Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
bemächtigt hatte und sich anschließend der Unterstützung wichtiger Männer wie des Maréchal und des Erzbischofs von Canterbury zu versichern wusste. So schien es nicht schlecht um seine Ansprüche auf den Thron zu stehen, auch wenn niemand genau wusste, was als Nächstes geschehen würde.
Als Falkenmeister war William zu einem Vertrauten des alten de Ferrers geworden; darum verbrachte er genügend Zeit in der Halle seines Herrn, um mitzubekommen, wie schwierig die ungeklärte Situation war.
»I ch hoffe, John wird König. Er ist wenigstens in England geboren und spricht unsere Sprache « , sagte Robert, als William ihm berichtete, was in der Halle geredet wurde, »i m Gegensatz zu Richard, der sich nie für England interessiert hat. Und für den jungen Arthur würden immer die Bretonen, nie die Engländer an erster Stelle stehen. «
William zuckte unsicher mit den Schultern. Er fürchtete John seit der Geschichte mit dem Falken und hatte Angst, Marguerite würde in schier unerreichbare Ferne rücken, sollte der jüngste Plantagenet den Thron besteigen.
»W ir werden sehen, was geschieht « , meinte er düster und versuchte vergeblich, tief einzuatmen. Er hatte die Möglichkeit gehabt, John zu beweisen, was er konnte. Wäre ihm das gelungen, hätte er sich nun Hoffnungen machen können, bei Hof aufzusteigen, falls der Prinz König wurde. Doch durch den Tod des Vogels war diese Aussicht vollkommen zunichtegemacht. Odon konnte man nichts nachweisen, und eine zweite Gelegenheit, John von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, würde es für William sicher nicht geben.
»K omm, lass uns an die Arbeit gehen! Den Falken ist es gleich, wer König von England wird. Sie werden unter dem einen nicht schlechter jagen als unter dem anderen « , sagte er seufzend zu Robert und verließ das Haus.
***
Odon lief in seiner Kammer auf und ab. Seit dem Tod seines Vaters hatte sich auf Elmswick einiges verändert, und so war die Burg der Ort geworden, an dem er sich am wohlsten fühlte.
Maud hatte ihm bereits zwei Söhne geboren und war erneut guter Hoffnung, doch sie konnte sich noch immer nicht mit dem Leben in Elmswick anfreunden. Trotz der mannigfaltigen Bauarbeiten, die Odon bereits vor seiner Reise auf das Festland in Auftrag gegeben hatte und die auch während seiner langen Abwesenheit ordentlich vorangeschritten waren, fand sie die Burg noch immer nicht standesgemäß. Ständig nörgelte sie herum. Die Halle war ihr zu klein, die Kammer zu zugig, die Wandbemalung nicht prächtig genug, und auch Odon wurde ihren Erwartungen niemals gerecht.
Manchmal fragte er sich, womit er verdient hatte, nach seinem Vater, dem er nie genügt hatte, nun auch noch ein zänkisches Weib zu haben, das er niemals zufriedenstellen konnte. Aber es waren nicht nur die ausgedehnten Ländereien, die sie mit in die Ehe gebracht hatte, die ihn entschädigten – Odon begehrte Maud mit jeder Faser seines Körpers, weil sie von so großer Schönheit war. Obwohl sie niemandem, weder ihm noch ihren Söhnen, ehrliche Zuneigung entgegenbrachte, eingebildet und hartherzig war, so war er doch stolz, sie zum Weib zu haben. Der Neid, den er bei Mauds Erscheinen in den Augen der Männer entdeckte, war zu köstlich. Er ließ ihn ihre Streitsucht vergessen und steigerte seine Lust auf sie.
Einzig ihr spöttischer Blick, wenn sie ihn nackt sah, erinnerte ihn an frühere Zeiten, und dann, wenn er sich am verwundbarsten fühlte, dachte er an Carla zurück, die ihn niemals verhöhnt hatte. Seit jenem Tag im Januar vor gut fünf Jahren hatte er sie und den Knaben, den sie geboren hatte, nicht wiedergesehen.
Seinen legitimen Sohn und Erben hatten sie, wie es sich gehörte, nach Odons Vater Rotrou genannt, den zweiten Jungen Henry, nach Mauds Vater. Rotrou war nur wenige Monate jünger als der Sohn, den er mit Carla hatte und dessen Namen er nicht einmal kannte.
Odon sann darüber nach, wie sein Ältester wohl aussehen mochte. Er hatte den Knaben in seinem Binsenkörbchen nicht einmal genau betrachten können. Was für ein Junge er wohl war?
Henry war noch klein, aber schon recht frech, und Rotrou war ein Lausebengel, ganz nach Odons Geschmack. Obwohl er erst fünf Jahre alt war, raufte er schon mit den Kindern der Mägde und scheute auch nicht davor zurück, den Größeren zu drohen. Er wusste genau, dass er als Sohn des Burgherrn keinen von ihnen fürchten musste. Während Odons Gedanken noch um seine Söhne kreisten, klopfte es an der Tür.
»V erzeiht, wenn
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