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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Jillians Ex-Mann. Pescoli gab sich Mühe, ihre Erfahrungen mit Lucky nicht in ihr Urteil einfließen zu lassen. Zwar war sie überzeugt, dass es so etwas wie den »guten Ehemann« gar nicht gab, doch sie wollte sich nicht von ihren eigenen Vorurteilen leiten lassen. Laut Gerichtsprotokoll waren Mason Rivers und Jillian vier Jahre lang verheiratet gewesen und seit zwei Jahren geschieden. Vor etwa sechs Monaten hatte Mason wieder geheiratet.
    »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt«, sagte sie, tippte seine Büronummer ein und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.
    »Olsen, Nye und Rivers«, meldete sich eine energische Frauenstimme. Pescoli fragte nach Mason Rivers, erreichte jedoch nichts. Der Empfangsdame zufolge war Mr. Rivers in einer Verhandlung und wurde erst am folgenden Nachmittag zurückerwartet.
    Wie praktisch,
dachte Pescoli, und ihr Polizisten-Instinkt meldete sich. Oder war es ihr Ex-Frauen-Instinkt? Womöglich ihr Unsinns-Instinkt? Sie hatte den Verdacht, dass die schnippische Stimme am anderen Ende der Leitung sie belog. Allerdings ging sie immer davon aus, dass man sie belog. Insbesondere im Fall von Ex-Männern einer vermissten Frau.
    Sie hinterlegte ihren Namen und ihre Telefonnummer und ließ ausrichten, Mr. Rivers möchte sie zurückrufen. Dann legte sie auf, starrte den Hörer an und ließ schon wieder ihren verflixten Kuli klicken. Was hatte es mit diesem Fall auf sich, dass kein Mensch irgendetwas wusste? Als sie ihre Notizen zu Theresa Kelper, Nina Salvadore und Mandy Ito durchblätterte, fiel ihr ein gemeinsamer Nenner auf: »Keine Feinde«. »Sehr beliebt« traf auf sämtliche Opfer zu. »Keine Vorstellung, wer auf die Idee käme, ihr etwas anzutun«, war immer und immer wieder geäußert worden.
    Waren die Frauen zufällig zum Opfer geworden? Hatte der Mörder einfach Initialen ohne festes Muster verwendet? Chandler glaubte nicht daran. Pescoli ebenso wenig. Sie wandte sich ihrem Computer zu und öffnete die Kopien der Botschaften. Alle waren einander so ähnlich. Akribisch, wie Chandler hervorgehoben hatte. Die Opfer mussten aus einem bestimmten Grund ausgewählt worden sein, und ihre Initialen waren ein Teil davon. Also … die Frauen waren
aufgrund
ihrer Namen ausgewählt worden? War es das?
    Zwar war es warm im Raum, doch wenn sie an Jillian Rivers’ Schicksal dachte, wurde ihr innerlich kalt. War Jillian bereits tot? Wurde sie gequält? Wartete sie auf ihr letztes Stündchen?
    »Mist!«, schimpfte Pescoli und warf ihren Kuli auf den Schreibtisch.
    Sie hoffte so sehr, dass sie die Frau fanden, bevor sie in der Eiseskälte dem Tod durch Erfrieren überlassen wurde, an einen Baum gebunden, einen Stern über ihrem Kopf in die Rinde geritzt und ihre Initialen dem tödlichen Rätsel, der Botschaft des Mörders, beigefügt.
     
    Jillian musste mal.
    Ganz dringend.
    Und sie konnte sich immer noch nicht fortbewegen.
    Toll. Einfach … toll.
    Wenn sie nicht ihren Kidnapper/Retter/was auch immer bitten wollte, ihr zur Toilette zu helfen, blieb ihr nichts anderes übrig, als ins Bett zu machen.
    Ausgeschlossen.
    Sie lauschte.
    Abgesehen vom Rauschen des Windes und dem Knarren von altem Holz war es still in der Hütte. Sie hielt den Atem an, hörte jedoch keine Schritte, kein Rascheln von Kleidung oder Papier, kein Schnarchen. Offenbar war sie völlig allein.
    Vielleicht hat er dich allein zurückgelassen. Allein im Schneesturm.
    Sie wusste nicht, ob das schlecht oder gut für sie sein würde. Dank des Blasendrucks konnte sie sich nicht länger mit dieser Frage beschäftigen.
    Sie biss die Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien, und stemmte sich hoch. Aufrecht sitzend sah sie sich lange und gründlich im Zimmer um. Ja, es gab ein Fenster, und draußen herrschte wohl Tageslicht, denn inzwischen war es heller in dem kleinen Raum als vorher, doch der dicht fallende Schnee verhinderte jegliche Aussicht von ihrer Pritsche aus. Die einzige Tür bestand aus einem alten zerkratzten Brett und verband den kleinen Schlafraum mit dem Nebenzimmer, das vermutlich das Herzstück dieser rustikalen Hütte bildete, den Bereich, in dem
er
sich aufhielt, wer auch immer
er
sein mochte. Sie lauschte und hörte nichts. Entweder schlief er, oder er war ausgegangen.
    War das möglich? In diesem Sturm? Und wie?
    Genauso, wie er dich hergeschafft hat.
    Sie konnte nicht mehr lange auf dem Bett sitzen bleiben. Ihre Blase drohte zu platzen, und sie biss die Zähne zusammen und schwang das gesunde Bein über die Kante.
    Was

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