Der Sklave von Midkemia
ich ihn das letzte Mal sah.«
Die verhüllte Bitterkeit des Mannes veranlaßte Mara, nicht allzu offensichtlich zu lächeln. Er war entfernt mit den Shinzawai verwandt, und sein Herr war nicht nur ein mächtiger Mann und hatte eine höhere Position inne als ihre eigene Familie, sondern er war zudem Clanlord des Clans Kanazawai. Das Haus Keda gehörte sicherlich nicht zu denen, mit denen sie sich anlegen wollte, und dennoch hatte Jican auf ihre Anweisung hin anderthalb Tage damit verbracht, den Ersten Berater des Lords der Keda in Schach zu halten.
Nachdem sie ihre Kissen zurechtgerückt und ihre Gewänder wie Blütenblätter in mehreren Lagen um sich ausgebreitet hatte, erteilte sie auch ihren Vertrauten und dem Botschafter Lord Anderos die Erlaubnis, sich zu setzen. Sie eröffnete das Gespräch in einer Weise, als wollte sie die Tatsache übergehen, daß ihr Hadonra sich bestens bemüht hatte, ihn die bisherigen Verhandlungstage hinzuhalten. »Nacoya erzählte mir, daß wir kurz vor einer Übereinkunft stehen.«
Der Erste Berater der Keda behielt seine untadelige Haltung bei, doch sein Ton ließ jetzt keinen Zweifel mehr an seiner Verstimmung. »Mit dem allergrößten Respekt vor Eurer hochgeschätzten Beraterin, Lady Mara, doch die Angelegenheit ist weit entfernt von einer Klärung.«
Mara wölbte eine Braue. »Wirklich? Was gibt es noch zu bereden?«
Der Erste Berater überspielte seine Gereiztheit mit Hilfe der Erfahrung, die er sich im Laufe seiner langen politischen Tätigkeit angeeignet hatte. »Wir fordern Zugang zu den Docks in Silmani, Sulan-Qu und Jamar, Lady. Offensichtlich haben Eure Makler so viel der verfügbaren Lagerräume erworben, daß Ihr tatsächlich ein Monopol darauf besitzt.«
Voller Sarkasmus mischte sich einer der geringeren Makler ein. »Da die Acoma augenscheinlich keinen übermäßigen Handel in diesen Gebieten treiben, zögere ich etwas mit der Vermutung, Ihr hättet die Bedürfnisse der Keda vorausgeahnt und versucht sie zu verärgern. Wir erinnern daran, daß die Saison nur kurz ist. Die Zeit zwingt uns, schnellstens für eine Unterbringung unserer Waren in den Docks am Hafen zu sorgen. Es muß unbedingt verhindert werden, daß der Handel des Hauses Keda auf schädliche Weise unterbrochen wird.«
Bevor der verärgerte Buchhalter zuviel verraten konnte, ergriff der Erste Berater wieder das Wort: »Mein Herr hat mir aufgetragen, Eure Wünsche zu erkunden und Euch um einen Vertrag für die Pacht von Lagerplätzen in den drei erwähnten Städten zu bitten. Nach zwei Tagen mit Besprechungen sind wir noch immer im unklaren darüber, welchen Preis Ihr verlangt.«
Eine schattenhafte Bewegung am anderen Ende der Halle zog Maras Blicke auf sich; unauffällig und lautlos wie immer war Arakasi eingetreten. Als er sah, daß seine Herrin ihn bemerkt hatte, bedeutete er ihr mit einem deutlichen Zeichen fortzufahren. Mara verbarg ihre Befriedigung über den tüchtigen Supai und betrachtete den Ersten Berater der Keda mit aller Schärfe. »Hantigo, die Pläne der Acoma für diese Räumlichkeiten sind Sache der Acoma. Es genügt wohl zu sagen, daß wir unseren Vorteil auf den Märkten im nächsten Herbst aufgeben würden, wenn wir unsere bestehenden Verträge nicht beibehielten.«
»Mylady, wenn ich mir erlauben darf«, sagte der Erste Berater mit einer winzigen Spur von Schärfe, »die Märkte im nächsten Herbst sind von wenig Interesse für das Haus Keda. Unser Korn muß in diesem Frühjahr bei Flut auf dem Fluß sein. Nachdem unser Makler in Jamar von Eurem ignoriert wurde, bemühten wir uns um Verhandlungen über die Untervermietung von Lagerplätzen.« Er räusperte sich und versuchte nicht allzu väterlich zu wirken; ihm gegenüber stand kein launisches Mädchen, sondern eine erfahrene Spielerin des Großen Spiels. »Da es nicht üblich für eine Herrscherin ist, sich mit den niederen Angelegenheiten des Handels zu belasten, brachten wir die Sache nur zögernd zu Eurer Aufmerksamkeit, Mylady, doch die nun verbleibenden Tage sind von entscheidender Wichtigkeit.«
»Für die Keda«, warf Mara ein. Arakasis Netzwerk hatte herausgefunden, daß die Frühlingsernte der Keda in Kornspeichern auf Höfen flußaufwärts lagerte und auf verfügbaren Lagerraum an den Docks wartete. Mit Einsetzen der Frühlingsflut mußte das Korn von dort mit Booten und Barken flußabwärts zu den Märkten in der Heiligen Stadt, Sulan-Qu und Jamar gebracht werden. Nur in den trockenen Wintermonaten war die Reise
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