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Der Skandal (German Edition)

Der Skandal (German Edition)

Titel: Der Skandal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Sorgen machen.« Harpole setzt ein zuversichtliches Lächeln auf. »Geh wieder an die Arbeit, wir haben ein Auge drauf.«
    Keith nickt, und Harpole sieht hinter seinem Vorarbeiter her, wie der mit schwerem Schritt durch den Schnee hinüber zu den Baggern und Kränen geht.
    Harpole macht einen Schritt über den Riss im Asphalt.
    Neuschnee hat ihn zugedeckt, aber er ist immer noch zu erkennen. Er bückt sich und schiebt mit den Händen den Schnee zur Seite. Täuscht er sich, oder ist er breiter geworden?
    Er streift die Handschuhe ab und tastet mit den Fingern die Abbruchkanten ab. Der Riss ist tief, eigentlich ist es schon ein Spalt, seine ganze Hand verschwindet darin, als ginge die Öffnung ganz tief hinunter, bis in die Hölle. Und plötzlich glaubt er wieder DIE STIMME zu hören. Noch ganz leise und weit weg …
    Christina hat mindestens eine rote Ampel und eine dunkelgelbe überfahren und eine Einbahnstraße ignoriert. Sie hat einem silberfarbenen Chevrolet an der Klinikeinfahrt die Vorfahrt genommen und einer älteren Frau in einem weißen Ford die Parklücke vor dem Eingang weggeschnappt. Komplikationen , hat Dr. Joffe gesagt, das Wort hört sich an wie ein Todesurteil.
    Als sie durch den Eingang stürmt, stößt sie fast einen Patienten um, der mit seinem Gehwagen im Weg steht. Ihre gemurmelte Entschuldigung hört er wahrscheinlich nicht, denn sie ist schon bei den Aufzügen und drängelt sich an den Wartenden vorbei nach vorne.
    Plötzlich hört sie, dass jemand ihren Namen ruft. Sie dreht sich um.
    Er kommt mit schnellen Schritten auf sie zu. Offenbar hat er in einer der Sitzgruppen auf sie gewartet.
    »Wie oft muss ich dir noch auf die Mobilbox sprechen?« Pete starrt sie sekundenlang an – zu lange, denn sie hört nur noch, wie sich die Aufzugstüren schließen.
    »Was ist denn mit dir passiert?« Sein entsetzter Blick tastet ihr Gesicht ab, da spürt sie wieder die Blutergüsse und Abschürfungen und Prellungen.
    Sie winkt ab und ärgert sich, dass sie den Aufzug verpasst hat. »Ich muss rauf …«, sagt sie ungehalten und wendet sich ab.
    »Warte!« Er fasst sie grob an der Schulter. »Wenn du mir nicht sagen willst, was mit dir los ist, dann hör mir wenigstens zu: Sandra ist verschwunden.«
    Erst da fällt ihr auf, wie er aussieht, unrasiert und übermüdet. »Sie geht nicht ans Telefon! Das Auto ist weg … ein Koffer … ihre Sachen …«
    Eine von Sandras Freundinnen hat ihn am Morgen angerufen und ihm besorgt berichtet, dass Sandra zu ihr kommen wollte, dass sie aber nicht angekommen ist und sich auch nicht mehr gemeldet hat.
    »Und warum hat sich diese Freundin nicht früher bei dir gemeldet? Hat sie denn nicht versucht, Sandra zu erreichen?«
    »Doch. Aber sie wollte mich nicht gleich anrufen, um mich nicht zu beunruhigen. Sie hat gedacht, Sandra würde sich aus irgendeinem Grund verspäten.« Sein Gesicht ist zerfurcht, als hätten sich die Falten erst letzte Nacht eingegraben. Er hat Angst, richtig Angst, dass Sandra etwas zugestoßen ist. Aber da ist noch etwas anderes.
    »Was verheimlichst du mir, Pete?«
    »Ich? Ich hab dir alles gesagt, ich …«, stammelt er mit einem hilflosen Lächeln.
    »Okay, Pete, ich sag dir, was du mir verheimlichst: Dein Institut läuft mies. Dein Schwiegervater hat dich schon ein paarmal vor dem Bankrott gerettet. Was hat Sandra eigentlich dazu gesagt?«
    Auf einmal ist da wieder die Wut, weil er ihr keinen reinen Wein eingeschenkt hat. Sie steht ganz nah vor ihm und sieht ihm direkt in die Augen. »Ich wette, du kannst mir auch erklären, warum es keine Akte gibt.«
    Innerhalb weniger Augenblicke spiegelt sein Gesicht Wut, Angst, Misstrauen, Hoffnung, Enttäuschung – und Panik, aber er sagt nichts, und sie verliert die Geduld.
    »Wenn du mir nichts sagst, Pete, kann ich dir auch nicht helfen.«
    Wie auf ihr Stichwort öffnen sich die Aufzugtüren hinter ihr, und sie steigt ein. Er macht einen Schritt auf sie zu.
    »Chris!«, ruft er, und sie lässt sich dazu hinreißen, den Knopf zu drücken, der die Aufzugtüren offen hält. Er hebt die Schultern und lässt sie wieder fallen. »Es tut mir leid … aber … ich weiß wirklich nichts.«
    Warum glaubt sie ihm das nicht? Will sie ihm nicht glauben, weil damit ein Stück Hoffnung erlischt, dass das Verschwinden von Sandra mit dem Mord an Tim zu tun hat?
    Die Türen schließen sich, und sie fragt sich, wie es überhaupt zu dieser Situation im Motel kommen konnte. Warum ist sie nur so blind gewesen? Pete hat sich

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