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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Nur ein einziges Mitglied der Acoma-Gefolgschaft wurde nicht von dem Glanz angezogen: Keyoke, der gezwungen war, wie ein Höfling in einer Sänfte zu reisen, saß reglos wie eine steinerne Statue da, ohne jeden Ausdruck im Gesicht.
    Maras Gefolge schwenkte auf den Tempelplatz ern, ein riesiges Quadrat, das inmitten von zwanzig gewaltigen Gebäuden lag, die zu Ehren der tsuranischen Götter errichtet worden waren und die Priester und Priesterinnen der verschiedenen Orden beherbergten. Torbögen mit Perlmuttschmuck blitzten im Sonnenlicht auf, verziert mit lackierten Ziegeln, kostbarem Marmor und Säulen aus Malachit und Onyx. In der Mitte des Platzes brannte ein riesiges Feuer, um das Töpfe mit Duftsubstanzen standen und Altare, auf denen sich Schüsseln voller Gaben hoch auftürmten. Kevin kam nur schwer von der Stelle; der Glanz dieser alten und fremden Kultur zog ihn in seinen Bann, und gleichzeitig mußte er dem abgetretenen, unebenen Boden mehr Aufmerksamkeit als üblich schenken.
    Maras Stadthaus lag etwas abseits in einem ruhigen Hof, verdeckt von den blühenden Bäumen am Straßenrand. Die Vorderseite bestand aus einer gewaltigen Ziegelmauer, über der sich das vielfach abgestufte Dach erhob, dessen Giebel mit Shatra-Vögeln geschmückt waren. Die weiten, oben abgerundeten Holztore des Haupteingangs lagen im Schatten einer Laube aus dunkelroten Weinreben, die sich um Spaliere wanden, die aus Tausenden großer Meeresmuscheln zusammengesetzt worden waren. Die Wirkung war beeindruckend. Wie so viele andere alte Familien des Kaiserreichs besaßen die Acoma eine Unterkunft in zweckmäßiger Entfernung zum Herzen Kentosanis und zu den Hallen des kaiserlichen Palastes. Jahre mochten zwischen den Besuchen verstreichen, doch die prächtigen, jahrhundertealten Häuser wurden stets für den Fall behalten, daß jemand aus der Familie einige Wochen in der Stadt verbringen wollte. Jeder Familie im Hohen Rat stand eine kleine Wohnung im Kaiserpalast zu, doch aus Gründen der Bequemlichkeit und der Möglichkeit, ungestört Gäste zu empfangen, zogen die meisten Herrscher die Freiheit und Großzügigkeit ihrer weniger offiziellen Unterkünfte außerhalb der Innenstadt vor.
    Am äußeren Tor zum Haus wartete Jican mit einem livrierten Diener. Als Maras Gefolgschaft vor dem Innenhof anhielt, verneigte sich der Hadonra. »Es steht alles für Eure Ankunft bereit, Mylady.« Dann machte er ein Zeichen, und die Tore öffneten sich.
    Maras Träger brachten ihre Herrin hinein, und als Jican und sein Gehilfe folgten, bemerkte Kevin mit einiger Überraschung, daß der Mann im Dienergewand Arakasi war. Vor Blicken abgeschirmt von der Laube und im Schutz der Geräusche, die die Soldaten verursachten, als sie mit lauten Schritten durch den Eingang drängten, beugte sich der Supai über Maras Sänfte.
    Nur Kevin stand nahe genug, um zu bemerken, daß Worte zwischen ihnen ausgetauscht wurden. Dann war die Gefolgschaft im Innern des Hofes verschwunden, und die Tore schlössen sich wieder hinter ihnen. Kevin reichte Mara die Hand; als er ihr aus den Kissen half, bemerkte er, daß sie wider Willen die Stirn runzelte.
    »Was ist los?« fragte er. »Hat Arakasi schlechte Nachrichten?«
    Mara warf ihm einen warnenden Blick zu. »Nicht hier«, murmelte sie, sichtlich damit beschäftigt, den kleinen Garten zu begutachten, der seinen Teil dazu beitrug, den Straßenlärm vom Haus fernzuhalten. »Es scheint alles in Ordnung zu sein, Jican.«
    Ihre Zurückhaltung verwirrte Kevin, bis Arakasi ihn mit einem leichten Nicken auf die überhängenden Galerien des Hauses auf der anderen Straßenseite aufmerksam machte. Möglicherweise lauerten dort Beobachter in den Schatten verborgen, und der Midkemier erinnerte sich wieder daran, daß auf dieser Welt Spione auch geübt dann waren, von den Lippen abzulesen. Beschwichtigt nahm er wieder seine Position einen Schritt hinter seiner Herrin ein, als sie ihr Stadthaus betrat.
    Im Innern der Halle roch es nach gewachstem Holz, Gewürzen und alten Wandbehängen; wohin Kevin auch blickte, sah er antike Möbel, liebevoll poliert von Generationen von Bediensteten. Das Stadthaus in Kentosani war älter als das Herrenhaus bei Sulan-Qu. Die meisten Läden an der Wand zur Straßenseite waren mit Vorhängen aus bemalter Seide verhängt worden, doch die Öffnungen an der inneren Wand gaben den Blick in einen Innenhof frei, den der Schatten alter Bäume grünlich wirken ließ. Enge Stufen führten weit nach oben, und das mit

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