Der Skandal (German Edition)
möglich nach Hause fahren und Heather bitten, dir ein Alibi zu geben. Und wenn es sein muss – auf Knien!«
Bei der Vorstellung, Heather um etwas zu bitten, verspürt Ochs Übelkeit. »Nein, auf gar keinen Fall!«
Frank knöpft sein Jackett zu. Man könnte glatt denken, er ist der Gouverneur, denkt Ochs. »Weißt du, was dein Fehler ist, Carl? Du unterschätzt deine Gegner. Und die Polizei ist schneller, als du denkst. Irgendwann kann ich nichts mehr für dich tun, Carl.« Er geht und wirft die Tür hinter sich zu.
Ochs hat das Gefühl, als wäre er auf einmal ganz allein, als hätten sich alle von ihm abgewandt.
Er überlegt, ob er zu Heather fahren und es wirklich versuchen soll. Um diese Uhrzeit ist sie sicher schon zurück von ihrem Yoga – oder was sie gerade macht.
Und je länger er darüber nachdenkt, desto klarer wird ihm, dass er es tun muss . Er hat keine andere Chance. Frank hat recht.
Er will gerade seinen Mantel aus dem Schrank nehmen, da meldet seine Sekretärin einen Besucher.
Captain Ruth Muller steht im Zimmer.
Na großartig, das passt ja wunderbar, denkt Ochs und bringt lächelnd eine Begrüßung zustande.
»Ruth, was verschafft mir die Ehre?«
Ihre Hand ist kalt – genauso wie ihr Blick. Trotzdem überlegt er kurz, ob er es auf die charmante Art versuchen soll. Aber Muller wirkt schroff wie ein Eisberg, und er entscheidet sich anders.
»Haben Sie den Mörder meines Fahrers gefunden?«, fragt er ohne Einleitung. Er deutet auf den Besuchersessel.
Sie setzt sich, ohne vorher den Mantel abzulegen, aber es sieht nicht so aus, als wollte sie gleich wieder gehen.
»Wir ermitteln noch.«
Er schüttelt den Kopf. »Und, haben Sie über mein Angebot nachgedacht?«
»Dieses Mal habe ich Ihnen ein Angebot zu unterbreiten. Am besten nehmen Sie Platz, Gouverneur Ochs.«
»So offiziell? Wollen Sie mich etwa zum Präsidentschaftskandidaten vorschlagen?«
Ihr Lächeln kommt unterkühlt, und wie immer verunsichert es ihn. Höflich fragt er: »Kaffee? Tee? Oder etwas Stärkeres – Captain?«
Sie lehnt ab, ihre Miene bleibt ausdruckslos. An dieser Frau kann man sich die Zähne ausbeißen.
»Springsteen«, fängt sie an. »Sagt Ihnen der Name etwas?«
In seinem Kopf laufen verschiedene Szenarien ab. Niemand wusste etwas von der Begegnung. Hat es doch einen Augenzeugen gegeben? Und, verflucht noch mal, wie kommt sie auf ihn?
Er setzt schon zu einem Grinsen an, weil er sich dumm stellen will, doch Muller macht ihm mit ihrem Blick klar, dass sie ihm sowieso nicht glaubt.
»Ich habe es in der Zeitung gelesen, aber … Ich dachte, Sie kommen wegen Tony«, bringt er seufzend heraus und überlegt, was sie wissen könnte. Muller lässt sich verdammt viel Zeit, und ihr Blick gefällt ihm gar nicht.
»Wir haben in seiner Wohnung Hinweise darauf gefunden, dass er sich mit Ihnen beschäftigt hat«, sagt sie, während sie die Fotos auf seinem Regal betrachtet.
»Er war schließlich Journalist, nicht wahr?« Lass sie mal kommen, denkt er. Aber Muller wirkt unbeeindruckt.
»Er behauptet«, redet sie weiter, »Sie hätten sich persönlich an der Wiedereröffnung der Neodym-Mine bei Ashland bereichert.«
»Das ist geradezu …«, fängt er an, aber sie fällt ihm ins Wort.
»Er beschuldigt Sie weiterhin, die Erstellung eines gefälschten Gutachtens forciert zu haben.«
»Das ist eine ungeheuerliche Unter …«
»Er bringt Sie auch mit dem Mord an Tim Andersson in Verbindung, das ist der Therapeut der Ehefrau des Gutachters.«
»Captain, hören Sie …!«, versucht er, sie zu unterbrechen, aber es gelingt ihm nicht.
»Es ist bekannt, dass es eine Auseinandersetzung zwischen Ihnen und Springsteen gab.«
Nein, wie das Gespräch verläuft, das gefällt ihm überhaupt nicht. »Wir hatten unlängst eine kleine Meinungsverschiedenheit auf der Toilette …«, räumt er ein.
»Und dabei haben Sie ihm das Nasenbein gebrochen«, sagt sie in spöttischem Ton.
»Was? Das hat er behauptet?« Ochs schnauft verächtlich. »Wissen Sie, die Leute glauben, sie könnten einen fertigmachen mit solchen Lügen. Das kennen Sie doch zur Genüge, Ruth, nicht wahr? Wie oft werden Sie persönlich oder die Polizei für etwas verantwortlich gemacht, mit dem Sie gar nichts zu tun haben!«
»Wo waren Sie nach dem Konzert?«
Er sieht sich in dem Augenblick wieder im Jacob’s House , wie er Muller ein Glas Champagner reicht. Da war alles noch in Ordnung. Tony war noch am Leben und dieser verdammte Springsteen auch.
»Das fragen
Weitere Kostenlose Bücher