Der Skorpion
Tochter oder Mutter.«
»Er ist ledig. Hat keine Kinder. Ich warte auf einen Rückruf. Jemand von der Polizei des Bundesstaats Montana will ihn aufsuchen.«
»Gut.« Wären die Verbrechen nicht so abscheulich gewesen, hätte die Polizei bis zum Morgen gewartet, bevor sie ihn kontaktierten. So aber drängte die Zeit, und C. Randall Jones würde aus dem Bett steigen müssen, um die Tür zu öffnen. »Sonst noch was?«
»Eine Liste von Vermisstenfällen mit den Initialen, die in den Botschaften vorkommen. Es handelt sich um Frauen mit weißer Hautfarbe innerhalb der betreffenden Altersgruppe, die in den vergangenen zwei Monaten in einem Umkreis von tausend Meilen innerhalb der Vereinigten Staaten verschwunden sind.«
»Erstaunlich, was Computer so leisten«, bemerkte Alvarez, als Zoller ihr den nicht sehr umfangreichen Ausdruck reichte. Er wies nur wenige Namen auf: Donata Estavez, Elle Darren und Donna Estes für die Frauen mit den Initialen DE oder ED , und Zarah Dickens, Zoe Delaney, Diane Zander, Deborah Zachary und Dana Zymkowiak für die andere Kombination. Zwei von den Frauen, Donata Estavez und Zarah Dickens, waren durchgestrichen. »Warum kommen diese zwei nicht in Frage?«, fragte Alvarez.
»Dickens’ Führerscheinfoto zeigt überhaupt keine Übereinstimmung mit unserem Opfer, und Estavez ist heute am frühen Abend zu Hause aufgetaucht. Die Familie hat die staatliche Polizei in Boise angerufen, aber ihr Name ist noch nicht aus dem Computer gelöscht worden.«
»Wurde ihre Rückkehr verifiziert?«
»Ja, ein Polizist aus Idaho hat vor einer halben Stunde angerufen.«
»Wo sind die anderen Fotos?«
»Auf die warte ich noch. Sie sollen mir per Mail geschickt werden. Aufgrund der Feiertage reagieren die Leute ein wenig träge, doch es dürfte nicht mehr lange dauern.«
Alvarez knöpfte ihre Jacke auf und studierte die Liste, während Zoller sich wieder an ihren Schreibtisch setzte, auf dem ein Laptop, ein Telefon, ein Notizblock und eine Dose Pepsi warteten.
»Diane Zander«, sagte Alvarez laut. »Hier steht, sie kommt aus Billings in Montana?«
»Richtig.«
»Aber die Adresse stimmt nicht mit der überein, auf die der Geländewagen zugelassen ist, also lebt sie wohl nicht mit dem Besitzer des Explorer zusammen.«
»Sie kann sich den Wagen ja geliehen haben.«
»Eben«, dachte Alvarez laut mit und blickte aus dem Fenster hinaus in die verschneite Nacht. »Falls sie durch die Berge fahren wollte und selbst keinen Wagen mit Allradantrieb besaß, hat sie sich vielleicht einen von einem Freund geliehen.«
»Wir werden es bald wissen«, sagte Zoller und lehnte sich im Stuhl zurück. Sie griff nach ihrer Pepsi, während Alvarez vor die Landkarten an der Wand trat, das Terrain studierte und registrierte, wo neue Pins hinzugekommen waren. Sämtliche Fundstellen der Opfer und Autowracks lagen innerhalb eines Radius von zehn Meilen. Auch Jillian Rivers und ihr Wagen waren innerhalb dieses imaginären Kreises gefunden worden.
Und was befand sich in der Mitte?
Sie betrachtete die Karte und fand die Mitte, eine Stelle in der Nähe von den Überresten von Broken-Pine-Lodge, wo sie das überlebende Opfer entdeckt hatten, und nur eine Meile vom Star-Five-Canyon entfernt, wo Mandy Itos Toyota Prius mit seinem Wunschkennzeichen verunglückt war. Doch dieses Gebiet war weitgehend unbewohnt. Mesa Ridge, ein Tafelberg, war in den Sommermonaten für Wanderer und im Winter für Schneeschuhwanderer und Skilangläufer die größte Attraktion in der Gegend.
Selena konzentrierte sich auf diesen Tafelberg und fragte sich, warum er sie beunruhigte. Sie hörte, wie Zoller an ihrem Computer arbeitete. »Hey«, sagte sie, »wie es aussieht, kommt das erste Foto rein. Die junge Unbekannte im Krankenhaus? Sie heißt Donna Estes und wohnt in Butte. Hier habe ich die Adresse.«
»Gut. Ich rufe im Krankenhaus an, und Sie machen sich auf die Suche nach Freunden und Verwandten und versuchen, in Erfahrung zu bringen, was sie mitten im Schneesturm in den Bitterroots wollte.«
»Das ist vielleicht der Durchbruch, den wir so bitter nötig haben«, sagte Zoller, den Hörer bereits am Ohr. »Ja«, erwiderte Alvarez ohne spürbare Begeisterung. Die Karte der Wildnis von Montana hing vor ihren Augen an der Wand, ein entmutigendes Abbild von unwegsamem Gelände, in dem sich ein hochintelligenter Mörder versteckte. »Wollen wir’s hoffen.«
Pescoli schob die Tür zum Büro des Sheriffs mit der Schulter auf und winkte dem Wachhabenden
Weitere Kostenlose Bücher