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Der Simulator

Der Simulator

Titel: Der Simulator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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nichts zu bedeuten. Samantha hatte mir bestätigt, dass es in seinem Belieben lag, mich seine Anwesenheit spüren zu lassen. Wann immer er wollte, konnte er sich unbemerkt aufschalten. War es ihm danach, konnte er es so schmerzhaft machen, dass ich bewusstlos geworden wäre.
    Als ich einmal stolperte, ergriff Samantha meine Hand und fragte mich, ob es soweit sei. Ich schüttelte den Kopf. Sie schien sich mehr Sorgen zu machen als ich selbst.
    Unterwegs erläuterte ich ihr meinen Plan. Ich hatte vor, bis zur Pressekonferenz vorzudringen, um den versammelten Medien die Wahrheit zu sagen. Nicht die Wahrheit über unsere Welt natürlich, aber ich wusste über Sinex und Kowalski genug, um mit etwas Glück sein Ende herbeizuführen. Sein politisches zumindest, und diesem würde dann früher oder später unweigerlich auch sein wirtschaftliches folgen.
    Irgendwann unternahm ich einen letzten Versuch, Samantha zu überzeugen, sich rechtzeitig zurückzuziehen, sollte unsere Aktion scheitern.
    »Ja, ich werde zurückgehen«, antwortete sie, »aber nur, um wieder zurück zu kommen. Ich muss noch einmal in den Kontrollraum, um eine Einstellung vorzunehmen. Eine kleine Änderung am Transferprogramm. Klein, aber groß genug, um mir jegliche Rückkehr zu verwehren.«
    »Du willst den Modulator überlasten?«
    »Ja, Marc, das ist einzige Möglichkeit. Sonst holt man mich zwangsweise zurück kurz vor dem ... Ende.«
    Ich hatte darauf gebaut, man würde es tun, täte es genauso, wie wir es hier unten getan hätten, um einen der unseren zu retten.
    »Das...«
    »Doch Marc, das muss sein. Nichts und niemand kann mich davon abbringen.«
    In der wirklichen Welt würde sie sterben, kurze Zeit später auch in der unseren. Ein doppelter Tod. Ich würde den Menschen, den ich liebte, gleich zweimal verlieren.
    »Samantha«, ich nahm ihre beiden Hände. Draußen rasten grüne Felder vorbei, dazwischen lange Schallschutzmauern, wenn wir eine Ortschaft passierten. »Diese Welt ist es nicht wert, mit ihr unterzugehen. Ich bin es nicht wert. Schau, du bist wirklich, du bist ein echter Mensch – ihr nennt euch doch auch Menschen, nicht wahr?« Ich lächelte. »Wir dagegen sind nichts. Wir haben kein Fleisch und kein Blut, wir haben nicht einmal eine Seele.«
    »In meinen Augen hat jedes Wesen eine Seele, in meinen und in Gottes Augen.«
    »Ich wusste nicht, dass du an Gott glaubst.«
    »Sind die Simulatoren denn nicht Beweis genug?«
    »Die Simulatoren?«
    »Warum sollten wir die einzigen sein, die eine Welt erschaffen können? Es ist kompliziert, ich weiß, aber möglich. In einiger Zeit könnten wir eine viel komplexere Welt erschaffen, ein ganzes Universum. Ein richtiges Universum.« Sie küsste mich. »Ich glaube fest daran, dass auch die höhere Wirklichkeit nur eine Stufe auf dem Weg nach oben ist.«
    »Du glaubst also, ich habe eine Seele?«
    »Ja, du hast eine Seele, vor allem du.«
    Das hatte etwas Tröstliches, auch wenn ich und sie, wenn wir alle nur noch wenige Stunden zu leben hatten.
    Das Sinex-Hochhaus leuchtete in der Mittagssonne. Als wir uns näherten, erschien es mir fremd. Mir war, als sei es eine Ewigkeit her, dass ich dort oben in meinem Büro gesessen hatte. Und im Keller stand der Simulator, unser dummes Spielzeug, unsere kleine Maschine, die zu einer Weltuntergangsmaschine geworden war.
    Ich verfluchte sie, verfluchte Blinzle und seine Theorien, verfluchte mich selbst, meinen Enthusiasmus, der zu immer neuen Verbesserungen geführt hatte, meine Arbeit, ohne die der Simulator vielleicht nie zu einer Bedrohung unserer Welt geworden wäre.
    Aber konnte ich mich tatsächlich selbst dafür verantwortlich machen? War ich nicht dazu programmiert worden? Hätte ich die Freiheit gehabt, mich anders zu entscheiden?
    Marc Lapierre hatte versagt, erkannte ich jetzt. Nicht ich, sondern das Vorbild, der große Steuermann. Er hatte mich in einem Anflug von Narzissmus nach seinem Ebenbild erschaffen und damit ungewollt die Arbeit am kleinen Simulator vorangetrieben. Und damit hatte er seinem eigenen Werk den Todesstoß versetzt. Er hatte sich selbst geschlagen. Diese Erkenntnis bereitete mir eine tiefe Genugtuung.
    Ab Ziegelhausen mussten wir zu Fuß weiter, und ich begann mir Sorgen zu machen, ob wir es rechtzeitig in die Sinex-Zentrale schafften. Es gab keine E-Busse, keine Taxen. Überall stand Polizei. Jeder, der wie ein Interviewer aussah, wurde kontrolliert und zurückgehalten. Es hatten sich überall Grüppchen gebildet, die lauthals

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