Der Silberbaron
lange her, Mama”, sagte Emma, der bei dem Gedanken ganz elend wurde. “Es spricht einfach nur für seine Gutmütigkeit, dass er mich mit nach London nahm.”
“Pah, von wegen Gutmütigkeit! Ich bin doch nicht blind. Ich habe gesehen, wie er dich angeschaut hat …”
Darauf sprang nun Emma auf. “Du träumst, Mama, und das weißt du ganz genau”, rief sie aus und lief verstört im Zimmer auf und ab. “Die Sache steht so: Ich bin Jarrett Dashwood versprochen, Papa ist ausgerissen, um seinen Gläubigern und Dashwoods Rache zu entkommen, hier im Haus ist es kalt und dunkel, denn wir haben weder Kerzen noch Kohlen, und zu essen gibt es auch fast nichts. Wir haben nur noch drei Dienstboten … da behauptest du, alles wird sich finden, nur weil Richard mich auf die und die Art ansieht! Nun, von seiner Schwägerin weiß ich, dass er die Tochter eines Herzogs heiraten wird, eine Verbindung, die ihm wertvolle Kupfervorkommen einbringt.”
Margaret meinte geknickt: “Die Tochter eines Herzogs? Nun ja, dagegen kommt man kaum an.” Niedergeschlagen spielte sie mit ihrem Ehering herum und seufzte. “Vielleicht räumen uns die Kaufleute wenigstens wieder Kredit ein, wenn sie sehen, dass wir mit ihm befreundet sind …”
Emma schüttelte den Kopf über ihre Mutter, trat ans Fenster und blickte hinaus auf die belebte Straße. Sie wollte sich Richard nicht widersetzen, doch war ihr klar, dass sie sich an Jarrett Dashwood wenden musste. Auch ihn hatte sie schlecht behandelt, auch er hatte unter ihren Vorurteilen zu leiden gehabt. Sie hatte keinerlei Beweis, dass er einen schlechten Ehemann abgäbe. Richard hatte die Befürchtungen nicht bestätigt, die sie über seinen üblen Lebenswandel geäußert hatte. Er hatte gesagt, dass er sich darum kümmern würde, aber was würde er denn tun? Dashwood von seinen Heiratsabsichten abbringen, weil er nicht sicher war, ob
er
sie geschwängert hatte, und nicht wollte, dass sein Kind von einem anderen Mann aufgezogen werden würde?
“Dashwood will eine tugendsame Frau”, mischte sich Margaret in die Überlegungen ihrer Tochter. “Du hast in letzter Zeit nicht sehr auf deinen Ruf geachtet – von selbst heilt das nicht. Vielleicht könnte Lord Du Quesne ja ein gutes Wort für dich einlegen, da du zumindest teilweise in der Obhut seiner Mutter warst.”
“Ich will kein Wort mehr von ihm hören, Mama!”, platzte Emma heraus und rannte zur Tür. “Er hat Familie in Silverdale und kehrt sicher bald dorthin zurück. Wir müssen unsere Probleme schon selber lösen. Und ich fange gleich damit an, indem ich Mr. Dashwood einen Brief schreibe. Bete um eine günstige Antwort.”
13. KAPITEL
Der Bürojunge reckte den Hals, um über den Aktenberg zu spähen, der sich vor ihm auftürmte, und sperrte den Mund auf. So vornehme Herren sah man bei Critchley & Critchley sonst nie.
“Womit kann ich dienen, Sir?”, fragte er.
“Richte Donald Critchley aus, Richard Du Quesne ist hier und will die Angelegenheiten eines Mandanten besprechen.”
Der Junge eilte davon. Einen Moment später tauchte er mit Donald Critchley wieder auf, der ihn ebenfalls fassungslos musterte.
“Mylord!”, krächzte Critchley, der sich nicht vorstellen konnte, was der schwerreiche Baron bei ihm suchte. “Bitte treten Sie ein. Verzeihen Sie bitte die Unordnung.” Er fegte einen Stapel Papier von einem Stuhl, wischte die Sitzfläche ab und schob ihn nervös zurecht.
Richard nahm höflich Platz. “Ich komme eigentlich wegen Mr. Worthington.”
Aus den Augenwinkeln betrachtete Critchley nun Richards imposante Gestalt, seine Aura von Macht und Reichtum. Er fluchte leise. Frederick hatte ihm doch versichert, dass er ihm alle Gläubiger genannt hatte. Allerdings sähe es seinem Freund ähnlich, zu vergessen, einen so distinguierten Gläubiger zu erwähnen.
“Wo ist Frederick Worthington?”, fragte Richard gut gelaunt.
“Äh … hmm, ja … ich habe keine Ahnung, Mylord”, murmelte Critchley und lief rot an.
Richard verzog bedauernd das Gesicht. “Schade, ich hätte mich gern mit ihm in Verbindung gesetzt. Soweit ich weiß, würde er im Moment einen finanziellen Beitrag überaus begrüßen.”
Critchley riss die Augen auf. “Soll das etwa heißen, Sie
schulden
ihm Geld?”, fragte er ungläubig.
“Ich bin kürzlich aus dem Ausland zurückgekehrt und augenblicklich dabei, jene auszuzahlen, die einen Anteil an der Plantage hielten, die ich verkauft habe.” Gelassen sah er dem völlig verwirrten Anwalt
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