titel einer Herrin steht mir nicht zu. Und Martius ist Legionär, nicht einer meiner Leute.«
    »Wie Ihr wünscht, Herrin.« Er verneigte sich und fuhr fort: »So bist du hier also die Töpferin. Auf Valerius’ Hof, heißt es.«
    »Dort, ja.«
    Ein Zwinkern lag in den Augen des jungen Barden, das von einem ganz anderen Verständnis sprach.
    »Ich bin Cullen und wahrscheinlich der letzte Barde meines Clans. Mögen die Götter dich beschützen, Töpferin Annik.«
    »Danke, Cullen.«
    Wieder sah er sie eindringlich an, und Annik hatte das Gefühl, dass er viel mehr von ihr erriet, als ihr lieb war. Seine nächsten Worte bestätigten das.
    »Deine Seele schmerzt, und den Verlust, den du vor Jahren erlitten hast, konntest du bislang nicht ersetzen. Verzeih, es ist die dumme Gabe des Barden, in den Gesichtern zu lesen und die Zwischentöne der Rede zu deuten.«
    »Eine sehr nützliche Gabe, Barde, so du zudem auch noch die Kunst beherrschst, deine Zunge zu zügeln.«
    Anniks Ton war scharf, und Cullen sagte mit schuldbewusst niedergeschlagenen Augen: »Das habe ich verdient!«
    Annik betrachtete ihn jetzt eingehend. Er war nicht sehr alt für einen Barden, wahrscheinlich zwei oder drei Jahre jünger als sie selbst. Obwohl er eindeutig begabt
war, hatte er wohl keine guten Lehrer gefunden. Die Techniken der Reimkunst beherrschte er, die alten Geschichten kannte er wohl auch, aber an dem Wissen um den sorgsamen Gebrauch seiner Macht mangelte es ihm, und die Diplomatie schien nicht seine Stärke zu sein. Aber eventuell war er schlichtweg noch zu unerfahren. Besänftigend meinte sie: »Schon gut, Cullen. Du hast Recht, ich bin noch ein wenig fremd hier. Vielleicht würde es mir helfen, wenn ich etwas über die Taten eurer Vorfahren und die eurer Götter erfahren könnte. Ich suche nach Wurzeln, mag sein, dass wir gemeinsame haben.«
    »Wenn du möchtest, werde ich dir davon erzählen, Annik. Darf ich dich in deiner Werkstatt auf dem Gut besuchen?«
    »Ich werde mich freuen, dich zu sehen. Du weißt, wo man mich findet?«
    Cullen lachte leise auf: »Das Gut des Valerius Corvus ist nicht zu übersehen. Ist Erwan noch bei ihm?«
    »Er ist mein Helfer am Brennofen - mehr oder weniger!«
    »Eher weniger, wie ich den Alten kenne. Ich komme bald vorbei. Danke, Herrin.«
    Missbilligend schüttelte Annik den Kopf und wandte sich ab.
    Erwan hatte den Wagen selbstverständlich im Stich gelassen und es nicht für nötig befunden, die Scherben aufzukehren. Annik lieh sich von der Besenbinderin einen Reisigbesen aus und machte sich selbst daran, Ordnung zu schaffen. Dann ging sie zielgerichtet zu dem Haus des Metbrauers und fand dort natürlich Erwan, der, nicht mehr ganz nüchtern, in einen Händel mit einem Zinngießer verwickelt war. Sie goss den beiden Kampfhähnen einen Krug Met über die Köpfe und befahl Erwan, sich zum Wagen zu trollen.

    »Da seht ihr, wie man seit neuestem mit mir umspringt!«, murrte der Alte und erntete nur schadenfrohes Gelächter.
    »Du gehst mir auf die Nerven, Erwan. Los, spann an, wenn du dazu nicht zu besoffen bist.«
    »Ja, Herrin, sicher Herrin, wie die gnädige Herrin befehlen!«
    Ein unsanfter Tritt in den Hintern beschleunigte Erwans Abgang in Richtung Stall, wo der Esel stand, der den Wagen ziehen sollte.

13. Kapitel
    Titus Valerius Corvus
    Gratia entwischte ihren Lehrern und Ursa so oft es ging und suchte Annik in der Töpferei auf. Sie hatte eindeutig eine Vorliebe für die Gallierin entwickelt, die sie mit freundlicher Duldsamkeit behandelte. Annik mochte das wissbegierige Mädchen. Ulpia Rosina hätte ihre Stieftochter gerne zu einer vornehmen jungen Frau erzogen, doch weder den Regeln der Etikette, den Schminktöpfen noch den gefältelten Kleidern konnte Gratia gro ßen Gefallen abgewinnen. Sie liebte es, mit den Händen zu arbeiten, und zeigte durchaus Geschick darin, kleine Figuren zu modellieren. Und obwohl sie mehr Fragen stellte, als Annik zu beantworten bereit war, erfuhr sie von ihr im Gegenzug eine ganze Menge über den Patrizierhaushalt, dem sie jetzt angehörte.
    An diesem Morgen kam Gratia mit einem roten Kätzchen auf dem Arm in die Werkstatt.
    »Schau mal, die hat Charal im Pferdestall gefunden. Die alte

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