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Der Skandal (German Edition)

Der Skandal (German Edition)

Titel: Der Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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aufgeregt hin und her, was er eigentlich schon lange nicht mehr macht. Und ich guck schließlich hoch, und was seh ich? Eine schwarze Wolke. Aber sofort war mir klar, dass es keine Wolke sein konnte, denn dieses Ding hat geflattert und sich schnell bewegt. Vögel, hab ich gedacht, das sind ja Hunderte von Vögeln! Wir sind losgelaufen und haben uns hinter einem Felsen versteckt, dann erst hab ich noch mal hingesehen. Sie sind vom Himmel geprasselt. Es war unglaublich!«
    »Was, Eric? Was ist vom Himmel geprasselt?«
    »Die schwarzen Vögel! Sie sind runtergefallen, als wären sie plötzlich in Steine verwandelt worden!«
    »Und was hast du in dem Moment gedacht?«
    »Ich hab gebetet. Laut gebetet. Und da hat Gott zu mir gesprochen.«
    »Wirklich? Was hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt: Das ist erst der Anfang. Es werden noch viel schlimmere Dinge geschehen, wenn ihr mich nicht achtet. Die Flüsse werden sich vor euch erheben, und die Meere und die Berge werden wanken, die Erde wird sich auftun, und heiße Lava wird sich über alles sündige Menschenwerk ergießen!«
    »Das ist eine gewaltige Prophezeiung.«
    »Ja, das ist es.«
    »Danke, Eric, dass du uns an deinem Erlebnis hast teilhaben lassen. Lasst uns beten. Es ist an der Zeit, dass sich die Menschheit besinnt, damit …«
    Das Zittern ist zu einem Schwanken geworden. Allmählich ist Harpole sich sicher, dass er es sich nicht einbildet. An der Tür rüttelt der Wind, und das Licht flackert.
    Harpole steht auf und zieht sich eilig an. Dann öffnet er vorsichtig die Tür. Der Wind reißt sie ihm aus der Hand und bläst ihm eine Wand aus Schnee entgegen. Der Schnee hat schon längst die Treppe bedeckt. Ein dichter weißer Vorhang aus Schnee weht vor den Scheinwerfern, die das Gelände beleuchten. Aber die Erde wankt nicht mehr. Er schaut zum Büro hinüber, und da sieht er etwas vom Himmel stürzen, einen gewaltigen Schatten.
    »Himmel …«, murmelt er. Seine Stimme wird vom Wind weggetragen. Angst erfasst ihn, dennoch rennt er los, mitten durch die Schneewehen, er versinkt bis zu den Hüften, gräbt und rudert sich frei und kämpft sich weiter, immer weiter zu dem Bergrücken am Rande der Mine, dorthin, wo der Schatten vom Himmel gestürzt ist. Er keucht, seine Kehle brennt, und seine Lunge droht zu bersten, aber er muss weiter, er muss diesen Schatten suchen und herausfinden, was es ist.
    Und endlich steht er dort, wo sich das weite weiße Schneefeld erstreckt. Es ist nicht mehr weiß, sondern schwarz, bedeckt von etwas riesenhaftem Schwarzen.
    »Gott«, murmelt Harpole, »steh mir bei …«
    Ganz langsam geht er auf dieses Schwarze zu, während sein Herz in den Ohren pulsiert.
    Noch vor sieben Uhr ist Christina losgefahren. Kaffee und einen Muffin hat sie sich an der erstbesten Tankstelle besorgt, ein Fehler, sie hätte einen Perkins abwarten und sich einen Blaubeer–Muffin holen sollen.
    Jetzt hat sie schon zwei Stunden Fahrt hinter sich.
    Der Anruf ihrer Mutter hat den peinlichen Moment, der dem Aufwachen folgte, verkürzt.
    Jay ist aus dem Koma aufgewacht, hat ihre Mutter ohne Einleitung gesagt, und Christina ist aus dem großen Bett gesprungen, hat hastig geduscht und sich angezogen.
    Sie war so aufgeregt, dass sie kein Wort über die letzte Nacht verlieren musste, und Pete war wohl auch froh darüber. Als Fred fragte, ob sie denn nichts vom Erdbeben mitbekommen hätten, wusste Christina einen Augenblick lang nicht, ob das eine Anspielung sein sollte.
    Pete zog die Augenbrauen hoch und fragte: »Erdbeben?«
    Fred zeigte ihnen die Nachricht im Internet. Das Epizentrum lag in der New Madrid Seismic Zone. In einer der aktivsten Erdbebenzonen der USA.
    »Na ja, hier oben ist ja nichts passiert, aber in Chicago hat’s ’nen ganzen Highway verschoben.«
    Pete murmelte irgendetwas und öffnete ihr die Tür. Er half ihr noch, ihren Wagen vom Schnee zu befreien. Der Blizzard hatte nicht allzu sehr gewütet und war schon in der Nacht weitergezogen. Ein paar Äste hat er von den Bäumen gerissen, aber keine größeren Schäden angerichtet.
    »Fahr vorsichtig«, hat Pete ihr noch gesagt und ihr einen Kuss auf die Wange gedrückt. Sie hat knapp genickt und nur an Jay gedacht.
    Doch jetzt, als Christina Ashland hinter sich gelassen hat, taucht die vergangene Nacht in ihrer Erinnerung auf. Sie hat es genossen, ja, so lange schon hat sie sich körperlich nicht mehr fallen lassen, so lange schon hat sie keinen anderen Körper mehr so nah gespürt. Aber es war auch eine

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