Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
wird, kann kaum hoffen, mit dem Leben davonzukommen. Odon weiß das genau. «
»I ch werde Guy suchen gehen. Wenn er etwas mit dem Tod des Falken zu tun hat, schlage ich ihn grün und blau « , knurrte William, übergab Robert den toten Vogel und verließ wutschnaubend die Falkenkammer.
Im Hof begegnete er Alain, der zum Gruß die Hand hob. William beachtete ihn nicht, sondern spurtete los. Doch wo sollte er Guy suchen? Im Dorf oder in der Schenke vielleicht? William spürte, wie der schnelle Lauf seinen Kopf langsam frei machte. So war es schon früher gewesen, als er noch jeden Morgen gelaufen war, um seinen Fuß zu trainieren. Je länger er lief, desto klarer wurde ihm alles: Er würde Guy niemals finden! Der Junge war damals nach Prinz Johns Abreise wie aus dem Nichts aufgetaucht und hatte in der Falknerei nach Arbeit gefragt. Robert war argwöhnisch gewesen, aber William hatte Mitleid mit dem jungen Burschen gehabt, der behauptet hatte, Vater und Mutter verloren zu haben und Hunger zu leiden. Er hatte ihm ein paar niedere Arbeiten zu erledigen gegeben, die sonst die Lehrlinge verrichteten, und das, obwohl sie gut ohne Guy zurechtgekommen wären. Ach, warum hatte er auch unbedingt den barmherzigen Samariter spielen müssen! Nun war Johns Falke tot und der Junge sicher verschwunden.
Wenn Odon nicht dahintersteckt, dann soll mich der Teufel holen!, dachte William zornig und grübelte darüber nach, was zu tun war.
Am besten sagten sie Prinz John erst gar nichts von der Genesung des Falken. Der Vogel hatte es nicht geschafft, mehr brauchte der Prinz doch nicht zu wissen, oder? Dass er absichtlich vergiftet worden war, würde Prinz John sicher nicht glauben und William stattdessen Fahrlässigkeit bei der Ausbildung seiner Gehilfen vorwerfen.
Wütend trat William mit dem Fuß gegen einen frischen Maulwurfshügel, sodass die Erde in alle Richtungen stob, dann kehrte er unverrichteter Dinge zur Falknerei zurück, wo Robert inzwischen den Greif begraben hatte. Als er sah, dass Marguerite die Stelle liebevoll mit Kranichfedern geschmückt hatte, war William zutiefst gerührt und sein unbändiger Zorn verrauchte für einen Moment.
Oakham im April 1199
Der König ist tot – lang lebe der König!
D ie bestürzende Nachricht, dass König Richard vollkommen unerwartet verstorben war, verbreitete sich in Windeseile. Sie waren erst seit wenigen Wochen vom Festland zurückgekehrt, als es hieß, der König sei bei der Belagerung von Châlus versehentlich angeschossen worden. Da er während des Kreuzzuges häufig von Pfeilen getroffen worden, aber immer rasch genesen war, erzählte man sich, der König habe die Verletzung durch den Armbrustbolzen nicht ernst genug genommen und sich nicht genügend geschont. Seinen Wundärzten sei es nicht gelungen, die Bolzenspitze vollends aus der getroffenen Schulter zu entfernen, weshalb die Wunde nicht hatte heilen können und zu eitern begonnen hatte. In dem Bewusstsein, dass sein Ende nahte, hatte König Richard schließlich seine Mutter holen lassen, um in ihrer Anwesenheit seinen Nachlass zu regeln, und war kurz darauf in ihren Armen gestorben.
Gramgebeugt über den Tod ihres Lieblingssohnes und doch noch immer ganz und gar Königin, hatte Eleonore seinen Leichnam neben den Gebeinen ihres verstorbenen Gatten in Fontevraud beerdigt. Obwohl Richard den Unglücksschützen von der Schuld an seinem bevorstehenden Tod freigesprochen hatte, war ihm doch nach des Königs letztem Atemzug der Garaus gemacht worden, und niemanden scherte es.
Sowohl in England als auch auf dem Festland aber beschäftigte jeden die Frage seiner Nachfolge. Überall waren die Menschen aufgewühlt und in Sorge. Obwohl Richard noch auf dem Sterbebett seinen jüngeren Bruder zum Erben seines Thrones bestimmt hatte, entbrannten Diskussionen über die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung, und die Lager spalteten sich. Viele Königstreue wollten dem Letzten Willen Richards Folge leisten, andere jedoch meinten, der Erbfolge gemäß sei Arthur of Britanny, der Sohn von Johns verstorbenem älteren Bruder, der rechte Thronfolger. Die Bretonen kämpften bereits lange um die Vorherrschaft des zwölfjährigen Arthur und hatten ihn schon bald nach Bekanntwerden von Richards Tod in die Hände des französischen Königs gegeben, um sich auf diese Weise dessen Unterstützung zu sichern.
John indessen hatte nicht lange gezögert und sich umgehend nach Erhalt der Todesnachricht nach Chinon begeben, wo er sich des Kronschatzes
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