Der Skandal (German Edition)
Bücherregal.
»Hier!« Ochs zeigt auf eines der ungefähr zwanzig gerahmten Fotos, darunter Schnappschüsse, die ihn zusammen mit Kindern, Sportstars und mit Expräsidenten zeigen. »Und das ist meine kleine Patentochter Sophia! Ist sie nicht süß? Wie stolz sie mal auf ihren Daddy sein wird, wenn er Chief of Police ist!«
Milosz gibt ein missgelauntes Grunzen von sich.
Ochs übergeht es und klopft dem kleineren Milosz auf die Schulter mit den goldenen Streifen. »Stan, ich nehm mir den Jungen zur Brust.«
Milosz wirkt einigermaßen besänftigt, sodass Ochs auf die Uhr sehen und sagen kann: »Tut mir leid, ich hab gleich einen Termin. Gut, dass du persönlich zu mir gekommen bist, Stan.«
»Ich dachte, es ist das Beste, wenn …«
»Genau.« Ochs nickt.
Er hat Milosz schon zur Tür begleitet, da fällt ihm etwas ein. »Was hältst du davon, wenn ich Muller einen angesehenen Posten anbiete, irgendwo – aber ohne besondere Befugnisse?«
Milosz hebt die Brauen. »Ruth Muller ist eine von Ehrgeiz zerfressene … Zicke! Sie würde niemals ein solches Angebot annehmen! Nein, denk dir was Intelligenteres aus!«
Energisch setzt Milosz seine Mütze wieder auf, sie macht ihn noch ein bisschen gedrungener. »Zuerst kümmerst du dich um Brewer.«
Ochs klopft ihm ermutigend auf den Rücken. »Wir dienen diesem Land, Stan. Und dieses Land hat es verdient, dass es von den Richtigen gelenkt wird.«
Obwohl Christina es sich verboten hatte, muss sie doch immer wieder an Aaron denken. Wie er sie gehalten hat. Wie sich seine Hand auf ihrer Wange anfühlte. Aber Mullers Äußerung geht ihr nicht aus dem Kopf. Das muss sie klären. Und deshalb hat sie ihn noch vom Parkplatz oben am Mitchell Park aus angerufen.
Als er jetzt zu ihr ins Auto steigt, versucht sie, sich ihre Befangenheit nicht anmerken zu lassen.
»Verdammt kalt«, sagt er und vermeidet es, sie anzusehen. »Soll die nächsten Tage auch noch so bleiben.« Sie wartet, bis er sich angeschnallt hat, und fährt los. Das Fahren beruhigt sie, und es hilft ihr hoffentlich, einen Anfang zu finden.
Das Hinweisschild – eine halbe Meile bis zur Ausfahrt auf die 43er Interstate nach Green Bay – fliegt vorbei, und erst als sie das Schild mit der Viertelmeile schon sieht, fängt sie an: »Ich hab gerade mit Muller gesprochen. Hast du ihr irgendwas erzählt? Dass ich in Ashland war, zum Beispiel?«
Erstaunt sieht er sie an. »Wie kommst du auf so was?«
»Sie hat eine Andeutung gemacht.«
»Muller.« Er schüttelt den Kopf. »Muller ist eine Intrigantin.«
»So was Ähnliches hat sie auch von anderen behauptet.«
»Und du glaubst ihr? Chris!«
»Vielleicht hat Muller sich hinter meinem Rücken mit dir verbündet? Vielleicht hat sie dir Hoffnungen gemacht auf eine Beförderung, wenn du sie über mich auf dem Laufenden hältst? Vielleicht …«
»Chris! Hör auf!«
»Ich hab recht, oder?« Warum sagt er nichts? »Oder?«, fragt sie noch mal.
»Fahr an die Seite! Los! Halt an!«
Sie hält so abrupt auf der Standspur, dass die Sicherheitsgurte blockieren.
»Okay. Ich hab angehalten.« Sie schauen einander an, unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen.
Christina spürt, wie ihre Wut versiegt. Sie fühlt sich nur noch furchtbar allein.
»Drei Dinge, Chris«, fängt Aaron an. »Erstens: Muller hat mir nichts versprochen. Zweitens: Ich hab ihr nichts gesagt wegen Ashland.«
»Und drittens?«
»Drittens: Was muss ich noch machen, damit du mir vertraust?«
Autos fahren vorbei, die Ampel an der Kreuzung vor ihnen schaltet auf Rot.
Vertrauen. Sie hat Tim vertraut. Nur ihm. Und früher einmal hat sie Pete vertraut. Aber Pete hat sie betrogen, und Tim ist tot.
»Weiß Muller, dass du dich mit mir triffst?«, fragt sie.
»Nein.«
Sie überdenkt ihre Lage.
»Gut«, fängt sie schließlich an, »ich weiß nicht, ob und wie tief Muller mit in der Sache steckt. Auf ihrer Party hat sie sich glänzend mit Charles Frenette, dem CEO von Polycorp , verstanden. Und ihr Mann baut den Think Tank neben der Mine. Er wird damit Millionen verdienen. Tims Tod muss irgendwas mit der Mine zu tun haben. Muller benutzt mich, da kann sie nach außen hin so tun, als wüsste sie von nichts.«
»Und was willst du jetzt tun?«
»Eigentlich hab ich immer ein Programm laufen. Immer einen Plan B oder C … aber …« Sie merkt, wie ihr Widerstand immer weiter zusammenbricht. »Verdammt! Ich könnte … Ich bin …«
»Du hast einen Schock erlitten, das ist doch ganz normal …«, erwidert
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