Der silberne Traum - Die Chroniken der Nebelkriege ; 4
verlassen, sondern eine weitere Heilkundige, die mein vollstes Vertrauen genießt, um eine Expertise gebeten. Aber das bleibt bitte unter uns. Ihr Name lautet Amabilia. Durch sie bin ich darauf gestoßen, um welches Gift es sich gehandelt haben könnte, nämlich Krakenblei!«
»Krakenblei?« Nikk beugte sich besorgt vor. »Krakenblei gilt als verflucht. Angeblich lagert es sich in den Schnäbeln mancher Riesenkalmare ab. Die Flutzauberer der Humeriden stellen daraus Amulette her, gegen die sogar die Zauber meines Volkes machtlos sind.«
»Seht Ihr!« Eulertin schürzte bitter die Lippen. »Hier auf dem Kontinent bedienten sich vor ein paar Jahren einige Seehexen dieses Mittels, um sich ihrer Feinde zu entledigen. Und ich frage mich schon die ganze Zeit, wie Finsterkrähe an dieses Krakenblei herangekommen sein könnte.«
»Also eine Vergiftung?«, ächzte Nikk.
Der Däumling fuhr sich nachdenklich über den Bart. »Fassen wir zusammen: Morgoya hat einen Pakt mit dem Volk der Krebsigen geschlossen. Morbus Finsterkrähe hat es irgendwie geschafft, an Krakenblei heranzukommen. Ach ja, und vergessen wir nicht Mort Eisenhand, der ausgerechnet jetzt wieder auf dem Nordmeer sein Unwesen treibt. Das sind mir ein paar Zufälle zu viel. Wenn ihr mich fragt, deutet all das auf unheilvolle Allianzen hin, die vom Festland bis tief in die See reichen.«
»Dann glaubt Ihr, dass ein Angriff auf den Meerpalast bevorsteht?«
»Ich weiß es nicht, Königliche Hoheit.« Magister Eulertin lief wieder auf und ab. »Aber nach meinem Gefühl braut sich über unseren Köpfen ein Sturm zusammen.« Der Winzling blieb stehen. »Ihr solltet wissen, dass ich nach Jada’Maar gekommen bin, weil ich Morbus Finsterkrähe schon eine Weile nachstelle. Ohne Zweifel gehört der Hexenmeister zu den mächtigsten Agenten Morgoyas auf dem Kontinent und ich bin davon überzeugt, dass die Nebelkönigin ihn bestens mit den ihr zur Verfügung stehenden Machtmitteln ausgestattet hat. Finden wir ihn, dann finden wir vielleicht auch heraus, was in Eurem Reich vor sich geht.« Eulertin lachte freudlos. »Fast wäre es mir gelungen, ihn zu stellen, doch er konnte mich überlisten. Und leider nicht nur das: Bei der Gelegenheit hat er ein magisches Artefakt aus meinem Besitz erbeutet. Den Kristallsplitter aus der Krone eines Riesen, der ihn dazu befähigt, den Nordwind zu kontrollieren, den machtvollsten der sechs Winde des Nordmeers. Seitdem hat Finsterkrähe seine Spuren verwischt.«
Hinter der Fensterfront war heftiges Flügelschlagen zu hören. Fi entdeckte Kriwa, die beiläufig nach der Rempelspinne schnappte und sich anschließend durch die Fensteröffnung drängte. »Ah«, sagte sie schmatzend. »Ich sehe, ihr habt euch schon miteinander bekannt gemacht.«
»In der Tat, das haben wir«, begrüßte sie der Däumlingszauberer.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Nikk kämpferisch. »Ihr solltet wissen, dass auch mein Vater über große Macht verfügt. Mit seinem Dreizack gebietet er nicht nur über die Gezeiten. Wenn Morgoya es wagt, unser Reich anzugreifen, wird er sie und ihre Verbündeten zerschmettern!«
»Wir wissen nur nicht, wie handlungsfähig Euer Vater im Augenblick noch ist.«
Nikk wurde blass. »Sobald die Händlerinnen meines Volkes in Jada’Maar eintreffen, werde ich eine von ihnen mit einer Nachricht zum Wogenpalast zurückschicken. Mein Onkel Effreidon muss unbedingt über Euren Verdacht unterrichtet werden, dass mein Vater mit Krakenblei vergiftet worden sein könnte.«
»Ja, das scheint mir mehr als ratsam«, stimmte ihm der Däumling zu.
»Wieso überbringst du ihm die Nachricht nicht persönlich?«, wollte Fi wissen.
»Das kann ich nicht riskieren«, antwortete Nikk. »Was, wenn mein Vater doch an den Nauplius-Blattern erkrankt ist? In diesem Fall würde ich mir mein Leben lang Vorwürfe machen, die Suche nach dem Lingustentang leichtfertig abgebrochen zu haben. Nein, ich kehre erst zurück, wenn ich das Heilmittel in Händen halte oder die Gewissheit habe, dass tatsächlich Krakenblei die Ursache ist.«
»Ich sehe da noch eine weitere Möglichkeit«, meinte Eulertin. »Doch bevor ich darauf zu sprechen komme, möchte ich noch in einer anderen Angelegenheit Klarheit gewinnen.« Zu Fis Verwunderung sah der Däumling jetzt zu ihr auf. »Im Laufe meines Lebens bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass das Unendliche Licht alles zu einem großen Muster verwebt. Man muss dieses Muster nur erkennen.«
Die Elfe sah dem Däumling
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