Der Sklave von Midkemia
schließlich.
Arakasi bewegte sich so wenig wie die Blätter in der windstillen Luft, als er antwortete. »Es heißt, daß der kaiserliche Frieden garantiert wird, also können wir einen direkten Angriff wohl ausschließen.«
»Zumindest einen direkten, ja«, meinte sie. »Doch das schützt uns nur wenig vor den Intrigen der Minwanabi. Wie Ihr wißt, wurde der erste Angriff auf mich im Heiligen Hain von einem Attentäter ausgeführt, der ein Mitglied der Roten Hände der Bruderschaft der Blume war.«
Das Ereignis hatte stattgefunden, lange bevor Arakasi in den Dienst der Acoma getreten war, doch die Geschichte war ihm vertraut. Er neigte den Kopf. »Mistress, es gibt guten Grund zu der Annahme, daß Desio sich benehmen wird. Eure Position im Rat ist so hoch wie nie zuvor, ja sogar höher als die Eures Vaters. Übrigens berichteten unsere verbliebenen Agenten im Haushalt der Minwanabi, daß Desio vor knapp zwei Wochen Besuch von Jiro von den Anasati erhalten hat.«
Mara zog die Augenbrauen hoch. »Sprecht weiter.«
Kleine Sprengsel aus Sonnenlicht huschten über Arakasis Gesicht, als er an einem Becher mit Fruchtsaft nippte. »Es gelang unseren Spionen nicht, bei dem Treffen selbst zugegen zu sein, doch nachdem Jiro fortgegangen war, muß Desio wohl einen ganzen Tag lang gewütet und sich bitterlich darüber beklagt haben, daß er sich in seinem eigenen Haus nichts von einer feindlichen Familie befehlen ließe. Daraus läßt sich schließen, daß Tecuma seinen Sohn zu Desio gesandt hat, um ihn von überstürzten Maßnahmen gegen seinen Enkel abzuhalten.«
Mara warf einen Blick auf Ayaki, der vor Vergnügen kreischte, als er auf dem jetzt am Boden liegenden Kevin herumhüpfte. »Möglicherweise. Doch ich kann nur schwer glauben, daß Tecuma ausgerechnet seinen zweiten Sohn schickt. Jiros Haß auf mich ist kein Geheimnis.«
Arakasi zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat Tecuma gerade diesen Sohn geschickt, um seine ernsten Absichten zu unterstreichen.«
Der Duft der Blumen hatte plötzlich etwas Schwüles. »Wem gegenüber?« fragte Mara. »Desio oder Jiro?«
Arakasi lächelte schwach. »Vielleicht beiden.«
Mara rückte die Kissen zurecht. »Ich würde es gern genauer wissen, bevor ich das Risiko einer Reise in die Heilige Stadt eingehe.«
Ihre Unruhe rührte von einer bereits getroffenen Entscheidung her, begriff Arakasi intuitiv. »Mistress, ich schlage vor, daß ich Euch begleite, wenn Ihr an den Feierlichkeiten zu Ehren des Lichts des Himmels teilnehmt. Aus Gründen, die meine Agenten noch nicht herausgefunden haben, rückte der plötzliche Loyalitätswechsel der Partei des Blauen Rades den Kriegsherrn in eine beinahe unangreifbare Position. Almecho kann jetzt dem Rat diktieren, was immer er will, und sollte Ichindar mit der Tradition brechen – wie Gerüchte behaupten – und persönlich bei den Spielen erscheinen …«
Mara nickte aufgeregt, die einmütige Einschätzung der Lage bereitete ihr Vergnügen. »Mit einem öffentlichen Auftritt würde der Kaiser Almechos Handlungen billigen, und der Hohe Rat wäre für die gesamte Zeit, die der Kriegsherr im Amt ist, wirkungsvoll geschwächt.«
In vertrauter Harmonie, die sich im Laufe der Zeit zwischen ihnen entwickelt hatte, sannen die Lady und ihr Supai über mögliche Folgen und Probleme eines Besuches in Kentosani nach. Es würde dort um mehr gehen als nur um Spiele und Feierlichkeiten. Viele Familien würden ohne Zögern die Gelegenheit ergreifen und kommen, denn mochte der Kriegsherr auch für den Rest seines Lebens zum Diktator werden, er konnte nicht ewig leben. Früher oder später würde das Große Spiel weitergehen.
Arakasi versteifte sich unwillkürlich, als die Lichtsprengsel auf seinen Knien plötzlich von einem Schatten bedeckt wurden.
Unbemerkt hatte sich Kevin genähert, bis er sich mit Ayaki auf den Schultern über Maras Matte beugte.
»Mylady«, meinte der Midkemier in formellem Ton, »der Erbe Eures Titels ist hungrig.«
Erfreut über die Ablenkung, lächelte Mara. Sie wandte sich an Arakasi: »Sprecht mit Nacoya und Keyoke, und macht Euch für morgen zur Abreise bereit. Ihr reist mit der Dienerschaft und den Sklaven voraus und bereitet unser Stadthaus und unsere Wohnung im kaiserlichen Palast vor. Stellt sicher, daß die gesamte Belegschaft den Acoma gegenüber loyal ist. Wir dürfen nicht davon ausgehen, daß sich alle Intrigen gegen den Kriegsherrn richten.«
Zufrieden über die ihm zugeteilte Aufgabe, stand Arakasi auf,
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