Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
Reiter sofort, denn er hatte ihn in letzter Zeit häufiger gesehen. Es war Odon!
Ohne sich nach dem armen Kerl umzusehen, ritt er einfach weiter.
»I hr seid dran! « Eine Frau hinter ihm tippte Robert auf die Schulter. Er wandte sich um, sah sie an wie einen Geist und schüttelte den Kopf. Nein, er musste Odon folgen und sehen, wohin er so eilig ritt.
***
William war merkwürdig beklommen zumute, als er nach so vielen Jahren in den Hof der Schmiede ritt. Zwei neue Gebäude waren dazugekommen, ein Stall und ein Wohnhaus, ansonsten hatte sich seit seiner Abreise nicht viel verändert.
Der Hof war sauber gefegt, und vor dem Haus wiegten sich die letzten duftenden Kräuter in der leichten Brise. Ein Hund kam mit gesträubtem Nackenfell und wütendem Gebell auf sie zugerast. William seufzte enttäuscht. Natürlich hatte er gewusst, dass Graubart längst tot sein musste, trotzdem vermisste er ihn mit einem Mal unerwartet schmerzlich.
» G ut jetzt, hör auf zu kläffen! « , hörte er eine ärgerliche Frauenstimme und gleich darauf sah er Rose, die ein wenig schwerfälliger als früher herbeieilte. Ihre Haare begannen zu ergrauen, sie war etwas stärker um die Hüften geworden und sah abgearbeitet aus.
»W omit kann ich Euch … « , setzte sie an und stutzte kurz. Als William vom Pferd stieg, murmelte sie: »M aria und Josef! « und sah noch einmal genauer hin. »W illiam? « Sie fasste sich an den Hals und schnappte nach Luft. Dann breitete sie strahlend die Arme aus und stürzte auf ihn zu. »M ein Gott, William, wie groß du geworden bist! « Sie lächelte weich. »D u bist ein Mann, ein richtiger Mann! « , stellte sie fassungslos fest und nahm sein Gesicht in beide Hände. Wie früher dufteten sie nach Gewürzen und Mehl, als hätte sie gerade Pasteten zubereitet. Einen Moment lang fühlte sich William, als wäre er noch ein Kind und niemals fort gewesen.
»E s tut gut, wieder daheim zu sein « , seufzte er, »s ind alle wohlauf? «
»J a, mein Junge. « Sie nickte gerührt und lächelte. » D eine Mutter und Isaac haben alle Hände voll zu tun, wie gewöhnlich. Isaacs Töchter sind verheiratet. Marie wohnt nicht weit von hier; sie hat vier Kinder und kommt uns häufig besuchen. Du bleibst hoffentlich ein Weilchen. Dann wirst du sie sehen. Ach Gott, ist das schön, dich wieder hier zu haben! Ach ja, Agnes hat auch drei Kinder. Das jüngste ist im Frühjahr geboren, seitdem haben wir sie noch nicht wieder gesehen. « Rose strich ihre Schürze glatt. »L ass uns in die Schmiede zu deiner Mutter gehen. « Sie wollte William bereits unterhaken, doch er hielt sie auf.
»W arte! «
Erst jetzt bemerkte sie David, der ein bisschen verloren neben seinem staubigen Pferd stand. »N anu, wen hast du uns denn da mitgebracht? « , fragte sie freundlich. An ihrem Tonfall hörte William, dass sie sofort erkannt hatte, dass David anders war.
»D as ist David « , erklärte er, ging zu ihm und fasste ihn bei den Schultern. » D avid ist der Bruder meiner … « William schluckte. Er war nicht wirklich mit Enid verheiratet gewesen. »V erstorbenen Frau « , beendete er den Satz trotzdem mit dünner Stimme.
Rose sah ihn nur schweigend an; in ihrem Blick standen mehr Mitleid und Entsetzen, als sie mit Worten hätte ausdrücken können. Dann wandte sie sich an David, strich ihm über den Arm und nickte ihm lächelnd zu. »S ei uns willkommen, David! « Sie nahm ihn bei der Hand wie früher ihre Söhne und atmete tief ein. »D ann wollen wir mal in die Schmiede gehen. Williams Mutter wird Augen machen. «
Als William die Tür zur Werkstatt aufstieß, fühlte er das alte Unbehagen in sich aufsteigen. Seine Hände waren mit einem Mal feucht und kalt, das Herz galoppierte wie früher. Würde seine Mutter zufrieden sein mit dem, was er erreicht hatte, oder würde sie das gleiche Maß an ihn anlegen wie an sich selbst und mehr fordern, als zu schaffen war?
Der würzig schwere Rauch in der Schmiede ließ William kurz schwindelig werden. In der Werkstatt schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Der Rhythmus des Hammers auf dem Metall – drei hell klingende Schläge auf das Eisen, dann einen auf den Amboss, damit der Hammer wieder Schwung bekam – war ihm noch immer vertraut, und mit einem Mal wurde er ganz ruhig. Er sah zu Rose hinüber, legte den Zeigefinger auf die Lippen und bedeutete ihr, mit David an der Tür auf ihn zu warten. Dann ging er wie selbstverständlich zu Ellenweores Amboss hinüber. Sie stand mit dem Rücken
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