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Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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alpinen Skisports, dass jemand in der ersten Saison im Weltcup so durchstartet wie Sie“, übernahm Brown die nächste Frage. „Ihre Landsfrau Marie-Therese Nadig ist so ein Ausnahmebeispiel. Mr Luchsiger, können Sie sich das erklären?“
    „Ich bin sechs Jahre lang im Europacup gefahren. Unter anderem, damit ich an der Schule und später beim Militär mehr Urlaubstage bekam. Mein erstes Weltcup-Rennen war letztes Jahr in Wengen, aber das war nur ein einmaliger Testeinsatz. David Koslow gehörte immer zu meinen ganz großen Vorbildern und mein Dank geht an dieser Stelle auch an meine Freunde im Team und meinen Kumpel mit der Bronzemedaille und die russischen Freiwilligen“, gab sich Fabian fast zu diplomatisch.
    „Militär? Wie muss ich das verstehen? Tragen Sie Uniform, wenn Sie den Rennanzug ablegen?“, fragte der Russe.
    „Nein, nein, die Schweiz hat eine Milizarmee. Ich bin nur vier Wochen pro Jahr in Uniform anzutreffen. Wegen Spitzensport im Ski-Europacup war wohl noch nie jemand so wenige Tage im echten Dienst wie ich, bis ich Leutnant wurde.“
    „Ja und gibt es bei Ihnen auch Panzer und Kampfflugzeuge?“ Der Russe konnte die Tatsache, dass die Schweiz eine Armee hatte, immer noch nicht fassen.
    „Fabian Luchsiger, Olympiasieger in der alpinen Abfahrt. Kehren wir zum Sport zurück“, lenkte Brown das Interview weg vom Militär. „Mich interessieren die Menschen hier. Sie beide zusammen mit Justin Bend aus Liechtenstein, der heute ein olympisches Diplom geholt hat, pflegen zusammen ein Ritual vor dem Start. Schauen wir uns das kurz an.“
    Es wurde das Degengefecht im Vorbereitungsraum eingespielt.
    „Der Vierte im Bunde ist seine Hoheit Prinz Richard, der mit dem ausgezeichneten siebten Platz wie Justin Bend ebenfalls ein olympisches Diplom gewann. Erfolgreiche Musketiere offenbar.“
    „Scheint so“, meinte Fabian verlegen.
    „Abgesehen vom Ritual, was verbindet Sie beide Mr Häusle und Mr Luchsiger?“
    „Ein Foto, auf dem wir uns küssen, wurde ja jüngst in einer Boulevardzeitung veröffentlicht.“
    „Dann sind Sie beide das erste schwule Liebespaar, das gemeinsam in einer Einzelsportart auf der olympischen Siegertreppe stand?“
    „Ja, aber die Bezeichnung Liebespaar wäre jetzt doch ein großes Wort. Wir können uns gut leiden“, relativierte Florian.
    Fabian hatte eigentlich auf ein eindeutiges „Ja!“ gehofft. Ob der hübsche Blonde doch einen Freund daheim hatte? Er musste den Gedanken zurückstellen und sich wieder auf die Moderatoren konzentrieren.
    „Bei den Olympischen Spielen 1968 gewann der Leichtathlet Tommie Smith die Goldmedaille und sein Teamkollege John Carlos im gleichen Rennen die Bronzene“, erzählte Brown. „Beide sind Afroamerikaner aus den USA. Während der Siegerehrung streckten sie die schwarzbehandschuhte Faust nach oben. Das war das damalige Symbol der Black-Power-Bewegung, die sich gegen die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung richtete.“
    Auf einem vor seinen Füßen eingelassenen Kontrollmonitor sah Fabian, dass die Regie kurz ein Foto der Siegerehrung von Smith und Carlos aus dem Jahre 1968 mit einblendete.
    „Kehren wir zurück ins Jahr 2014. Haben wir bei Ihnen beiden eventuell ein regenbogenfarbenes Armband oder dergleichen auf den Fernsehbildern übersehen?“, fragte der Reporter.
    „Nein“, antwortete Florian. „Soviel ich weiß, wurden die beiden Amerikaner deswegen umgehend nach Hause geschickt, auf massiven Druck des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage. Derselbe Mann hatte aber an den olympischen Spielen von 1936 nichts gegen den Hitlergruß einzuwenden.“
    „Für unsere Zuschauer aus Russland kommen wir nun zum Teil der Sendung, der in unserer Muttersprache geführt wird“, fuhr der bärtige russische Moderator entschlossen Florian über den Mund. „Für das internationale Publikum wird simultanübersetzt.“ Der Brite schaute seinen Kollegen etwas verwundert an, doch schon stellte der Journalist die erste Frage an Koslow. Fabian konnte zwar nichts verstehen, doch es ging bestimmt nicht um Florian und ihn als Liebespaar. Der russische Moderator brauchte im Zwiegespräch mit Koslow den Rest der Sendezeit auf.
    „Ich hätte dem schwulen Paar noch gerne ein oder zwei Fragen mehr gestellt. Beispielsweise, warum sie diese Gelegenheit ohne Protestaktion verstreichen ließen. Was sollte das eben?“, platzte der Brite nach der Sendung heraus.
    „Ich werde für diesen unsittlichen Zirkus hier hoffentlich nicht

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