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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Schmeichler!«
    Er wandte leicht den Kopf und schob den Helm über die zerzausten Haare. Der Riemen hing lose herab. »Nun, es stimmt, es sind keine Frauen hier, um mir diesen Fehler auszutreiben. Ich würde sogar eine Querdidra-Stute umschmeicheln, wenn ich könnte.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber sie spucken. Spuckt Ihr? Nein? Das habe ich auch nicht angenommen.« Dann folgte das wirkliche Kompliment, aber so raffiniert, daß sie nicht einfach das Thema wechseln und es beiseite schieben konnte. »Hokanu ist ein Mann mit scharfem Verstand und gutem Geschmack, sonst hätte Isashani ihn mitsamt seinen Fragen gleich zur Tür hinausgeworfen, da könnt Ihr sicher sein.«
    Das Geschenk, das dann später kam, war ein Armband aus Kupfer in der Form eines fliegenden Shatra-Vogels mit einem einzelnen Smaragd. Es war atemberaubend schön und extra für sie gemacht, und es mußte mehr als eine halbe Patrouille von Cho-ja gekostet haben, selbst wenn solche Krieger in der Ausübung ihrer Pflicht sterben mochten. Mara legte das Schmuckstück zurück in das mit Samt ausgelegte Kästchen, in dem es gebracht worden war. »Warum tut er das?« fragte sie laut, weil sie sich allein glaubte.
    Kevins Stimme erklang hinter ihr, und sie fuhr zusammen. »Chipino bewundert dich, um deiner selbst willen. Er möchte, daß du das weißt.«
    Mara runzelte die Stirn. »Der Lord der Xacatecas? Warum sollte er mich bewundern? Er zählt zu einer der Fünf Familien und hat im Kaiserreich eine hohe Position. Was erhofft er sich von einem Haus, das von den Minwanabi bedroht wird?«
    Kevin schüttelte in einem leichten Anfall von Ungeduld den Kopf und ließ sich auf dem Kissen neben ihr nieder. Er schob die vollen, losen Haare beiseite und begann ihre Schultern zu massieren. Mit einem leisen Seufzer gab Mara sich dieser Fürsorge hin und spürte erst jetzt, als sich die Anspannung langsam löste, wie verkrampft sie gewesen war. »Warum sollte er?« wiederholte sie.
    Kevin nahm ihr Kinn in seine Hände. »Weil er dich mag. Nicht, weil er es auf dich abgesehen hätte – obwohl ich wetten würde, daß er einer kleinen, heimlichen Tändelei nicht abgeneigt wäre, wenn er von dir etwas Entgegenkommen erwarten könnte. Aber er hat es nicht direkt auf dich abgesehen, auch nicht auf dein Haus oder was er möglicherweise im Großen Spiel bekommen könnte. Lady, nicht alles im Leben ist mörderische Politik. Du vergißt das viel zu oft. Wenn ich mir das Geschenk ansehe und über Lord Chipinos Gründe dafür nachdenke, sehe ich nichts als einen Mann, der vom Alter her dein Vater sein könnte und sehr zufrieden mit dir ist. Er möchte dir etwas geben, was du dir selbst selten gibst: ein leichtes Schulterklopfen, weil du sehr begabt bist, warmherzig und vielgeliebt.«
    »Vielgeliebt?« Ein schelmisches Lächeln trat auf Maras Lippen, als sie Kevin nachahmte. Seine Hände fuhren jetzt hin und her und schoben sanft die Gewänder von ihren Schultern. Im warmen Licht der Flammen sanken sie gemeinsam in die Kissen und ergaben sich in wortloser Harmonie der rasch auflodernden Leidenschaft.

    Am nächsten Morgen marschierten die Patrouillen los, und die Köche aus Lord Chipinos Lager bliesen dazu die Hörner. Die Truppen der Xacatecas waren schon so lange hier, daß sie die Gewohnheit der Nomaden übernommen hatten und ebenfalls den Göttern und dem Feind den Anbruch eines triumphalen Tages verkündeten. Gewöhnlich brach eine Armee bei Sonnenaufgang auf, und die Fanfare sollte die Feinde zum Zittern bringen.
    Die folgenden Monate zogen sich ereignislos hin. Mara wartete auf den Höhen an einem Aussichtspunkt, der von Kundschaftern bemannt war. Die Felsplatte, über die beständig der Wind fegte, bot keinerlei Schatten, und so tauschte sie ihren Strohhut gegen den Helm eines Soldaten, an dem sie einen dünnen Seidenschal befestigte. Im Laufe der Zeit konnte sie ebenso geschickt wie ihre Krieger die Staubwolke ausmachen, die die Rückkehr eines Cho-ja-Boten ankündigte. Dann schickte sie einen Läufer zu Lord Chipino und kletterte eilig den Felspfad hinab, um den Krieger zu begrüßen. In einem Gelände, in dem Sänften und Träger meist eher hinderlich waren, hatte sie sich schnell daran gewöhnt, zu Fuß zu gehen, und mittlerweile bewegte sie sich so gewandt wie ihre Soldaten. Lujan war klug genug, um zu bemerken, daß die Gegenwart der Lady seine Leute zu noch größerer Wachsamkeit veranlaßte. Im Gegensatz zu vielen anderen Edlen hatte sie sich gründlich mit den

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