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Der Sklave von Midkemia

Der Sklave von Midkemia

Titel: Der Sklave von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Götter? Das ist Quatsch !« dröhnte gerade einer mit einem fürchterlichen Akzent. Für einen kurzen Augenblick fragte Mara sich, was »Quatsch« bedeuten mochte. Dann erklang erneut die Stimme des Barbaren: »Ich nenne es schlicht Dummheit. Willst du Arbeit von diesen Männern, so nimm meinen Rat an und danke mir dafür.«
    Der Aufseher hatte keine Antwort parat für Sklaven, die ihm Widerworte gaben. So etwas kam in der tsuranischen Kultur nicht vor, und er wußte sich nicht anders zu helfen, als den Schuldigen mit der Peitsche zu züchtigen und in einer peinlichen Zurschaustellung seiner Unbeherrschtheit zu fluchen.
    Es nutzte nichts. Mara war jetzt völlig aus ihren Überlegungen gerissen und vernahm die lauten Geräusche eines Handgemenges, dann Worte unmißverständlicher Wut.
    »Schlag mich noch einmal damit, kleiner Mann, und ich stecke dich mit dem Kopf zuerst in diesen Haufen Dung von dem Sechsbeiner auf der anderen Seite des Zauns.«
    »Laß mich runter, Sklave!« kreischte der Aufseher. Er klang richtig verängstigt, und da die Situation vollkommen außer Kontrolle geraten war, stand Mara auf, um einzugreifen. Was immer »Quatsch« bedeuten mochte, es war nichts, was von ehrlicher Achtung der Autorität kündete.
    Sie ging durch das Arbeitszimmer, zog die Vorhänge zurück und fand sich dem Anblick eines beeindruckenden, muskulösen Körpers gegenüber. Der rothaarige Midkemier, der der Grund für den Aufruhr bei der Versteigerung gewesen war, hatte den Aufseher mit einer Hand an seiner Robe gepackt und hielt ihn hoch in die Luft, so daß seine Füße ins Leere traten. Als der Aufseher seine Herrin sah, verdrehte er die Augen, und seine Lippen stießen ein stilles Gebet an Kelesha, die Göttin der Gnade, aus.
    Der Barbar schaute seelenruhig auf die kleine Lady im Türrahmen herab; sein Gesichtsausdruck war höflich, doch seine Augen blitzten so blau und hart wie die Metallschwerter, die es auf Midkemia im Überfluß gab.
    Mara spürte, wie ihre Verärgerung unter dem aufmüpfigen Blick wuchs. Sie zügelte ihre Wut jedoch und sprach mit betonter Gelassenheit. »Wenn dir dein Leben wert ist, Sklave, laß ihn runter!«
    Der Rothaarige spürte an dem zwingenden Blick ihrer dunklen Augen die Befehlsgewalt, die sie als Herrscherin besaß. Er behielt sein unverschämtes Verhalten aber trotzdem bei, und nachdem er einen Augenblick über ihre Aufforderung nachgedacht hatte, öffnete er mit einem frechen Grinsen die Faust. Ohne Vorwarnung fiel der Aufseher mit angewinkelten Knien herunter und landete mitten in Maras Lieblingsblumenbeet auf seinem Steißbein.
    Der Anblick des grinsenden Gesichts schürte Maras Wut erneut. »Du läßt jede Spur von Demut vermissen, Sklave, und das ist eine sehr gefährliche Sache!«
    Der Rothaarige hörte auf zu lächeln, sah sie jedoch weiterhin unverwandt an; sein Blick zeugte von deutlich mehr Interesse an ihrer dünnen Robe als von Achtung vor ihren Worten.
    Maras Ärger war nicht groß genug, um es nicht zu bemerken. Der unverhohlen abschätzende Blick des Barbaren gab ihr das Gefühl, nackt zu sein, und ihre Wut nahm noch weiter zu. Sie hätte den Rothaarigen als abschreckendes Beispiel für die anderen töten lassen können, doch Arakasis Interesse an den Barbaren hielt sie davon ab. Sie mußte versuchen herauszufinden, warum die Midkemier sich weigerten, sich so zu verhalten, wie es ihrem Status entsprach, denn sonst würde ihr schließlich nichts anderes übrigbleiben, als die neuerworbenen Sklaven zu vernichten.
    Doch zunächst mußte sie ein Exempel statuieren. Sie wandte sich an zwei in der Nähe stehende Wachen und sagte: »Peitscht diesen Sklaven etwas abseits von den anderen gründlich aus. Laßt ihn nicht sterben, aber sorgt dafür, daß er sich wünscht, er wäre tot. Sollte er Widerstand leisten, tötet ihn.«
    Sofort zogen die Wachen ihre Schwerter, und als der Midkemier erkannte, daß sie keinen Widerstand dulden würden, ließ er sich abführen. Wie er so den Weg entlangschritt, hatte es den Anschein, als würde er nicht einmal angesichts der drohenden Auspeitschung sein unverschämtes Verhalten ablegen. Dieses völlige Fehlen von Furcht vor der kommenden Qual verwirrte Mara nur noch mehr, denn es war das einzig Tsuranische und Bewundernswerte an diesem Mann. Dann hielt sie inne: An diesem Mann? Was war mit ihr los? Er war nicht mehr als ein Sklave.
    In diesem Augenblick erschien Jican. Sein höfliches Klopfen am Türrahmen störte Mara mitten in ihren

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