Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
ich Euch störe, Mylord. Ein Knecht aus Caldecote will Euch sprechen. Er lässt sich nicht fortschicken und behauptet, er müsse Euch unbedingt höchstselbst eine wichtige Nachricht überbringen. Mehr will er nicht sagen … « Odons Page sah seinen Herrn verschüchtert an.
»F ühr ihn in die Halle « , antwortete Odon ungnädig, »i ch komme. «
Als er hinunterkam, wartete der Knecht bereits mit unbedecktem Haupt. Neugierig betrachtete Odon den alten Mann, der seine Bundhaube in den Händen wrang wie eine Wäscherin.
» W as bringst du für eine Nachricht und von wem? Sprich schon! « , forderte Odon ihn mit harscher Stimme auf und sah ihn streng an. Er liebte es, wenn die einfachen Leute vor ihm zitterten.
»O h, Mylord. « Der Alte verbeugte sich mehrfach untertänig. »D ie Frau des Schweineschlächters schickt mich. « Er schnaufte. »S ie … sie liegt im Sterben « , stammelte er mit zitternder Stimme, die ihm beinahe zu versagen schien. »U nd bittet Euch, zu ihr zu kommen. « Er verbeugte sich mit eingezogenem Kopf, als erwartete er, auf der Stelle hinausgeprügelt zu werden.
Carla! Herz und Hände begannen Odon zu zittern wie das Laub der Espe im Wind. Ohne etwas zu sagen, stürmte er hinaus. Auf dem Weg zum Stall rief er seinem Knappen zu, er werde nach Caldecote reiten.
»A llein! « , rief er barsch, als der Junge sich anschickte, ihn zu begleiten. »D er Knecht mag gehen « , ordnete er noch an, dann war er bereits im Stall verschwunden.
Die wenigen Meilen nach Caldecote ritt er in halsbrecherischem Tempo. Er wusste nicht, wo der Sauschlächter wohnte, aber er würde sein Haus finden. Wenn Carla ihn nach so langer Zeit zu sich rief, stand es vermutlich mehr als schlecht um sie. Ob er sie noch rechtzeitig erreichen würde? Odon trieb das Pferd erbarmungslos an.
In Caldecote musste er sich nicht lange durchfragen. Bereits im zweiten Haus kannte man den Sauschlächter mit dem gezeichneten Gesicht und wies Odon den Weg. Erhitzt von Eile und Sorge, sprang er an des Schlächters Haus vom Pferd und hämmerte an die Tür, bis eine Magd herbeischlurfte und ihm öffnete. Wie zur Salzsäule erstarrt blickte sie ihn an, als sie sah, was für ein feiner Herr er war.
Odon schob sie beiseite. »G ib auf mein Pferd acht! « , rief er ihr über die Schulter zu und stürmte ins Haus, ohne sich weiter um das wertvolle Tier zu sorgen.
Carla war mager und blass. Ihre Wangen waren eingefallen, die Augen von dunklen Schatten umringt. Sie lag tatsächlich im Sterben. Starr und mit geschlossenen Lidern ruhte sie auf ihrem Lager. Nur an ihrem sich langsam hebenden und senkenden Brustkorb konnte Odon erkennen, dass sie noch lebte.
Der Geruch im Raum war scharf und erinnerte an die unangenehme Ausdünstung von Fäulnis und Verwesung, die auch seinen Vater beim Ringen mit dem Tod umgeben hatte. Diesmal jedoch löste er nicht Widerwillen in ihm aus, sondern schiere Angst. Obwohl er Carla längst verloren hatte, fürchtete Odon nun um ihr Leben, als wäre es sein eigenes. Sie war der einzige Mensch, der ihm je etwas bedeutet hatte. Trotz seiner Abscheu gegen Siechtum und Krankheit näherte er sich ihrem Lager.
Sie schlug die fiebrig glänzenden Augen auf und lächelte dankbar. »B itte « , keuchte sie kurzatmig, » n imm dich deines Sohnes an! Er soll nicht ohne mich hier aufwachsen. Jetzt, da der Schweineschlächter einen eigenen Sohn hat, wird er den Jungen nicht durchfüttern wollen, wenn ich tot bin. Wenn er aus der Taverne vom Würfelspiel zurückkommt, sollte der Junge besser nicht mehr hier sein. «
»D u wirst nicht sterben, Carla! Ich gehe den Medicus holen! « Odon wollte sich bereits abwenden, doch Carla hielt ihn zurück.
»D er Medicus wird das Haus eines einfachen Schweineschlächters niemals betreten, Odon. «
»I ch werde ihn schon überzeugen, glaub mir! « Odon fasste nach seinem Schwert.
»N ein, bitte bleib hier! Ich sterbe. Lass mich nicht allein. « Eine Träne lief über Carlas Wange.
» A ber ich will dich nicht gehen lassen! « , begehrte Odon auf.
»E s ist zu spät, der Herr ruft bereits nach mir. « Carla atmete ein paar Mal pfeifend ein und aus, dann sprach sie weiter: »E in Bastard kann etwas Anständiges werden, etwas Besseres als ein Schweineschlächter. Stell dich deiner Verantwortung, Odon! Dein Sohn ist ein guter Junge. « Sie keuchte abermals.
»I ch werde ihn anerkennen und zu mir nehmen, ich verspreche es. « Odon blieb lange an Carlas Lager, überwand sich gar und hielt
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