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Der Skorpion von Ipet-Isut

Der Skorpion von Ipet-Isut

Titel: Der Skorpion von Ipet-Isut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Napp
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werden... In diesem Moment öffnete sich die Tür und Menkheperres Kopf schob sich durch den Spalt. 
    „Amenemhat, die ehrwürdige Große Königliche Gemahlin wünscht dich zu sprechen.“
    Der Hohepriester wusste, dass sein Freund nicht zu ihm gekommen wäre in dieser Situation, um eine simple Botschaft aus dem Palast zu überbringen.
    „Wo ist sie?“ fragte er.
    „In deinem Haus. Sie kam mit einem Pferdewagen. Ipu hat mir gerade die Nachricht gebracht.“
    Mit einem Pferdewagen! Warum kommt sie nicht gleich mit einer feierlichen Eskorte und dem halben Hofstaat, bei den Dämonen der westlichen Wüste?! „Hat sie jemand hier eintreffen sehen?“ 
    „Ich weiß nicht. Ipu hat mich informiert und ich bin sofort zu dir gekommen“, erwiderte Menkheperre, das Unbehagen seines Freundes durchaus teilend.
    „Nun gut... Und wenn sie nur ein Augenpaar gesehen hat – es war auf jeden Fall eines zu viel!“ Amenemhat eilte dem Vierten Gottesdiener nach.

    Als er sein Anwesen erreichte, hatten sich Ipu und die anderen Bediensteten wohlweislich bereits unsichtbar gemacht. Das letzte Mal, das die Königliche Gemahlin hier gewesen war, vor einigen Jahren, hatte es einen bedauernswerten allzu neugierigen Knecht sein Augenlicht und seine Zunge gekostet...
    „Nefertari, ich hatte dir untersagt, mich am helllichten Tag in meinem Privathaus aufzusuchen!“ herrschte er sie an, kaum dass er die Pforte geöffnet hatte. „Erst recht in der momentanen Situation, und auf diese Weise, allein, wie eine ehebruchslüsterne Dienerin! Was denkst du dir?! Halb Waset hat dich gesehen!“
    „Ich hörte, dass es Verletzte, sogar Tote gegeben hat, und ich wollte –„
    „Du weißt, dass ich hervorragend in der Lage bin, mich selbst zu verteidigen! Erst recht gegen eine Horde unkoordinierter Bauern! Deine Sorge war absolut unnötig! Im Gegenteil, sie erst bringt Gefahr mit sich!“
    „Was hast du erwartet, dass ich tue, nachdem ich die Nachricht bekam, man hätte das Allerheiligste gestürmt?!“
    „Dass du dich an unsere Abmachung hältst!“ Er packte sie an den Schultern. „Es gibt einige Leute bei Hofe, die mich lieber tot als lebendig sähen! Willst du ihnen in die Hände spielen?!“
    „Amenemhat, ich hatte Angst um dich!“ Nefertari befreite sich aus seinem Griff. „Ich habe nicht... nicht darüber nachgedacht!“
    „Das solltest du aber! Du bist die Große Königliche Gemahlin des Erhabenen Horus Ramses!“
    Sie wandte sich ab, presste die Lippen zusammen, versuchte ganz offensichtlich einen allzu heftigen Emotionsausbruch zu verhindern. „Wann wird dieses Versteckspiel endlich ein Ende haben?“ flüsterte sie dann, mehr zu sich selbst als dem hinter ihr stehenden Amenemhat. Gehört hatte er sie dennoch.
    „Nefertari... ich habe gewisse Dinge in die Wege geleitet“, sagte er in einem versöhnlicheren Tonfall. „Es ist gut möglich, dass unser Versteckspiel bald ein Ende hat. Aber bis dahin... musst du dich an die Abmachung halten! Egal, was passiert!“
    „Was für Dinge?“ Plötzlich war eine Panik in ihrer Stimme, die er noch nie gehört hatte. Was war los mit ihr in der letzten Zeit?
    „Längst überfällige Dinge.“ Er lächelte sein betörendstes Lächeln, zog sie dann an sich und küsste sie. „Glaube mir, es ist besser, wenn du nichts Genaueres weißt, meine Liebste. Vertrau mir ganz einfach. Gehe jetzt zurück in den Palast! Und: unterlasse offensichtliche Besorgnisbezeugungen über meine Person.“
    Amenemhat wartete keine Gegenrede ab, sondern schob sie in Richtung Hintertür. Als er wieder allein war, holte er tief Atem. Zum ersten Mal zog er in Betracht, dass Nefertari zu einem Problem werden könnte, das ihren Nutzen weit überwog…

    Debora saß im Hof des Tempels, etwas abseits von den anderen Flüchtlingen. Noch immer wagte sie sich nicht nach Hause zurück, aus Furcht, Amenemhats Häscher würden womöglich genau darauf warten und sie abfangen. In den letzten Tagen hatte sie Wasser geschleppt und Lehm zum Ziegel formen, bis ihr die Arme und der Rücken schmerzten. An diesem Morgen war sie auf dem feuchten Lehm am Ufer ausgeglitten und hatte sich den linken Fuß etwas verstaucht, was sie zur Ruhe zwang. Etwas, das sie ganz und gar nicht mochte, denn das gab ihr zu viel Zeit zum Nachdenken… Im Augenblick versuchte sie, die Geschichte zu entziffern, die die vor ihr auf der Mauer gemalten Bilder erzählten. Aber sie kannte sich nicht besonders gut aus in den Glaubensvorstellungen und Legenden der

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