Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
ihre Vorzüge kannte, bräute William Falken, die er locke machen wollte, nicht mehr auf und kam bestens mit dieser neuen Methode zurecht.
Robert holte Pilgrim, der nicht an die Haube gewöhnt war, unter seinem Umhang hervor. Auf Williams Kommando warfen sie die Falken in die Luft. Obwohl sich die beiden Vögel zunächst, dicht über dem Boden fliegend, in verschiedene Richtungen entfernten und dem Reiher kaum näher kamen, schien dieser sofort zu erkennen, dass sie es auf ihn abgesehen hatten. Er streckte seinen Hals nach vorn und erbrach die zuvor verschlungenen Fische, die sich noch in seinem Kropf befanden. So wurde sein Körper leichter, und er würde besser fliehen können. Mit aller Kraft versuchte er nun, die Reiherkolonie oder wenigstens ein nahe liegendes Gehölz zu erreichen.
Die Falken aber begannen unverzüglich zu steigen, um in seine Nähe zu gelangen. Der Reiher, der keinen Vorsprung gewinnen konnte, schien zu wissen, dass die Falken nur aus der Höhe kommend eine Gefahr darstellten, und begann sich nun seinerseits, hoch in die Luft zu schrauben. Da er jedoch nicht gleichzeitig steigen und gegen den Wind anfliegen konnte, musste er schließlich umkehren und den Falken entgegenfliegen.
Der Vorsprung, den William und Robert ihm anfangs gewährt hatten, gereichte nun zum Vorteil ihrer Falken. Die drei zunächst in verschiedene Richtungen fliegenden Vögel bewegten sich mit schier unglaublicher Schnelligkeit aufeinander zu, und die Spannung bei den Zuschauern erreichte ihren Höhepunkt. Der Reiher stieß von Zeit zu Zeit Klagerufe aus und bemühte sich unaufhörlich, höher zu steigen, um mit Unterstützung des Windes seinen Verfolgern zu entkommen.
Auf einmal jedoch erreichte ihn einer der Falken und griff ihn an. Durch ein plötzliches Ausweichmanöver versuchte der Reiher, sich der Attacke zu entziehen. Es gelang ihm auch tatsächlich, und der Falke, nun mehr als zwanzig Schritt unter ihm, war ihm vorläufig nicht mehr gefährlich. Der zweite Greif jedoch hatte den Reiher inzwischen überstiegen und stieß nunmehr ebenfalls auf ihn herab.
Die Zuschauer hielten den Atem an. Während der zweite sein Ziel zunächst verfehlte, war der erste Falke bereits wieder aufgestiegen und führte nun umgehend einen weiteren Angriff aus. So wiederholten sich die abwechselnden, bald mehr, bald weniger gleichmäßigen Attacken, bis einer der Falken den Reiher binden konnte. Er packte ihn am Hals, und sofort gesellte sich der zweite Falke hinzu.
Wie ein einziger Körper fielen die drei Vögel mal schneller, mal langsamer vom Himmel. Bevor sie jedoch den Boden erreichten, ließ einer der beiden Falken los. Der zweite tat es ihm gleich, um nicht auf der Erde aufzuschlagen. Nachdem er zu Boden gegangen war, versuchte der Reiher, erneut davonzufliegen, aber die Falken begannen umgehend, wieder auf ihn zu stoßen.
William und Robert waren der Jagd in rasendem Ritt gefolgt, um in dem Augenblick zur Stelle zu sein, in dem die Falken ihre Beute zu Boden brachten. Sie sprangen regelrecht von ihren Pferden, so eilig hatten sie es. Robert lockte den Falken, der zuerst die Beute losließ, und bot ihm eine Taube, während sich William vorsichtig dem Reiher näherte und versuchte, ihn am Hals zu packen. Nachdem ihm das gelungen war, bot auch er dem zweiten Falken eine Taube an, welche dieser noch auf dem Reiher kröpfen durfte. Sobald die Falken aufgeatzt waren, verhaubte William den einen, und Robert nahm den anderen wieder unter seinen Umhang. Dann begaben sie sich zum Sammelpunkt der Jagdgesellschaft zurück. Den erbeuteten Reiher übergaben sie dem König mit einer tiefen Verbeugung.
»I ch habe selten so hervorragend abgetragene Vögel gesehen « , lobte John und klopfte William auf die Schulter. »D u wirst dich künftig um mehr als nur einen meiner Falken kümmern. « Und an den alten de Ferrers gewandt, sagte er: »W alkelin, Ihr habt keine andere Wahl, als ihn mir zu überlassen. «
Walkelin de Ferrers verneigte sich. »W ie Ihr wünscht, Sire. «
Henry de Ferrers’ Wange aber zitterte. Es war unschwer zu erraten, dass er nicht gerade glücklich über diese Eröffnung war. Zwar waren die de Ferrers’ den Plantagenets schon lange treu ergeben, und es war zweifellos eine große Ehre, dass der König ihren Falkner für sich beanspruchte. Andererseits war es auch ein herber Verlust, William künftig nicht mehr in der Falknerei zu haben.
»I ch denke, ich sollte ihn verheiraten « , bemerkte König John nachdenklich.
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