Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
Schiffe gehörten. Zu seinen Gütern zählte auch Brocheland Manor, wo sich Richard nach seiner Ankunft einrichtete. Jean de Gisors hatte sich im vergangenen Jahr an der Rebellion in der Normandie beteiligt und darum sowohl seine Schiffe als auch seine Ländereien auf beiden Seiten des Kanals an den König verloren. Richard ließ seine Armee in Portsmouth aufmarschieren, stellte eine beachtliche Flotte zusammen und gab dem Ort noch vor seiner Abreise die Stadtrechte, sodass von nun an einem raschen Aufstieg des aufstrebenden Hafens nichts mehr im Wege stand.
Richard hatte es eilig, zurück aufs Festland zu gelangen. Der Sinn stand ihm danach, Rache am französischen König zu nehmen. Also trieb er die Vorbereitungen zur Abreise mit aller Macht voran. Das Wetter jedoch änderte sich und durchkreuzte seine Pläne. Zunächst wehte ein starker Wind landeinwärts, der die Schiffe an die Küste drückte und das Ablegen unmöglich machte. Dann folgten stürmische Tage mit drehenden Winden, die mit den Schiffen der königlichen Flotte zu spielen schienen. Und schließlich gab es ein heftiges Unwetter, das den Regen ohne Unterlass an die Küste peitschte und das Meer zum Schäumen brachte wie eine eifersüchtige Geliebte. An eine Überfahrt war darum nicht einmal im Traum zu denken.
William und Robert verbrachten die meiste Zeit des Wartens abwechselnd in einem der überfüllten Gasthöfe oder bei den Falken. Sie durften die Tiere nicht aus den Augen lassen, damit sie nicht gestohlen wurden. Einer von ihnen musste immer bei den Vögeln bleiben, während der andere sich um die Atz kümmerte oder ein wenig durch die Gassen strich, wenn der Regen für einen Augenblick nachließ. In den Gaststuben war die Luft stickig und feucht von den nassen Kleidern derjenigen, die von draußen kamen. Während de Ferrers hin und wieder den König aufsuchte, vertrieben sich seine Männer die Zeit mit Würfelspielen und erzählten sich Abenteuergeschichten aus dem Morgenland.
Als das Unwetter endlich vorüber war, lag die See glatt und glänzend da wie ein blank poliertes Schwert. Der Himmel war blau wie ein Kornblumenfeld, auf dem die wenigen, duftig weißen Wolken aussahen wie Schafgarbe-Inseln. Reisen konnte man bei solch einer Flaute jedoch immer noch nicht.
Der Unmut über die Verzögerung und den Verrat Prinz Johns, der sich bei seinem Verbündeten, König Philipp von Frankreich, versteckt hielt, statt sich seinem Bruder zu stellen, ließ Richard mehr als ein Mal in bester Plantagenet-Manier aus der Haut fahren. Im Gegensatz zu den unberechenbaren, massiven Wutausbrüchen seines Vaters schäumte er jedoch nur kurz und heftig über und scherzte schon bald darauf wieder, als wäre nichts geschehen.
Nach fast zwei Wochen des Wartens schließlich stand der Wind endlich günstig.
Als sich Henry de Ferrers mit seinen Männern im ersten Dämmerlicht am Hafen einfand, begegneten sie dem Maréchal.
»E in guter Morgen für eine gute Überfahrt. « Guillaume le Maréchal klopfte dem jungen de Ferrers auf die Schulter. »W ir sehen uns in Barfleur. «
De Ferrers nickte.
»Z ieht Ihr noch bis Lisieux mit dem König? «
»Gewiss«, bestätigte Henry de Ferres »und anschließend ziehen wir gen Südosten nach Ferrières.«
»Gut, d ann haben wir noch Gelegenheit, uns zu sehen « , freute sich der Maréchal und nickte William zu, der neben seinem Herrn stand. »D eine erste Reise zum Festland? «
William nickte stolz. »J a, Sir! « Müde und frierend trat er von einem Bein auf das andere und hauchte in seine klammen Hände, um sie ein wenig zu wärmen. Die Nacht war feucht gewesen, auch wenn es nicht wieder geregnet hatte.
»E s wird dir sicher gefallen. Deine Mutter hat die Normandie gemocht … « , sagte der Maréchal nachdenklich.
»O h, Sir, meine Mutter lässt Euch Grüße ausrichten « , fiel es William plötzlich ein. Während seines Aufenthalts in St. Edmundsbury hatte er ihr strahlend von seinen Begegnungen mit Guillaume le Maréchal erzählt.
»W ann hast du sie gesehen? «
William bemerkte ein wenig verwundert, dass die Ader am Hals des Maréchal auf einmal heftig pochte. »I st ein Weilchen her, Sir. Ich war im Herbst in St. Edmundsbury. « Bei dem Gedanken an daheim wurde William gleich ein bisschen wärmer.
»E s ging ihr gut? « , versicherte sich der Maréchal, und William glaubte gar, Sorge in seiner Stimme zu hören.
»P rächtig, Sir, es ging ihr prächtig. Die ganze Familie war wohlauf. «
»D as ist erfreulich!
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