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Der Silberbaron

Der Silberbaron

Titel: Der Silberbaron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Brendan
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War Richard endlich gekommen? Der Zwischenfall in den Vauxhall Gardens lag nun zwei Tage zurück, und sie hatte ihn seither nicht mehr gesehen.
    “Wer ist es denn, Polly?”
    “Ein Mr. Trelawney, Miss Emma.”
    Emma seufzte. Nicht der Name, den sie erhofft hatte, aber ihre Stimmung hob sich doch. Sie schwang die Beine vom Bett und strich sich Haare und Kleid glatt.
    “Mr. Trelawney, wie schön, Sie zu sehen”, begrüßte sie ihren Gast ein paar Minuten später. “Ich bin so froh, dass Sie gekommen sind; nun kann ich mich endlich für alles bedanken, was Sie für mich getan haben.”
    Ross ergriff ihre Hände und führte sie an die Lippen. “Aber ich bitte Sie, Miss Worthington, das war doch nichts. Es tut mir nur leid, dass ich Sie nicht ein paar Minuten früher sah, um Ihnen das hier zu ersparen.” Sanft berührte er den blauen Fleck an ihrer Wange. “Jetzt, wo wir so gut miteinander bekannt sind, könnten wir doch weniger förmlich miteinander umgehen. Bitte nennen Sie mich Ross.”
    “Danke, Ross. Ich heiße Emma.” Besorgt betrachtete sie ihn. “Haben Sie sich erholt? Es war ein so hässlicher Schlag …”
    Ross fuhr sich prüfend über den Hinterkopf und sagte dann lachend: “Mir geht’s gut. Meine Mutter sagt immer, meine Knochen müssen aus Stein sein, bei all den Raufereien, in die ich schon geraten bin … Und Ihnen? Geht es Ihnen besser?”
    “Viel besser. Und klüger bin ich auch geworden.” Mit einem verlegenen Blick fügte sie hinzu: “Leider habe ich mich in den letzten Wochen wirklich närrisch unvorsichtig benommen. Ich schäme mich furchtbar dafür, dass ich Ihr Leben in Gefahr gebracht habe.”
    “Ach, Emma, ich habe mein Leben schon oft aufs Spiel gesetzt”, beruhigte er sie sanft, “und meist aus weitaus weniger würdigen Anlässen.”
    “Danke für Ihre ritterliche Hilfe”, sagte Emma und fragte dann, um die feierliche Stimmung aufzuhellen: “Möchten Sie einen Tee? Oder etwas Wein?”
    “Nein, danke. Ich bin nur gekommen, um mich von Ihnen zu verabschieden. Wir werden uns sicher wieder begegnen. Ich reise nach Westen; Ihren Freund Matthew setze ich zu Hause in Bath ab – er hat sich inzwischen wieder erholt, ich soll herzliche Grüße bestellen –, und danach fahre ich weiter zu meinem Bruder und dessen Familie nach Brighton, und danach heim nach Cornwall.”
    “Bitte grüßen Sie Matthew ebenfalls herzlich von mir und sagen Sie ihm, dass ich ihm bald schreiben werde.” Ein weiterer Gentleman, bei dem sie sich zu entschuldigen hatte. Man hatte ihn nur deswegen entführt und misshandelt, weil sie ihn in Dashwoods Netz aus Bosheit und Rache hineingezogen hatte.
    “Fragen Sie sich, wo Richard ist?”
    Emma errötete und zwang sich ob dieser unerwartet direkten Frage zu einem Lächeln. “Ja … nein”, stammelte sie. “Das heißt, ich weiß ja, dass er viel zu tun hat …”
    “Das stimmt. Er wurde für ein paar Tage aus London weggerufen, aber er kommt bald wieder; er will Sie so bald wie möglich besuchen.” Ross wusste sehr wohl, dass Richard keine Ruhe finden würde, ehe er Dashwood ein für alle Mal erledigt hatte.
    Nachdem Ross gegangen war, fühlte Emma sich seltsam unruhig. Seufzend kehrte sie in ihr Schlafzimmer zurück; sie wünschte sich verzweifelt, endlich das Gefühl loszuwerden, sie habe ihr Leben nicht mehr unter Kontrolle.
    Vor einem Monat noch war sie selbstsicher und entschlossen gewesen, hatte jedes Problem, das sich stellte, analysiert und einer vernünftigen Lösung zugeführt. Nun aber fühlte sie sich einfach unfähig zu entscheiden, ob sie mit einem Fremden eine Vernunftehe eingehen sollte, damit der Mann, den sie liebte, mit ihr tändeln konnte. Doch tief im Inneren war ihr klar: Auch wenn es den Herrn nicht übermäßig berühren mochte, für sie würde es in Herzeleid enden. Daher wollte sie sich gar nicht erst auf einen Kampf zwischen Herz und Verstand einlassen, sondern hoffte darauf, jemand, dem sie vertraute, würde ihr sagen, was sie tun sollte … ihr dabei helfen, ihre Sehnsüchte mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Es gab nur eine solche Vertrauensperson.
    Seufzend holte sie ihre Reisetasche hervor und ließ sich dann am Schreibtisch nieder, um ihren Eltern wieder einmal zu erklären, warum sie eine Weile verreisen müsse.
    “Etwas muss sie doch dazu gebracht haben, heute wegzugehen. Was war es denn diesmal?”
    Margaret zuckte die Achseln. “Woher soll ich das wissen, Mylord?” Märtyrerinnenhaft seufzte sie:

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