Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
hinüber nach Abchasien zu gehen und dort an den Ritsa-See. Schon Stalin hätte dort am See eine Datscha gehabt. Heute ist sie ein Ferienressort. Unter den besonderen Umständen werde man bestimmt von einer Bestrafung wegen unerlaubten Grenzübertritts absehen.
Die letzte Bemerkung erinnerte Fabian wieder daran, dass Stas glaubte, sie hätten sich mit dem erschossenen Soldaten noch ein ganz anderes Problem eingehandelt als nur einen illegalen Grenzübertritt. Pizunda würde ihnen das nicht als Notwehr durchgehen lassen. Doch erst musste er organisieren, wie es weitergehen sollte. Er beauftragte Justin, mit Richards Satellitentelefon seinen WG-Genossen Julio zu bitten, genauste Wegpunkte bis zu Stalins Datscha zu bestimmen und ihnen dann zu senden. Der Spanier sitze bereits vor einem Computer mit professionellen Geländemodellen, bis einer vom britischen Geheimdienst bereit sei, dauere es zu lange, erklärte er dem Bodyguard.
Klaus hatte sich inzwischen bis zur Spitze vorgearbeitet. Nach kurzem Smalltalk, wie Fabian sich fühle, warnte er, dass mit der Neuschneemenge die Lawinengefahr eventuell kritisch sei, wenn sie später den Grat verlassen sollten.
Dagegen würde niemand etwas tun können, außer das Beste hoffen.
Endlich setzten sie sich wieder in Bewegung. Denn sie hatten sich dort mindestens eine halbe Stunde lang aufgehalten. Vielleicht würden sich die Terroristen in der Nacht und bei Schneesturm nicht über den Grat trauen. Doch daran glaubte Stas nicht. Die Männer des Emirs hatten bereits mit ihrem Leben abgeschlossen. Putin hätte bisher Geiselnahmen immer mit harter Hand sehr blutig geklärt, wie im Moskauer Dubrowka-Theater oder in der Mittelschule von Beslan, schob Stas als Beispiele hinterher.
Fabian wollte die Details lieber nicht hören. Während er in der Spur dem Bergführer Surab folgte, überlegte er, dass wohl an Stas’ Befürchtung etwas dran war. Für die Schüsse auf den Soldaten würde man nicht nur Richard und James belangen, sondern man würde sie wohl vor allem ihm als verantwortlichem Offizier und Schwulen anhängen. So wie er und Florian vom Staatsfernsehen bisher fertiggemacht worden waren, hielt er das für sehr wahrscheinlich.
Als sie den einfacheren Kilometer zurückgelegt hatten, musste Justin bei Julio noch einmal anrufen und sich die Datei mit den Wegpunkten bis zur ehemaligen Datscha Stalins am See übermitteln lassen. So blieb für Fabian einen Moment Zeit, Florian zu fragen, wie er die Lage einschätzte, wegen des vom Bodyguard erschossenen russischen Soldaten. Der meinte, monatelange Untersuchungshaft könnte durchaus möglich sein, bis die Außenminister ihrer Regierungen intervenieren würden. Fabian wollte gar nicht daran denken, wie lange das in seinem Fall dauern könnte.
Auf dem Grat zeigte sich, dass der Geografie-Diplomand Julio sogar die Wechte richtig einberechnet hatte. Der vorprogrammierte Weg verlief knapp unterhalb des Wechtenspaltes. Da kam es in der Tat auf Metergenauigkeit an und ohne die sehr präzisen Geländemodelle des geografischen Instituts wäre so nicht an ein sicheres Vorwärtskommen zu denken gewesen – bei einer Sichtweite, die nicht wesentlich weiterging als die sprichwörtliche Hand vor den Augen.
Sie mussten den Grat verlassen, um an den Südhängen des Gora Agepsta entlang in Richtung des Sees weiterzukommen. Der Weg führte nicht immer angenehm schräg den Hang hinunter, sondern musste Felswänden ausweichen, so dass sie wieder ein Stück mit den Fellen an den Ski aufsteigen mussten. Kurz hinter der Grenze zu Abchasien überquerte ihr Weg einen Ausläufer des Agepsta, der zwei Täler trennte. Gleich dahinter an einer vor dem Wind geschützten Stelle war es höchste Zeit für eine längere Pause. Nicht jeder in der Fluchtgruppe war ja Spitzensportler. Surab und Stas gruben schnell eine Vertiefung im Schnee, um dort Gaskocher zu platzieren, wenig später konnten sie eine aus Fertigpulver angerührte heiße Suppe anbieten.
Mayerhofer setzte sich zu Fabian: „Schlimme Sache mit der Schießerei oben auf dem Grat.“
„Wenn er nicht auf uns geschossen hätte, könnten wir dem Soldaten jetzt von der heißen Suppe anbieten“, antwortete Fabian bitter.
„Wir haben vorhin die Grenze zu Abchasien überschritten und sind jetzt in einer neuen Geländekammer, da werden diese Terroristen bestimmt nicht sein, gut gemacht!“, lobte Mayerhofer.
„Danke, aber das ist nur ein erster Schritt, um die Typen abzuhängen.“
„Sie wollen zu
Weitere Kostenlose Bücher