Der Silberbaron
wurden!”
Richard setzte sich neben sie, sah sie an und lächelte. “Also gut. Ich kapituliere.” Mit einem intimen Blick auf Emmas Lippen, bei dem ihr die Hitze in die Glieder stieg, erklärte er: “Ich will mit Ihnen tanzen.”
Das Orchester spielte die Anfangstakte eines Walzers, und er bot ihr seine Hand. Emma legte ihre Finger hinein und ließ sich von ihm zur Tanzfläche führen. Doch plötzlich wandte er sich von den herumwirbelnden Paaren ab und führte sie zu ihrem Platz zurück. “Ich bin gleich wieder da …”, sagte er und strich ihr beim Loslassen zart mit dem Daumen über die Handfläche. Dann war er verschwunden.
Amelia blickte Emma an und zuckte mit den Schultern. “Jetzt hat man uns beide sitzen gelassen. Stephen ist auch verschwunden. Vermutlich irgendwelche Männersachen.”
“Männersachen?”, warf eine wohlbekannte, lachende Stimme ein. “Erzählen Sie mir mehr!” Ross setzte sich zu ihnen und schenkte beiden ein verwegenes Lächeln.
Emma begrüßte ihn verlegen, da sie daran denken musste, wie er sie vor wenigen Stunden auf dem Schoß seines Freundes entdeckt hatte, als wäre sie ein billiges Flittchen. Doch Ross benahm sich, als hätte er nichts Ungebührliches bemerkt. Tatsächlich wirkte er trotz seines charmanten Benehmens ungewöhnlich besorgt und behielt den Eingang wachsam im Auge.
Richards Finger schlossen sich wie ein Schraubstock um den Arm der Frau, zerrten sie vom Eingang der Assembleesäle fort, wo sie keck Posten bezogen hatte, und stießen sie vor sich die Treppe hinunter.
Sobald sie draußen an der frischen Luft waren, gab er sie mit einem kleinen Stoß frei.
“Ich war nicht sicher, ob ich dich hier antreffen würde,
chéri”,
schnurrte Yvette Dubois. “Ich hätte nicht gedacht, dass dir so zahme Vergnügungen gefallen.”
“Hör gut zu”, sagte Richard beißend. “Geh nach Hause. Ich komme in einer Stunde nach. Dann kannst du mir den Grund für deine Impertinenz erklären. Und du kannst zu packen anfangen. Morgen Nachmittag verschwindest du – überleg dir bis dahin, welche Seite des Ärmelkanals du wählen willst. Steig ein.” Er deutete auf ihre Kutsche, die in der Nähe stand.
Yvette erzitterte angesichts dieser eiskalten Wut. Er flößte ihr eine Heidenangst ein, wenn er sich so benahm. Doch sie rang sich ein schrilles Lachen ab, denn sie war entschlossen, ihn eifersüchtig zu machen und zurückzugewinnen. “Vielleicht solltest lieber du zuhören, Silberbaron”, spottete sie. “Ich bin hier, um dir zu sagen, dass ich mich entschieden habe. Bath ist genau richtig für mich, ebenso der Herr, den ich als deinen Nachfolger gewählt habe. Du hast doch wohl nicht geglaubt, ich bin nur deinetwegen gekommen? Mein neuer Liebhaber ist auch hier …”
Schelmisch wickelte sie sich eine blonde Locke um den Finger. “Du wirst dir den Besuch bei mir wohl aus dem Kopf schlagen müssen … es sei denn, du findest es zu dritt anregend … Ein neues Vergnügen …”
“Wie erfrischend”, äußerte er gelangweilt. “Du glaubst, mir ist irgendein Vergnügen neu? Leider hast du mir nichts mehr zu bieten, meine Süße.”
Yvette spürte den Zorn in sich aufsteigen, doch sie zuckte die Schultern. “Da wäre ich mir nicht so sicher, Richard, ich glaube, ich habe etwas eingefangen, woran dir sehr viel liegt … Ah”, gurrte sie, “da kommt er ja.”
Richard drehte sich auf dem Absatz um und erblickte Stephen.
Yvette lachte befriedigt in sich hinein. Auf Richards Gesicht mischten sich Erstaunen, Schmerz und hoffnungsloser Zorn.
Als Stephen seinen älteren Bruder sah, kam er unsicher näher. “Was ist los?”, fragte er nervös. “Sie hat gesagt, du wärst mit ihr fertig. Und sie wäre frei, um sich einen anderen zu suchen.”
“Und du findest, dieser andere solltest du sein?”, fragte Richard leise. “Sie hat sich an dich gewandt, nehme ich an? Hat dich wissen lassen, welch herrliche Aufmerksamkeiten auf dich warten? Schon was gekostet davon?”
Stephen errötete, und seine Augen wurden schmal. “Du bist so selbstgerecht, dass es einen krank macht. Halte du mir keine Moralpredigten, dazu hast du kein Recht!”
Richard hob besänftigend die Hände. “
Touché!
Du findest also, du hast dir ein bisschen Spaß verdient. Wer bin ich, um es dir zu verwehren? Aber die Sache ist die, Stephen, ich bin nicht sicher, ob ich sie verlieren möchte … vor allem an dich.”
“Ich sehe mal nach Miriam und Diana”, verkündete Emma, die merkwürdig unruhig
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