Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
nicht erschloss. Und da war noch etwas. Abgesehen vom Quietschen des Windrads erklang von irgendwoher eine rätselhafte Melodie.
Schließlich entdeckte Fi den dicken Magier neben einem Brunnen. Durstig leerte er eine Schöpfkelle mit Wasser, als wäre er ihnen stramm vorausgeeilt.
»Ah, da sind ja unsere Besucher!« Eine hagere Frau mittleren Alters trat aus dem großen Zelt. Sie trug ein viel zu weites Magiergewand und an ihrem Hals klimperten zahlreiche Schutz- und Glücksamulette. »Darf ich mich vorstellen?« Sie legte die Rechte auf die Amulette und verneigte sich freundlich. »Magistra Wogendamm.« Interessiert schob sie eine Haarsträhne beiseite, die ihr der Wind vor die Augen geweht hatte. »Sieh an, Erasmus hat nicht zu viel versprochen. In Eurer Begleitung, Käpt’n, befinden sich ja tatsächlich ein Elf und …« Sie betrachtete Nikks grünliche Haut und lächelte verzückt. »Ein Meermann!«
»Ich wäre froh, wenn ihr nicht so viel Aufhebens um unsere Gäste machen würdet«, brummte Koggs.
»Selbstverständlich.« Magistra Wogendamms Blick lag noch immer auf Nikk. »Hätte ich geahnt, wen ihr mitbringt, hätte ich mir natürlich etwas anderes angezogen.« Sie zupfte verschämt an ihrem Gewand und kicherte mädchenhaft. »Nicht ausgerechnet diesen Arbeitskittel.«
»Nikk, könntest du bitte deinen Meermanncharme zügeln«, zischte Fi leise.
Er warf ihr einen hilflosen Blick zu. »Ich mache gar nichts, ehrlich.«
»Ist Thadäus schon da?«, fragte Koggs.
»Nein, aber er müsste jeden Augenblick eintreffen«, erwiderte die Zauberin, ohne Koggs anzusehen. Stattdessen zwinkerte sie Nikk zu. »In der Zwischenzeit könnte ich Euch herumführen.« Sie hakte sich bei Nikk ein und führte den überrumpelten Meermann zu einem großen Fernrohr, das zwischen den Linden stand und auf die andere Flussseite ausgerichtet war.
»Das ist wirklich nicht nötig.« Nikk fühlte sich offensichtlich unbehaglich.
»Nur zu!«, rief Fi schadenfroh. »Nikk und ich sind sehr interessiert an Euren Arbeiten.«
»Nikk ist also Euer Name. Wie reizend.« Die Zauberin musterte den Unglücklichen von oben bis unten. »Nun, Nikk, dann werft doch mal einen Blick hindurch.« Sie schob den Meermann vor die Linsenkonstruktion. »Von hier aus beobachten wir nämlich die Mauersegler. Ihr kennt doch Mauersegler?«
»Na ja …« Nikk sah kurz durch das Fernrohr.
»Ich Dummerchen.« Magistra Wogendamm schüttelte den Kopf. »Vögel sind Tiere der Lüfte und sie verhalten sich ein bisschen wie Fischschwärme, wenn Ihr versteht.«
»Ich weiß, was Vögel sind«, meinte Nikk ungnädig.
Fi spähte nun selbst durch das Fernrohr. Deutlich zeichnete sich die von dunklen Wolken umrahmte Burgruine am gegenüberliegenden Elbufer ab. Schwalbenartige Vögel sausten durch die Luft. »Was ist das eigentlich für ein Gemäuer?«, wollte sie wissen.
»Das ist die Ruine der einstigen Hammaburg«, brummte Koggs. Ungeduldig sah er zum Himmel auf, als hoffte er, Magister Eulertin dort oben ausmachen zu können. »Von ihr hat die Stadt ihren Namen.«
»Wir interessieren uns mehr für die Vögel, die dort nisten«, erklärte Magistra Wogendamm. »Aus ihrem Verhalten kann man auf heranziehende Kälteeinbrüche und Schlechtwetterfronten schließen. Im Moment zieht von Norden ein Gewitter herauf, das sich schon bald über Hammaburg austoben dürfte. Die Gelegenheit, unsere neuen magischen Wetterkerzen zu testen.« Sie griff unter ihr Gewand und präsentierte zwei Kerzen aus grauem Wachs. »Wir haben ein Rezept der Wettermacher aus Regensburg modifiziert, um sie anzufertigen. Wenn man sie entzündet, kann man mit ihnen Gewitter vertreiben. Ist das nicht fantastisch?« Die Zauberin klatschte begeistert in die Hände. »Allerdings befinden sich diese Kerzen noch in einem experimentellen Stadium.«
»Und was heißt das?«, fragte Nikk höflich, aber nicht sonderlich interessiert.
»Nun ja, bei dem stürmischen Wind, den jedes Gewitter mit sich bringt, gehen sie leider immer wieder aus. Und in einer Laterne wirken sie nicht.«
»Klingt ja sensationell«, brummte Koggs.
»Und was ist das?« Fi deutete mit fragendem Blick auf einen Holzzuber neben dem Fernrohr, der zur Hälfte mit schwarzem Schlamm gefüllt war. Eine fast vier Schritte hohe Eisenstange steckte kerzengerade darin.
»Ach das.« Magistra Wogendamm räusperte sich. »Das ist unser Zuchtbecken für Gewitteregel. Nur ihnen haben wir es zu verdanken, dass wir hier überhaupt tätig sein
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