Der silberne Falke - Fox, K: Der silberne Falke: Historischer Roman
war, würde er nichts ausrichten können. William senkte beschämt den Kopf.
Als er wieder aufsah, war der Verfolgte nicht mehr zu sehen. Die Knappen zogen noch ein paar Kreise und verloren schließlich das Interesse. Sicher hat ihr Opfer ein Versteck gefunden, dachte William erleichtert, als die jungen Männer, ausgelassen johlend, davongaloppierten.
William stand auf und taumelte. Verdrossen musste er sich eingestehen, dass er noch zu schwach war, um auf Entenjagd zu gehen. Schweren Herzens beschloss er, unverrichteter Dinge umzukehren. Logan hatte ihm gleich von seinem Vorhaben abgeraten, aber er hatte ja unbedingt seinen Dickschädel durchsetzen müssen!
Mit einem unguten Gefühl im Magen machte William sich auf den Weg zurück zur Falknerei.
Dass der neue Dorfpriester am Ostersonntag nicht zur Messe in der Kirche erschien, erregte Aufsehen. Zwar hatte man ihn bereits vermisst, doch kursierten Gerüchte, er sei zur Burg beordert worden. Dann wieder wurde behauptet, er sei zu der hübschen Köhlerin in den Wald gegangen, um ihrem Vater die Beichte abzunehmen und die Letzte Ölung zu erteilen. Es war sogar gelästert worden, der alte Köhler müsse eine Menge zu beichten haben, wenn der junge Priester so lange fortblieb, und manch einer verdächtigte den Kirchenmann gar, dem Liebreiz der Köhlerstochter erlegen zu sein, so sehr war man von seinem Vorgänger an Ausschweifungen gewöhnt. Als der Gottesmann aber am Ostersonntag nicht zur Kirche kam, waren die Dorfbewohner empört. Obwohl er sich seit seiner Ankunft vor wenigen Monaten nichts hatte zuschulden kommen lassen, schimpften alle auf ihn.
Zunächst hatte es so ausgesehen, als wäre er ganz anders als sein kürzlich verstorbener Vorgänger. Der alte Priester hatte mehr als ein Liebchen gehabt und war auf dem Lager der letzten nach dem Akt zusammengebrochen und verstorben. Eine gerechte Strafe, hatten die Dorfbewohner gemurmelt, aber laut hatte niemand etwas gesagt.
Nun jedoch, da der junge Kirchenmann so unerwartet verschwunden war, vermutete man auch ihn auf Abwegen und tuschelte hinter vorgehaltener Hand. Sorgen aber machte sich niemand. Alle dachten einzig an den Ostersegen, auf den sie nicht verzichten wollten. Als der Priester nicht auftauchte, beschlossen die Dorfbewohner, hinauf zur Burg zu gehen und den alten Pater John, der schon seit Urzeiten in Diensten des Burgherrn stand, um den österlichen Segen zu bitten.
Wie eine Schar Pilger, nur aufgekratzter und laut durcheinanderplappernd, wanderten sie zur Burg. Auch William und Robert waren dabei. Logan, der seit Nestas Tod keinen Fuß mehr in die Dorfkirche gesetzt hatte, war in der Falknerei geblieben.
Der Dorfälteste ging voraus, um der Burgherrin in Abwesenheit ihres Gatten das Anliegen der Dorfbewohner vorzutragen.
Als die ersten Bauern und Handwerker im oberen Burghof eintrafen, wurden sie von den nachkommenden weitergedrängt, bis ein Aufschrei des Entsetzens durch die Menge ging und, wohin man schaute, Kreuze über Stirn und Brust geschlagen wurden.
William und Robert schoben sich nach vorn, um zu sehen, was geschehen war.
Ein grauenvolles Bild bot sich ihnen: Triefend nass lag der Dorfpriester auf einem Holzkarren. Sein Kopf hing schief herab wie eine verwelkte Blume. Sein Gesicht war bleich und aufgedunsen, die Augen vor Schreck weit aufgerissen, flehend der Blick. Seine Kutte war über und über mit Schlick verschmiert. An seinem rechten Fuß fehlte die Sandale, und um einen der Knöchel waren Pflanzenreste geschlungen. An der Wade zog eine dunkle Schnecke mit hornfarbenem, spitzem Haus eine schleimige Spur hinter sich her.
William erschauderte.
Ein paar Frauen hoben zu lamentieren an, und Kinder begannen lauthals zu weinen.
Da fasste sich einer der beiden Knechte, die neben dem Karren standen und ihn vermutlich in den Hof gezogen hatten, ein Herz und verschloss zumindest die anklagenden Augen des Toten.
Doch das aufgeregte Tuscheln und Gemurmel schwoll an, bis Pater John mit einem weiteren Knecht im Hof erschien. Kruzifix und Rosenkranz in der einen Hand, einen Stock, auf den er sich zum Gehen stützen musste, weil ihn die Gicht plagte, in der anderen, schlurfte er auf den toten Priester zu.
»W er von euch hat gesehen, was geschehen ist? « , fragte er in die Runde. Als niemand antwortete, ging er um den Karren herum und betrachtete den Toten.
»E r ist ersoffen, das sieht man doch! « , rief jemand spöttisch aus der Menge. Es war einer von Odons Freunden. Grinsend, als
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