Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
schweigend dabeigestanden hatte, grinste von einem Ohr zum anderen. » W illiam, du alter Herzensbrecher! Du kannst doch nicht gleich einer jungen Dame den Kopf verdrehen, kaum dass du normannischen Boden betreten hast « , scherzte er scheinbar entrüstet.
»U nd warum nicht? « , fragte Marguerite ihn herausfordernd und funkelte Robert so schelmisch an, dass er laut auflachte.
William, der in sein Gelächter einstimmte, wischte sich schon bald eine Lachträne aus dem Augenwinkel. Dann stellte er Marguerite einen der Falken auf die Hand und erklärte ihr, wie man sie behandeln musste, worauf zu achten war, wenn man sie trug, und was sie gern fraßen. Geduldig beantwortete er all ihre Fragen. Mehr als einmal dachte er dabei mit Wehmut an den wunderbaren Nachmittag, den er seinerzeit mit dem Maréchal und Princess verbracht hatte. Ob der Maréchal sich auch noch daran erinnerte?
Marguerite atzte die Vögel ohne Furcht vor den spitzen Schnäbeln und wurde nicht müde, William über die Tiere auszufragen. Darum war sie traurig und enttäuscht, als de Ferrers William am frühen Abend mitteilte, dass sie bei Anbruch des folgenden Tages Lisieux den Rücken kehren und sich auf den Weg nach Ferrières machen würden.
»O h, wie schade! Ich habe noch nie so viel an einem Tag gelernt wie heute « , sagte sie bedauernd und verabschiedete sich mit einem Knicks bei William. »I ch hoffe, wir sehen uns bald wieder! «
Fer r ières, 1195
E in gutes Jahr waren sie bereits in Ferrières, als zu Jahresbeginn die Nachricht vom Tod des Herzogs von Österreich kam, dem Mann, der Richard seinerzeit gefangen genommen hatte.
Die Neuigkeiten wurden mit einem regelrechten Freudentaumel aufgenommen. Dass der Herzog von Österreich einen sinnlosen Tod gestorben war, erfüllte die Getreuen von Walkelin de Ferrers mit besonderer Genugtuung, denn sie warteten noch immer auf ihren Herrn, der sich seinerzeit als Geisel für Richard in die Hände des Feindes begeben hatte. Leopold von Österreich, so wusste der Bote zu berichten, war bei einem Scherzangriff auf eine Schneeburg vom Pferd gefallen. Das Bein, das er sich dabei gebrochen hatte, war brandig geworden und hatte ihm abgenommen werden müssen, doch der Brand hatte sich bereits festgesetzt gehabt, und so war der Herzog gestorben. Da er wegen Richards Gefangennahme noch immer exkommuniziert war, hatte er nicht einmal einen Anspruch auf ein kirchliches Begräbnis, was ihm, wie die meisten Engländer fanden, ganz recht geschah. Der Bote erzählte von Gerüchten, die besagten, dass der Sohn des Herzogs die von ihm gehaltenen Geiseln zurückzuschicken gedenke, um die kirchlichen Sanktionen endlich zu beenden.
Und tatsächlich dauerte es nur noch wenige Wochen, bis Walkelin de Ferrers nach einer anstrengenden Reise endlich in Ferrières eintraf. Nicht nur seine Familie war überaus erleichtert, auch die Bauern, Knechte und Mägde waren froh, ihren Herrn wohlbehalten willkommen heißen zu können.
Walkelin de Ferrers gebot seinem Sohn, in Ferrières zu bleiben, während er selbst sich im März mit seinen Knappen, dem Sarazenen, einigen Rittern sowie William und Robert auf den Weg zum König machte, der ihn zu sich berufen hatte, um ihm für seine treuen Dienste zu danken.
William und Robert bekamen den König auch bei dieser Gelegenheit nur von Weitem zu Gesicht. Die Audienz ihres Herrn war nur kurz, und schon bald brachen sie erneut auf, um nach England zurückzukehren, damit sich Walkelin de Ferrers endlich wieder selbst um seine Angelegenheiten kümmern konnte.
Wie zu erwarten war, ging es William und Robert während der Überfahrt in Richtung Heimat ein gutes Jahr später kaum besser als auf dem Hinweg, sodass sie heilfroh waren, als sie wieder englischen Boden betraten. Stöhnend schworen sie sich gegenseitig, nie wieder aufs Festland überzusetzen.
O a kham, August 1195
W enige Monate nach ihrer Rückkehr erkrankte auf einen Schlag mehr als das halbe Dorf. Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen und Durchfälle fesselten die Kranken an ihr Lager.
»H err Jesus, du dampfst ja! « , rief Robert besorgt aus, als er William am Morgen wecken wollte.
Für gewöhnlich war William früher wach als Robert. An diesem Morgen jedoch lag er mit gerötetem Gesicht und fiebrigen Augen auf seinem Lager, stöhnte und fantasierte. Längst vergessen geglaubte Erinnerungen an den plötzlichen Tod seiner Schwester versetzten Robert in Panik. Kopflos und außer sich vor Sorge lief er in der Hütte herum,
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