Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
positiv getestet. Da aufgrund der unerwarteten Häufung von positiven Proben in einer sonst überwiegend dopingfreien Sportart ein Analysefehler nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann, wird bis zum Abschluss genauerer Untersuchungen und der Analyse der B-Proben außerhalb Russlands die Medaillenfeier zum Alpin-Super-G der Männer bis auf Weiteres ausgesetzt.“
Stas blickte wieder vom Tablet-Computer auf und war anscheinend froh, die komplizierte Meldung fehlerfrei vorgelesen zu haben.
„Saubauer meinte, meine Mitbewohner sollten in Zivil in den Ausgang verschwinden, bevor der Presserummel losgehe“, ergänzte Justin. „Er hofft, damit sei die Chance geringer, dass die Journalisten einen Zusammenhang zu den Ereignissen um Fabians Entführung herstellen.“
„Wenn der Pink-Punk und sein Engelchen die Russen nicht so provoziert hätten, wäre das alles nicht passiert“, nervte Patrik und betonte das „Engelchen“ sehr ironisch.
Fabian wollte wütend aufstehen, als die drei Herren von der Hinterbank zur Mitteltür des Busses marschierten, doch Klaus drückten ihn zurück auf den Sitz.
„Kein Streit anfangen!“, mahnte der Onkel.
„Und sich immer als Mensch zweiter Klasse unterbuttern lassen? Wir Schwulen sind auch wer!“, grollte Fabian, als die drei ausgestiegen waren.
„Vielleicht könnte ich da einen Vorschlag machen“, warf Stas ein. „In Sotschi haben wir von Human Rights Now ein Café, wo wir uns treffen. Wir würden uns freuen, den schwulen Olympiasieger und den Bronzemedaillengewinner sowie seine Freunde kennenzulernen. Fabian, du gibst uns Hoffnung, dass man trotz einer nicht traditionellen sexuellen Orientierung alles erreichen kann.“
„Super Idee, Stas!“, fand Vanessa. „Selbstverständlich begleiten Justin und ich die beiden in dein Café.“
„Ja, ich komme auch“, meldete sich Richard. Er wollte keinesfalls Vanessa alleine mit Justin in das Lokal gehen lassen und wurde sich erst nach einem strafenden Blick seines Bodyguards bewusst, dass dies politisch heikel werden könnte. Doch sich jetzt zurückzuziehen ging nicht mehr, ohne sich vor ihr zu blamieren.
„Geht in Zivil, ohne jeglichen Hinweis auf eure jeweilige Mannschaftszugehörigkeit“, riet Linthaler. „Ich werde inzwischen mit Jonny ein Bier trinken.“
„Die Regierung besteht darauf, dass Sie lückenlos beschützt werden, Hoheit“, mahnte der Bodyguard.
„Um unsere Freunde einzuladen, benötigt Human Rights Now ein wenig Zeit. Vielleicht darf ich Ihnen anbieten, dass wir beim Eispaarlauf das Kurzprogramm anschauen?“, schlug Stas vor.
„Ich informiere Earl Corby, er wird Ihnen und Ihren Freunden bestimmt einen Platz in der VIP-Loge organisieren können“, bot der Bodyguard an.
Vanessa fand das eine gute Sache.
Richard prüfte nochmals, ob er den Ausdruck der E-Mail von Earl Corby mit den Angaben über den Treffpunkt vor dem Eiskunstlauf-Stadion eingesteckt hatte, als er mit seinen Freunden im Zug aus den Bergen an die Küste fuhr. Der Earl hatte aus dem IOC-Kontingent für wichtige Persönlichkeiten fünf Zuschauerplätze des Paarlaufs zur Verfügung stellen können. Eigentlich war Richard als Olympionike hier und hätte den Prinzen lieber zu Hause gelassen, aber anders hätte er Vanessas Wunsch nicht so kurzfristig erfüllen können. Wie vom Materialexperten Linthaler empfohlen, hatten sie in einer Tasche Straßenjacken mitgenommen. Für den Besuch im Iceberg Skating Palace trugen sie noch diejenigen ihres jeweiligen Landes.
Justin und seine Ski-Kameraden Fabian und Florian begleiteten ihn, aber die Italienerin saß neben ihm und nicht neben dem blonden, allzu gut aussehenden Liechtensteiner. Justin hatte mit dem einheimischen Guide Stas und James im Abteil auf der anderen Seite des Gangs Platz genommen. Für Luchsiger, der ihm gegenübersaß und in dem engen Abteil noch weniger wusste, wohin mit den langen Beinen als er selbst, war der olympische Traum bereits in Erfüllung gegangen. Wer weiß – noch lagen ja drei Rennen vor Richard und damit drei Chancen darauf, dass seine Cousine Zara Phillips und ihr Vater Mark Phillips nicht die einzigen im Hause Windsor bleiben würden, die olympisches Edelmetall mit nach Hause hatten nehmen dürfen. Doch es gehörte sich als Prinz nicht, einen so ehrgeizigen Wunsch öffentlich zu äußern. Immerhin hatte er bereits ein olympisches Diplom und saß deshalb aus sportlicher Sicht nicht ganz zu Unrecht mit den Medaillengewinnern im selben Abteil. Zudem hatte
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